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Sozialpolitik im Fokus der KAB

Wirtheim. Unter dem Motto „Sozialpolitik im Focus der KAB“ stand die Fachtagung der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Bezirksverband Main-Kinzig im Rahmen des diesjährigen Bezirkstag im Pfarrzentrum von Biebergemünd-Wirtheim. Andreas Storm, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, berichtete vor annähernd 100 Zuhörern aktuell aus dem Ministerium, gab einen Ausblick auf die Zukunft der Alterssicherung in Deutschland und bewertete das Rentenmodell der Katholischen Verbände.


Storm gab zunächst einen Rückblick auf die historische Entwicklung der Altersversorgung in Deutschland. Sie habe sich aus den Gegebenheiten der 80-er Jahre des 19. Jahrhunderts entwickelt und sei immer wieder den aktuellen Entwicklungen angepasst worden. Dabei hätten Sozialverbände, wie die KAB, immer wieder Ideen zu einer solidarischen Altersversorgung eingebracht, die insbesondere auch von der verbandseigenen Werteorientierung getragen wurden.. Als Beispiel u. a. nannte der Fachmann für Rente die Forderung der KAB „Rente für Mütter“, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch durchgesetzt habe. Gerade die letzten Jahre mit der demographischen Entwicklung, dass es immer mehr ältere Menschen gäbe und die Lebenserwartung gestiegen sei, habe die Rentenpolitik immer mehr in den Blickpunkt der Menschen und der Verbände gerückt. „Während 1960 die Menschen durchschnittlich 10 Jahre Rente bezogen haben, sind es heute 18 Jahre“ erläutert Storm. Indirekt spielten Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt wie auch die große Banken- und Wirtschaftskrise der letzten beiden Jahre eine Rolle. Der derzeitige Wirtschaftsaufschwung lasse jedoch für die nächsten Jahre auf eine positive Entwicklung und steigende Renten hoffen. Für 2011 sei eine Rentenerhöhung gesichert.

Um die Rente zukunftsfähiger zu machen, habe man das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre erhöht. Kritikern an dieser Entscheidung hielt Storm entgegen, dass sich gerade für ältere Arbeitnehmer die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt verbessert hätten. „Immer mehr Arbeitgeber schätzen das Erfahrungswissen von Älteren“ so der Staatssekretär. Eine untergeordnete Rolle spiele dabei, dass diese oftmals nicht so flexibel seien. Zwar sei bewusst, dass es auch Berufsgruppen gäbe, in denen die Menschen schon heute nicht bis zum regulären Renteneintrittsalter arbeiten könnten, doch sei man zuversichtlich, dafür gemeinsam mit den Unternehmen ebenfalls Regelungen zu finden. So verbreitete der Referent für die nächsten Jahre Zuversicht. Der Beitragssatz für die gesetzliche Rente, derzeit bei 19,0 % liegend, werde bis zum Jahr 2030 nicht über 22 % steigen. Eine zusätzliche Absicherung biete die Riesterrente, die sehr gut angenommen worden sei.

Dennoch drängten sich wichtige Fragen auf. Was ist mit Menschen, die im Moment nicht abgesichert sind, z. B. Selbständige mit geringem Einkommen. Was passiert bei Langzeitarbeitslosen. Was ist mit Menschen, die lange mit einem geringen Einkommen gearbeitet haben und wie erreicht man eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Vorrangig mit diesen Fragen werde sich eine Regierungskommission stellen, die aktuell installiert werde und innerhalb von 18 Monaten Antworten auf diese Fragen geben soll.

Das Rentenmodell der Verbände bewertete Storm in seinem Beitrag eher kritisch. „Meines Erachtens ist die demographische Entwicklung nur unzureichend berücksichtigt“ äußerte er sich. Er sähe auch keinen zwingenden Hinweis, dass Altersarmut erfolgreich damit bekämpft werden könne. Sein Hauptkritikpunkt war jedoch der vom Verbändemodell angestrebte Systemwechsel. Allein die Festlegung einer Höchstrente ähnlich wie es in der Schweiz praktiziert werde, finde wahrscheinlich kaum Akzeptanz. „Mit Ihren werteorientierten Überlegungen und Ideen geben Sie immer wieder neue und fruchtbare Denkanstöße für verantwortlich handelnde Politiker“ ermutigte er die KAB trotz seiner Kritik, weiterhin an und mit dem Modell zu arbeiten. Ebenso forderte er die KAB auf, sich auch weiterhin im Rahmen der Selbstverwaltung der Versicherungsträger zu engagieren und sprach sich ausdrücklich für deren Beibehaltung aus.

An das Referat schloss sich eine von Aloys Lenz, MdL und KAB Mitglied aus Großkrotzenburg moderierte Diskussion an, während der Storm auch auf Problemfelder wie Niedriglöhne, Leiharbeit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf einging.

Vor dem Referat hatte die KAB Bezirksvorsitzende Beate Benzing, Horbach, das Rentenmodell der Verbände mit den drei Stufen Sockelrente, beitragsfinanzierte Rente und private/betriebliche Altersvorsorge kurz vorgestellt.

Im Zeichen einer „Interdiözesanen Zusammenarbeit“ überreichte der Aschaffenburger KAB Sekretär Ralph Stapp (Bistum Würzburg) dem Darmstädter Staatssekretär einen „Schutzschirm für Arbeitnehmer“ als äußeres Zeichen zur Aufmerksamkeit für einen menschenwürdigen Umgang mit den Menschen, die mit ihrer persönlichen Leistung erst eine florierende Wirtschaft möglich machen.

Zum weiterem kritisch-kreativen Dialog forderten auch die Redner der Grußworte, Vizelandrat des Main-Kinzig-Kreises, Günter Frenz wie der Biebergemünder Bürgermeister Manfred Weber die Delegierten des KAB Bezirks auf. KAB Diözesanvorsitzender Klaus Schmitt ermutigte ebenfalls, das sozialpolitische Engagement beizubehalten bzw. auszubauen. „Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass wir nicht nur mitreden können, sondern sogar müssen“ gab er sich kämpferisch. (Michael Schmitt)

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