Fulda-Johannesberg. Die Propstei Johannesberg gehört zu Fulda wie – beispielsweise – der Dom, die Michaelskirche, das Stadtschloss oder auch das Bonifatiusdenkmal. Im 9. Jahrhundert von Rabanus Maurus gegründet, erfolgte im 17. Jahrhundert unter Baumeister Andrea Gallasini die barocke Umgestaltung, an der bedeutende Handwerker mitwirkten. Wobei wir beim Stichwort wären, besitzt die Propstei heute doch überregionale Bedeutung auf dem Gebiet der Denkmalpflege und Altbauerneuerung.
Selbst vom Zerfall bedroht, waren die markanten barocken Gemäuer, die prägend sind für den Fuldaer Stadtteil, zu Beginn der 80er Jahre als „Deutsches Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege (ZHD)“ einer neuen Nutzung zugeführt worden. Vorangegangen war eine gemeinsame Initiative des Eigentümers Land Hessen und der Stadt Fulda. Entscheidenden Anteil an der weiteren Entwicklung hatte der auch als „Denkmalpapst“ bundesweit bekannt gewordene Manfred Gerner, der die Einrichtung zwanzig Jahre lang leitete.
Seit 2002 wird das Werkstattgebäude, der ehemalige Marstall, von der gemeinnützigen Propstei Johannesberg gGmbH genutzt, die sich unter ihrem Geschäftsführer Dieter Gärtner laut eigener Darstellung „dem Erhalt des kulturellen Erbes verpflichtet fühlt als Fortbildungseinrichtung für alle in der Denkmalpflege und Altbausanierung Tätigen“. Diesen Anspruch zu erfüllen, war zu Beginn des neuen Jahrtausends freilich wie eine Utopie erschienen, nachdem für das ZHD das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Gründe für dieses Scheitern hatte der damalige Fuldaer Oberbürgermeister Dr. Alois Rhiel in dem „zu weit gewordenen Aufgabenspektrum und dem übergroßen Projektanteil“ gesehen.
Dieses düstere Kapitel indes ist schon lange abgehakt. Beraten und unterstützt wird die Propstei Johannesberg gGmbH heute von einem Beirat, dem das Landesamt für Denkmalpflegen, die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen, die Arbeitsgemeinschaft der hessischen Handwerkskammern, die Ingenieurkammer Hessen, die Stadt Fulda und das Land Hessen angehören. Den Gesellschafterstamm bilden überwiegend Fachleute, unter anderem Architekten und Restauratoren, auch aus dem Kreis Fulda. Die Seminarleiter und Dozenten sind Experten, die alle beruflich in der Denkmalpflege und Altbauerneuerung tätig sind.
Das Seminarangebot richtet sich insbesondere an Architekten, Ingenieure, Handwerker und Behördenmitarbeiter. Neben Kurzlehrgängen werden gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege und der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen mehrteilige Seminarreihen in der Ingenieur- und Architektenfortbildung durchgeführt. Für Handwerker gibt es die Möglichkeit, neben Praxisseminaren in den Werkstätten verschiedene Zertifikatslehrgänge mit Abschlussprüfung zum Restaurator im Handwerk und zum Gesellen für Instandsetzungsarbeiten beziehungsweise Gesellen für Restaurierungsarbeiten zu besuchen.
Nicht zu vergessen: In Kooperation mit der Fuldaer Ferdinand-Braun-Schule werden die praktischen Lehrinhalte der Technikerschule in Farb- und Lacktechnik sowie Bautechnik mit dem Schwerpunkt Denkmalpflege umgesetzt. Zudem ist die Propstei Johannesberg gGmbH eine anerkannte Qualifizierungsberatungsstelle im Auftrag des Landes Hessen. Denn dieses fördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds die Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kleiner und mittlerer Unternehmen mit einem so genannten Qualifizierungsscheck.
Zwar im Hintergrund, dafür aber nicht weniger effektiv wirkt der Förderverein Propstei Johannesberg, dessen Vorsitz Fuldas Stadtbaurätin Cornelia Zuschke inne hat. Zum Vorstand gehören neben Geschäftsführer Dieter Gärtner auch der stellvertretende Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Fulda, Stefan Semler, IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schunck und Gerwin Stein, Leiter der Beratungsstelle für Handwerk und Denkmalpflege.
Zum Ziel gesetzt hat sich das Gremium unter anderem den „Erhalt der Propstei Johannesberg entsprechend ihrer kulturellen, gesellschaftlichen und lokalen Bedeutung“, die Förderung des Erfahrungsaustauschs und des Dialogs aller an der Denkmalpflege beteiligten Berufsgruppen und Bürger, die Pflege und Präsentation von historischen Handwerkstechniken und der Handwerkskultur, die Förderung von Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche, um bei ihnen das Interesse am Handwerk und an der Denkmalpflege zu wecken, sowie die „Präsentation der Propstei Johannesberg als erlebbares Kulturdenkmal in Rahmen von Führungen und kulturellen Veranstaltungen“ – beispielsweise während des alljährlichen „Tags des offenen Denkmals“.
Das barocke Ambiente weiß übrigens auch die Fuldaer Firma Grümel zu schätzen, die in der Propstei Johannesberg ihre Verwaltung untergebracht hat. Dort laufen dann die Fäden zusammen, um benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene in Ausbildung zu bringen und vielleicht in den Arbeitsmarkt zu integrieren.