Fulda. Wie soll man mit den Schrecken der Vergangenheit umgehen? Wie kann man Folter und Scheiterhaufen adäquat in Kunst umsetzen? Fünf Künstler, fünf Wege, dem Grauen zu begegnen. Am vergangenen Freitag fand in den Räumen der Red Corridor die provokante Ausstellungseröffnung „Merga Bien“ statt. Die Ausstellung ist noch die nächsten drei Wochen für die Öffentlichkeit zugänglich. Merga Bien wurde im Jahre 1603 wegen Hexerei angeklagt und noch im gleichen Jahr in Fulda hingerichtet. Fünf Künstler versuchten sich am Begriff der Hexerei abzuarbeiten. Bereits im Vorfeld der Ausstellung „Merga Bien“ hatte es einigen Unmut und Ärger gegeben. Das Thema schien ein heißes Eisen. Also genau das Richtige für die Künstler Rudi Neuland, Barbara Wilson, Joanna Skurska, Leszek Skurski und Guido Rohm.
Fotos (101): Marzena Traber
Künstler Rudi Neuland provoziert durch fotografische Portraits. Frauen in Nahaufnahmen, die Gesichter wie unter einem Mikroskop zur Auslieferung gebracht. Hier wird mit der Bilderwartung gespielt. Interpretation kann rasch zur Aburteilung führen, indem man den Gesichtern Gefühle unterstellt, die so gar nichts mit den Realitäten des fotografierten Moments gemein haben müssen. Der Betrachter wird so zum Verfolger und Deuter.
Joanna Skurska zündelt auf zwei Großgemälden, die Teilstücke eines Höllenfreskos sein könnten; dunkle Ahnungen des Abseitigen. Die Künstlerin erkundet Tod und Einsamkeit, gebrochen durch die Möglichkeiten des Feuers, dem Allesverschlinger und Nachterheller. Ob auf den Bildern nun die Flamme der Aufklärung lodert oder die Feuer der Scheiterhaufen brennen, dies sollte man sich bei einem Besuch der Galerie am Besten selbst erarbeiten. Eine große Künstlerin wird man dabei auf jeden Fall entdecken.
Barbara Wilson lotet in ihren Bildern mythische Tiefenschichten aus. Rot als wiederkehrendes Motiv für Blut in all seinen Erscheinungsformen: Lebensspender wie auch Lebensverguss. Verspielte Bilder, die eine Mischung aus naiver Zeichnung und art deco sind und die dazu einladen, auf eine fantastische Entdeckungsreise zu gehen.
Höhepunkt der Ausstellung ist aber sicherlich das bildnerisch-literarische Großprojekt „Die letztgültigen Wahrheiten“ von Leszek Skurski und Guido Rohm. In 14 Bildern und Texten erzählen uns Skurski und Rohm ihre Version der Lebensgeschichte Merga Biens. In diesem einzigartigen Kunstprojekt verschmelzen sie die Themen Erinnerung, Identität und Wahrheit zu einer Melange Noir. Sie zeigen nicht nur das Leben Merga Biens auf, sondern weisen auf die Tragödie des menschlichen Daseins in seiner Verlorenheit insgesamt hin.
Das Projekt ist außerdem noch als kleines Buch zu erwerben. Runder kann ein Kunstwerk kaum daherkommen. Die Ausstellung „Merga Bien“ ist durch das Spektrum der gebotenen Bilder sicherlich eines der künstlerisch wagemutigsten Unternehmungen seit langer Zeit in Fulda. Ein Muss für jeden Kunstfreund.
Die Ausstellung ist noch die nächsten drei Wochen zu besichtigen.
RED CORRIDOR Gallery – Die Galerie für zeitgenössische Kunst
Löherstraße 19, 36037 Fulda – Tel. +49 661 8620105
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Öffnungszeiten: Dienstag – Freitag 14 bis 18 Uhr und Samstag 11 bis 16 Uhr