Landkreis Fulda. Zwar hört man immer mal wieder die markige Aussage „Ein paar seltene Kröten verhindern in Deutschland den Bau einer Autobahn!“ Dies sei aber schlichtweg falsch, betont zumindest Jörg Burkard, und der muss es wissen. Denn er ist Sachbearbeiter beim Fachdienst Natur und Landschaft des Landkreises Fulda – landläufig eher bekannt unter dem Namen „Untere Naturschutzbehörde“.
Die ist zum Beispiel zuständig bei Flurbereinigungen, bei der Planung von Straßen, der Ausweisung von Neubaugebieten und vor allem dann, wenn man in einem Bereich bauen will, für den es keinen Bebauungsplan gibt. Solche Bauvorhaben sind sogar dann möglich, wenn dort „ein paar seltene Kröten“ oder andere bedrohte Tier- und Pflanzenarten beheimatet sind. Dann steht zwar an erster Stelle die Frage, ob das Bauvorhaben möglicherweise an einer Ersatzfläche durchgeführt werden kann. Geht das aber nicht, wird geprüft, ob die geplante Bebauung so abgeändert werden kann, dass die Tier- oder Pflanzenart eben nicht gefährdet wird. Ist auch das nicht möglich, muss das Bauvorhaben noch lange nicht scheitern. Denn die gefährdeten Tiere können möglicherweise umgesiedelt werden. Denn Hauptanliegen der Unteren Naturschutzbehörde ist es, wenn immer möglich den Lebensraum von Tieren zu schützen, in jedem Fall aber die Tiere selbst.
Der so genannte Artenschutz ist vom Bundesnaturschutzgesetz vorgeschrieben; im Landkreis Fulda ist er besonders erfolgreich: So ist der Biber seit 2001 wieder im Landkreis heimisch. Besondere Aufmerksamkeit gilt seit 2008 auch dem Weißstorch: Auf Anregung von Jörg Burkard baute das Überlandwerk in einer Lehrlingswerkstatt acht Kunstnester für Meister Adebar und stellte auch die Masten, auf die die Nistkörbe montiert wurden. Schülerinnen und Schüler flochten Weidenzweige ein, so dass sich der Storch „ins gemachte Nest“ setzen konnte. Zu guter Letzt fand der emsige Fachdienstler die passenden Aufstellplätze, und die Straßenbauverwaltung stellte das notwendige Grundstück zur Verfügung. Ein tolles Gemeinschaftsprojekt, wie Burkard im Nachhinein resümiert. Und eines mit Erfolg: Denn 80 Jahre lang war der Weißstorch aus dem Landkreis verschwunden – jetzt beginnt er wieder, im Landkreis Fulda heimisch zu werden
Etwas länger ist der Schwarzstorch wieder im Landkreis ansässig. Der nistet im Gegensatz zu seinem weißen Artgenossen im Wald, findet dort aber mittlerweile nur noch selten die richtigen Bäume für seine Nester. Auch ihm konnte mit Nestern von Menschenhand geholfen werden. Auch Hornissen, Amphibien und Fledermäuse genießen genauso eine besondere Aufmerksamkeit wie die Wildkatze im Michelsrombacher Wald und der scheue Luchs – beide höchst selten anzutreffen. Jörg Burkard verwendet viel Zeit darauf herauszufinden, welche Tierarten an welchen Stellen im Landkreis überhaupt vorkommen: Gelbbauchunke, Geburtshelferkröte, Kreuzkröte und Kammmolch, Uhu, Wanderfalke, verschiedene Wiesenvögel, darunter auch der Wachtelkönig, eine extrem seltene Vogelart – ihnen allen ist Jörg Burkard auf der Spur. Eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit wird auch mit dem Ehrenamt im Naturschutz gepflegt.
Besondere Freude macht dem aufgeschlossenen Sachbearbeiter das Thema Umweltbildung. „Bewaffnet“ mit einem ausgestopften Uhu oder Schwarzstorch geht Jörg Burkard in Kindergärten und Schulen. Ganz spannend erzählt er dann, dass es mehr Tiere als Amsel und Reh im Landkreis gibt, und hilft so den Kindern, ein sachgerechtes Verständnis für die Natur und Artenkenntnisse zu entwickeln. Und oft kommt nach der Theorie die Praxis, vor allem dann, wenn Burkard einen präparierten Biber mit in den Schulunterricht nimmt. Denn dann pflanzt er mit den Schülerinnen und Schülern an Gewässern Weiden – ein vom Biber gern gefressener Leckerbissen. So kann der Biber an seinem Standort gehalten oder an einen neuen Standort gelockt werden. Kindergartenkinder, Schülerinnen und Schüler verstehen das sofort – und deshalb sind Unterrichtsstunden mit dem Experten der unteren Naturschutzbehörde für sie ein unvergessliches Erlebnis.
Kontakt: Landkreis Fulda, Natur und Landschaft (untere Naturschutzbehörde), Wörthstr. 15, 36037 Fulda. Tel.: 0661/60 06-470; Fax: 0661/6006-566. E-Mail: naturschutz@landkreis-fulda.de