Bad Hersfeld. Die Probierwerkstätten des Handwerks zeigen Alternativen in zukunftsträchtigen Berufsfeldern auf. Sophie, Laura und Hanna besuchen die siebte Klasse. Die Frage, welchen Beruf sie erlernen möchten, beantworten sie prompt. Sophie möchte Verkäuferin werden, Laura Friseurin und Hanna Tierpflegerin. Die Begründung fällt ihnen da schon schwerer: Weil die Schwester das erlernt hat, man immer top gestylt sein möchte oder man Tiere liebt. Dass man mit dieser Berufswahl eine erste wesentliche Entscheidung für das weitere Leben trifft, ist den drei Freundinnen nicht so recht bewusst. Aber dies sind keine Einzelfälle.
Nach Angaben der Agentur für Arbeit liegen die Berufe Friseurin und Verkäuferin seit Jahren bei den Berufswünschen junger Mädchen auf einem der ersten drei Rangplätze. Qualifizierte gewerblich-technische Berufe tauchen unter den ersten zehn Plätzen ganz selten auf, obwohl sie meist deutlich bessere Beschäftigungsaussichten und höhere Einkommen bieten. Um jungen Menschen, insbesondere Mädchen sehr frühzeitig berufliche Alternativen aufzuzeigen, wurden die „Probierwerkstätten des Handwerks“ als Angebot zur Berufsorientierung gegründet. Das Projekt wird zu gleichen Teilen von der Arbeitsagentur Bad Hersfeld und der Kreishandwerkerschaft finanziert. Es ist eine von verschiedenen Kooperationen der Agentur für Arbeit im Rahmen vertiefter Berufsorientierung.
Melanie Bonacker, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Bad Hersfelder Agentur: „Wenn Mädchen in der achten Klasse zur Berufsberatung kommen, sind sie durch ihr berufliches Rollenverständnis häufig so eingeengt, dass sie das gesamte Spektrum Ihrer beruflichen Möglichkeiten nicht mehr erfassen. Über achtzig Prozent von ihnen konzentrieren sich auf fünf bis sechs Berufe. In diesen Berufen wird deutlich über Bedarf ausgebildet, die erworbenen Kenntnisse können aber nur selten anderweitig verwandt werden.
Gleichzeitig zeichnet sich im gewerblich-technischen Sektor ein hoher Fachkräftebedarf ab, der durch männliche Bewerber allein nicht dauerhaft befriedigt werden kann.“ Deshalb besuchen Mädchen schon ab der fünften Klasse die verschiedenen Projekte, in denen sie unterschiedliche Berufsfelder kennenlernen. Durch den frühzeitigen Ansatz soll ein verengtes berufliches Rollenverhalten vermieden werden, indem sie neue Sichtweisen im Berufswahlprozess kennenlernen.
Ein wesentlicher Vorteil des Konzeptes liege darin, dass die Jugendlichen mit praktischen Arbeiten vertraut gemacht werden und dadurch selbst ihr handwerkliches Geschick und technisches Verständnis erkennen und entwickeln können. „Durch das Herstellen kleiner, durch Sonnenkollektoren betriebener Konstruktionen, lernen Mädchen bei uns beispielsweise, dass Technik keine Männerdomäne ist.
Wir machen die Erfahrung, dass die anfängliche Passivität sehr schnell der Begeisterung weicht“, so Hubert Lorenz von der Kreishandwerkerschaft Hersfeld-Rotenburg. Die Probierwerkstätten werden für die Bereiche Bau, Holz, Kfz und Metall angeboten.
Kontakt Kreishandwerkerschaft Hersfeld-Rotenburg: 06621 / 92890 Agentur für Arbeit Bad Hersfeld: 01801 555 111* *Festnetzpreis 3,9 ct/min; Mobilfunkpreise höchstens 42 ct/min