Fulda. In dem musikgeschichtlichen Umfeld der vielen Musikfreunden bekannten französischen Komponisten Lully, Charpentier und Rameau lebten und wirkten die Opern- und Kirchenmusikkomponisten Charles-Hubert Gervais (1671 – 1744), André Campra (1660 – 1744) und Michel-Richard Delalande (1657 – 1726). Alle drei Musiker gerieten in den damals in Frankreich heftig geführten „Streit“ über das Eindringen italienischer Kompositionsarten in die französische Musik. Campra (sein Vater war Italiener, seine Mutter Französin), Gervais und Delalande machten sich diese Auseinandersetzungen, die in gebildeten Kreisen geführt wurden, Â fruchtbar zu Eigen. Alle Vitalität und Dramatik, jegliche Affekte und Tonsymbolik beider Musikstile nutzten sie, um aussagestarke Opern und spontan auf die Zuhörer wirkende kirchenmusikalische Werke zu schaffen.
Die Harmonik der Musik dieser Zeit ist reizvoll kompliziert, reich an Schattierungen und ausgesprochen kühn in der Dissonanzbehandlung. Ein Umstand, der bei den Zeitgenossen größte Bewunderung auslöste. Die genannten Komponisten legen hohe Bedeutung auf die klangmalerisch-illustrative Auslegung des Textes. „Kontrast“ ist das Grundprinzip der Musik, ihr Ziel größtmögliche „diversité“, aus der „alle musikalische Vollkommenheit entspringt“ (Charpentier). Damit ist diese Musik auch uns, den Zuhörern im 21. Jahrhundert, ganz nahe. Sie ist fesselnd, verstehbar, sie spricht an und reißt mit.
Auf das Barockkonzert im Fuldaer Dom darf man mit ganz großer Freude gespannt sein. Kein Standard-Passionsprogramm, sondern Neues in der Alten Musik gilt es zu entdecken.
Anknüpfend an die großen De-Profundis-Kompositionen (Psalm 130 mit Requiemteilen), die im November 2009 im Dom zu Fulda aufgeführt wurden und die noch sehr vielen Konzertbesuchern in lebendiger und beeindruckender Erinnerung sind, erklingen je ein De-Profundis-Werk von André Campra und von Michel-Richard Delalande. Ergänzt werden diese beiden Werke durch den Psalm 51 „Miserere“ von Charles-Hubert Gervais.
Jesus betet am Kreuz aus dem Psalm 22 „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Dieser Verzweiflungsschrei prägt ganz intensiv und dicht auch die Psalmvertonungen im Passionskonzert mit selten zu hörender, faszinierender französischer Barockmusik.
Das Passionskonzert findet in Kooperation mit Fulda Barock e.V. am Freitag, 12. März 2010, jeweils um 18.00 und um 20.30 Uhr im Hochchor des Hohen Domes zu Fulda statt. Ausführende sind die Gesangssolisten Gerlinde Sämann (Sopran I), Lisa Rothländer (Sopran II), Markus Brutscher (Haute-contre), Nils Giebelhausen (Tenor), und Matthias Horn (Bass) sowie die Capella Cathedralis Fulda und das Barockorchester L´arpa festante unter der Leitung von Domkapellmeister Franz-Peter Huber.
Eintrittskarten für das Passionskonzert sind zum Preis von 20 € (ermäßigt 14,00 € für Schüler und Studenten), bei den Chören am Fuldaer Dom, Eduard-Schick-Platz 3, 36037 Fulda, Tel.: 0661/87390, choere-am-dom@bistum-fulda.de, erhältlich.