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Projekt „Vielfalt tut gut“ hat seit 2007 über 4000 junge Menschen erreicht

Vogelsbergkreis. „Dorfanalyse als Instrument der Strategiebildung für eine demokratische Kinder- und Jugendarbeit“ – so heißt eines der seither über 80 Teilprojekte im Vogelsberger Pro-Demokratie-Programm „Vielfalt tut gut“. Erster Kreisbeigeordneter Manfred Görig (SPD) nahm die Freigabe der entsprechenden Mittel zum Anlass, sich bei Dagmar Scherer, Leiterin des Amtes für Jugend, Familie und Sport, sowie bei Silvia Lucas, Sozialwissenschaftlerin im Jugendamt und gemeinsam mit Thomas Luft im Jugendbildungswerk Projektmanagerin, über den Stand dieses seit 2007 wirksamen Jugend- und Integrationsprogramms des Bundesjugendministeriums zu informieren, das rund 4000 junge Menschen im Vogelsbergkreis erreicht hat. Gute Nachricht: das Folgeprojekt „Toleranz fördern – Kompetenzen stärken“ läuft im Vogelsbergkreis nach erfolgreichen Projektanträgen weiter bis 2013.

Vizelandrat Görig lobte das „weit übers übliche Maß hinaus gehende Engagement“ von Silvia Lucas und aller Beteiligten in dem großen überparteilichen und überkonfessionellen Netzwerk. Die Breite der Vereine und Verbände, Initiativen und Gruppen sei beeindruckend. „Dies wird auch in Berlin so gesehen“, berichtete Lucas. Denn von den 90 Vielfalt-Aktionsgruppen bundesweit sei der Vogelsbergkreis dreimal hintereinander in der wissenschaftlichen Bewertung auf Platz eins gelandet. Und mit dem Teilprojekt „Dorfanalyse“, für das das evangelische Dekanat Alsfeld die Patenschaft hat, holte der Kreis gleich noch den ersten Platz im Hessischen Demografiewettbewerb im vergangenen Herbst (wir berichteten).

In dem Gespräch mit den Fachleuten des Jugendamts legte Erster Kreisbeigeordneter Görig besonderen Wert auf die Verzahnung der Themen Demokratie, Demografie, Beteiligungsrechte der Jugend und die Schaffung zusätzlicher Chancen für den Landkreis, genügend Fachkräfte aufzubieten. „Kreisentwicklung heißt vor allem Fachkräftesicherung“, sagte Görig. Und dies gehe nicht ohne ein attraktives Lebensumfeld, zu dem auch verlässliche ernstgemeinte Beteiligungsmöglichkeiten der jungen Menschen „gerade im Alter von 10 bis 20 Jahren“ gehörten. „Wer den Vogelsberg als Jugendlicher als attraktiv erlebt, wird auch als Fachkraft später gerne bleiben“, sagte Görig.

Alle Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft stünden vor der Herausforderung, sowohl die jungen Leute mit Defiziten „bewusst mitzunehmen“ als auch zusätzliche Formen der Ausbildung, etwa Duales Studium (Ausbildung und Studium in einem) anzubieten, wie dies in einigen Unternehmen im Kreis schon möglich sei. Gute Fachkräfte benötigten immer auch soziale Kompetenz. Und gerade die könne in Vereinen, aber auch in Initiativen, wie sie durch das Großprojekt „Vielfalt“ angestoßen worden seien, sehr gut erlernt werden.

Interesse und Verantwortung fürs eigene Land und für die Region, in der man lebt, schaffe eine verlässliche Grundlage für die Stabilisierung von Freiheit und Demokratie, auch im ländlichen Bereich. „Extremistische, demokratie- und freiheitsfeindliche Einstellungen haben keine Chance, wenn sich Menschen, zumal junge Menschen, ernst genommen fühlen“, unterstrich Vizelandrat Görig. Und: „Orientierungslosigkeit macht anfällig für antidemokratisches Gedankengut.“ Dem wirke das Jugendprojekt aktiv entgegen. Der Vogelsbergkreis sei durch dieses Projekt in der Fachöffentlichkeit bundesweit hoch angesehen und werde in der Kreispolitik von allen Parteien und Fraktionen einhellig unterstützt.

