Wildflecken. Für satte 93 Prozent der Rhönbewohner ist die Rhönlandschaft für die eigene Lebensqualität sehr wichtig oder wichtig. Zu diesem Ergebnis ist Dr. Tobias Behnen vom Institut für Wirtschafts- und Kulturgeografie an der Leibnitz-Universität Hannover gekommen.
Foto und Text: Carsten Kallenbach
Bereits in den Jahren 2005 und 2006 hatte es in Gersfeld, Bischofsheim, Kaltennordheim und Kaltensundheim Befragungen der Bevölkerung zu den verschiedensten Gesichtspunkten des Biosphärenreservates Rhön gegeben. Ein Thema davon war die „Rhöner Identität“. Tobias Kühne hatte sich damit in seiner Diplomarbeit beschäftigt, die er im vergangenen Jahr anlässlich der 11. Präsentation der Forschungsergebnisse für das Biosphärenreservat Rhön vorgestellt hatte.
Dr. Tobias Behnen und sein Team befragten mehr als 700 Bewohner des Biosphärenreservates Rhön, wie sie den Wandel in der Kulturlandschaft wahrnehmen und ihn bewerten. „Darunter fällt der Agrarstrukturwandel, der Wandel in der Sozialstruktur, der Klimawandel und der Bewusstseinswandel, die gewachsenen Kulturlandschaften besonders zu schützen, wie es sich das Biosphärenreservat Rhön zur Aufgabe gemacht hat“, erläuterte Dr. Behnen vor den Zuhörern im Rhön-Info-Zentrum „Haus der Schwarzen Berge“ in Wildflecken-Oberbach.
Sehr wohl, erklärte er, nehmen die Bürger die zunehmenden Belastungen durch den Verkehr, den Tourismus, den Wirtschaftsstandort Rhön, den Freizeitsport, die zunehmende technische Infrastruktur und die Rhön als ländliche Wohnstätte wahr. All diese Faktoren stellen Raumansprüche an die Rhön dar. Positive Veränderungen der Landschaft – insbesondere durch die praktizierte Landschaftspflege und den Naturschutz – sehen immerhin 50 Prozent der Befragten.
Negativ beurteilen die Veränderungen in der Landschaft 35 Prozent. Davon entfallen 33 Prozent auf die allgemeine Umweltbelastung und 32 Prozent auf den Verkehr; insbesondere den steigenden Lkw-Transitverkehr. Dr. Behnen kommt anhand des Fragebogens mit 37 Teilfragen zu dem Ergebnis, dass 98 Prozent der Rhönbewohner keine grundsätzlichen Veränderungen an ihrer Landschaft wünschen.
Mit 74 Prozent Akzeptanz findet die Anerkennung der Rhön als Biosphärenreservat eine große Zustimmung. Demzufolge schätzen die meisten Befragten auch ein, dass Landschaftsschutz und menschliche Nutzung sich einander nicht ausschließen. 89 Prozent der Befragten befürworten die Bezahlung der Landwirte für die Offenhaltung der Landschaft.
„Die Rhönbewohner schätzen ihre Kulturlandschaft außerordentlich und reagieren sensibel auf Landschaftsveränderungen.“ Diesen Schluss zieht Dr. Tobias Behnen aus seiner Befragung.
Während der Vorstellung seiner Umfragenergebnisse nannte er weitere Zahlen: So hat für 52 Prozent der Befragten das Biosphärenreservat das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Rhön über die Ländergrenzen hinweg verbessert. 40 Prozent wünschen sich allerdings mehr Informationen über das Biosphärenreservat in der Landschaft – beispielsweise durch Karten und Infotafeln. 19 Prozent sehen Einschränkungen durch das Biosphärenreservat Rhön. Interessant dürfte auch sein, dass ganze 69 Prozent bewusst Rhöner Lebensmittel einkaufen.
Die traditionellen Rhöner Speisen wie Fleisch und Wurst stehen dabei mit 46 beziehungsweise 28 Prozent ganz oben. 44 Prozent der Befragten wünschen sich zudem mehr regionale Bio-Lebensmittel. „Ob sie allerdings auch dazu bereit sind, den erhöhten Preis dafür zu bezahlen, war nicht Gegenstand der Befragung“, ergänzte Dr. Behnen. 94 Prozent der Rhönbewohner nutzen die Rhönlandschaft in der Freizeit. Darunter fallen besonders das Wandern, das Radfahren und der Wintersport. Immerhin 23 Prozent der Befragten sind Mitglied in landschaftsbezogenen Vereinen oder Gruppen.
Dr. Doris Pokorny, Landschaftsökologin und stellvertretende Leiterin der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates Rhön, hob besonders lobend hervor, dass die Forschungsstudie aus eigener Motivation von Dr. Tobias Behnen und für das Biosphärenreservat unentgeltlich erstellt worden sei. Einen Forschungsauftrag dafür habe es nicht gegeben.
Zum Foto: Die stellvertretende Leiterin der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservates Rhön, Dr. Doris Pokorny (2.v.l.), begrüßte in diesem Jahr vier Referenten, die ihre Forschungsergebnisse über das Biosphärenreservat vorstellten: Dr. Tobias Behnen, Anika Sauer, Sabine Nattermann und Dr. Eckhard Jedicke (von links).