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First Responder unterstützen in ihrer Freizeit den Rettungsdienst – Eine ganz besondere Form des Ehrenamts

Eichenzell. Diese Zahlen sind alarmierend: 3991 Menschen verloren im vergangenen Jahr auf deutschen Straßen ihr Leben, 391.500 wurden verletzt, rund 2,3 Millionen Mal krachte es auf Autobahnen, Landstraßen und im Stadtverkehr. Im Fall der Fälle zählt vor allem eins: schnelle Hilfe. Jetzt kommt es auf jede Sekunde an, bis Feuerwehr und Notarzt eintreffen. Die gesetzliche Notfallzeit sieht vor, dass nach maximal zehn Minuten ein Rettungswagen vor Ort sein muss. Das klingt wenig. Doch für die Unfallopfer ist das Warten auf die Retter eine Qual. Die Überlebenschancen eines Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand sinken mit jeder Minute um zehn Prozent. Bereits nach drei Minuten beginnen die ersten Hirnzellen irreversibel abzusterben. Erfolgen jetzt nicht schnellstens Wiederbelebungsmaßnahmen, so wird die Situation immer bedrohlicher.

Leid zu lindern und Leben zu retten haben sich die so genannten First Responder bzw. Helfer vor Ort zur Aufgabe gemacht. Von diesen ehrenamtlichen Schutzengeln sind in Eichenzell rund 30 im Einsatz. „Sie werden zu internistischen, chirurgischen, pädiatrischen und sonstigen Notfällen gerufen. Oft bei lebensbedrohlichen Zuständen oder solchen, die es laut Meldebild werden könnten“, erklärt Timo Wogias, Ansprechpartner und Leiter der Gruppe, die im Jahr 2008 gegründet wurde. Fast jeden zweiten Tag rückten die Voraushelfer im Großraum Eichenzell im vergangenen Jahr aus, insgesamt 167 Mal. Ein Großteil der Eichenzeller Lebensretter – rund 80 Prozent – ist auch hauptberuflich für das Wohl seiner Mitmenschen aktiv: als Ärzte, Rettungsassistenten, Rettungssanitäter und Feuerwehrleute. Die First Responder kooperieren mit dem Malteser Hilfsdienst und dem Deutschen Roten Kreuz. Für ihr großartiges Engagement erhalten die Helfer keinen Cent. Ihre Tätigkeit ist zu 100 Prozent ehrenamtlich, einen Dienstplan gibt es deshalb nicht. Jeder ist immer auf Abruf, 24 Stunden am Tag.

Die große Stärke der Voraushelfer: Sie sind nicht nur extrem schnell vor Ort, sondern kennen sich in ihrem Einsatzgebiet, das ihre Heimat ist, auch perfekt aus. Abgelegene Waldstücke oder verlassene Feldwege, die selbst das Navi zum Verzweifeln bringen, stellen für die Männer und Frauen keine Hindernisse dar. Die Fahrt zum Unfallort erfolgt in den Privatfahrzeugen. „Bisher leider ohne Sondersignal, was hin und wieder hinderlich ist, da es Zeit kostet, wenn man beispielsweise an einer Ampel oder Baustelle warten muss“, so Wogias. In vielen anderen Bereichen der Republik sei die Sondersignalanlage bei Voraushelfern inzwischen Standard. Zur Ausrüstung gehören ein Notfallrucksack mit Sauerstoffeinheit, Beatmungshilfen, Infusions- und Verbundmaterial. Außerdem sind die First Responder an ihren roten Einsatzwesten erkennbar.

„Die Alarmierung erfolgt über Funkmeldeempfänger bzw. SMS auf das Mobiltelefon des jeweiligen First Responders“, erklärt Timo Wogias. Alarmiert wird durch die Leitstelle des Landkreises, parallel zum Rettungsdienst. Eine mindestens 80-stündige sanitätsdienstliche Ausbildung ist Bedingung, um als First Responder aktiv zu sein. Hinzu kommen jährlich 16 Fortbildungsstunden. Interessierte müssen mindestens 18 Jahre alt sein und entsprechende körperliche und geistige Voraussetzungen mitbringen. Von ihrem Selbstverständnis her verstehen sich die Helfer vor Ort nicht als Teil des Rettungsdienstes, sondern als eine zusätzliche Ergänzung zu den bestehenden Rettungsstrukturen. So beginnen sie am Einsatzort sofort mit lebensrettenden Maßnahmen, bereiten die weiteren Behandlungen vor und geben Rückmeldung an die Rettungsleitstelle, um etwa weitere Rettungskräfte anzufordern.

In Eichenzell kommt die Gemeinde für die laufenden Kosten und die Haftpflichtversicherungen der Helfer auf. Auch die Erstausstattung in Höhe von rund 28.000 Euro wurde finanziert. Arbeitgeber sind nicht dazu verpflichtet, einen First Responder für einen Einsatz freizustellen, dies erfolgt auf freiwilliger Basis. Im Landkreis sind die Eichenzeller Notfallhelfer nicht die einzigen. Auch in Burghaun, Ebersburg, Fulda, Hofbieber, Hosenfeld, Künzell, Neuhof, Michelsrombach, Petersberg, Rasdorf und Flieden ist diese ganz spezielle Form des Ehrenamts mittlerweile fest verankert. Nachbarn, die in ihrer Freizeit Leben retten – ein gutes Gefühl zu wissen, dass die helfenden Engel so nah sind.


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