Pro-Demokratie-Projekt „Vielfalt tut gut“ – was ist das?

Zielsetzungen des Programms sind die Entwicklung, Stärkung und Verfestigung der demokratischen Haltungen und Orientierungen von Kindern und Jugendlichen und deren aktive Beteiligung an der Entwicklung des Gemeinwesens in der Region. Mit dieser Stärkung des demokratischen Bewusstseins will die Bundesregierung eine Immunisierung gegen extremistische Einstellungen und ein aktives Auftreten gegen extremistische Gruppierungen erreichen, erläutert Silvia Lucas, im Jugendamt mit der Betreuung des Projekts beauftragt.

Der Vogelsbergkreis war 2007 als einer von drei hessischen Projektträgern unter elf Bewerbern zur Aufnahme in das Bundesprogramm ausgewählt worden. Wesentliche Gründe für diese Entscheidung waren die im lokalen Aktionsplan des Vogelsbergkreises dargestellte langjährige Tradition einer demokratischen und auf Teilhabe angelegten Jugendarbeit. „Insbesondere die umfassenden Beteiligungsrechte, die dem Vogelsberger Kinder- und Jugendparlament seit seinem Bestehen 1992 eingeräumt werden, waren für das Bundesministerium ausschlaggebend“, hebt Lucas hervor. In die Bewertung eingeflossen seien auch die zivilgesellschaftlichen Aktivitäten gegen das Auftreten rechtsextremistischer Gruppierungen in der Region. Das Vogelsberger Netzwerk arbeitet eng mit dem Aussteigerprojekt „IKARUS“ (Informations- und Kompetenzzentrum Ausstiegshilfen Rechtsextremismus) des Landeskriminalamts und dem „Beratungsnetzwerk Hessen – Mobile Intervention gegen Rechtsextremismus“ (hier arbeiten vier hessischen Ministerium eng zusammen).

Zur Umsetzung des Projektes wurde im Jahr 2007 beim Amt für Jugend-, Familie und Sport (Jugendförderung, Jugendbildungswerk) eine lokale Koordinierungsstelle Vielfalt eingerichtet. Gleichzeitig wurde ein Begleitausschuss  und ein breites, von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen getragenes Netzwerk für das Projekt installiert, in dem weit über 50 Bürgerinnen und Bürger zusammenwirken. Auch hier wird dem Beteiligungsanspruch Jugendlicher in hohem Maß Rechnung getragen, unterstreicht die Sozialwissenschaftlerin Silvia Lucas. Von Oktober 2007 bis heute wurden über „Vielfalt“ in 80 Einzelprojekten der unterschiedlichsten Träger weit mehr als 4000 Kinder, Jugendliche und Multiplikatoren erreicht. Die Summe, die das Bundesministerium zur Durchführung dieser Projekte zur Verfügung stellte betrug 385.000 Euro. Im Nachfolgeprojekt „Toleranz“ sind bereits 65.000 Euro freigegeben.

„Vielfalt“ ist nicht nur der Name des Projektes, vielfältig ist auch das Spektrum der geförderten Einzelprojektträger, der Themen und der Zielgruppen. Jugendinitiativen, Jugendverbände, Kirchen, Vereine, Verbände, Bürger- und Kulturinitiativen begleiten und unterstützen das Gesamtprojekt und führen Projekte durch. Beispielhaft nennt Silvia Lucas das Jugendrotkreuz Ortsverein Mücke mit seinem Toleranzprojekt für Kinder und Jugendliche, die Kreisjugendfeuerwehr, das evangelische Dekanat, das für viele örtliche Kleinprojekte die Patenschaft übernimmt und das Freiwilligenzentrum Alsfeld, das über „Vielfalt“ das ehrenamtliche Engagement insbesondere von Jugendlichen unterstützt.

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