Written by 5:53 Alle Nachrichten, Kultur & Unterhaltung

Industrie, Gemeinde und Sammler ziehen in Müs an einem Strang: Dem Schutz der Seelilien verschrieben

Großenlüder/Müs. Sie duften nicht und können auch keine Vase schmücken – die Bimbacher Seelilien haben ihre Blütezeit längst überschritten und sind dennoch als einzigartiges Bodendenkmal von herausragender Bedeutung für die Region. Entdeckt wurden die Fossilien von Hobbypaläontologe Manfred Schulz und seinem Kollegen Walter Koch Anfang der 80er Jahre.

100117_seelilien 100117_seelilien2„Seit über 30 Jahren bin ich auf dem Gelände des Unternehmens Otterbein und der Gemeinde Großenlüder auf der Suche nach Fossilien. Das zeigt, wie reibungslos und fruchtbar die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, von der Rohstein verarbeitenden Industrie und der Gemeinde über die privaten Sammler bis hin zur Denkmalpflege, funktioniert“, betont Schulz anlässlich der Jahrestagung des Trias-Vereins Thüringen. Als langjähriges Mitglied hatte der Hobbypaläontologe die gestrige Vereinskonferenz im Vortragsraum der Zement- und Kalkwerke Otterbein organisiert, um auch der Öffentlichkeit Gelegenheit zu geben, in Fachvorträgen interessante Details zu den Funden der Bimbacher Seelilienbank zu erfahren, die wegen ihrer einzigartigen Fauna in exzellenter Erhaltung und ihrer paläontologischen Bedeutung in die Liste der Bodendenkmäler von Hessen aufgenommen wurde.

Die Seelilienbank ist das einzige Bodendenkmal im Muschelkalk, der auch den Zement- und Kalkwerken Otterbein als Rohstoff dient. „Es liegt in der Natur der Sache, dass sich ein Industrieunternehmen wie die Zement- und Kalkwerke Otterbein natürlicher Ressourcen bedient und damit das ökologische Gefüge beeinflusst. Mit einer sensiblen Planung von Abbau, Naturausgleich und Folgenutzung lassen sich diese Eingriffe jedoch ausgleichen“, erklärte Winfried Müller, geschäftsführender Gesellschafter der ZKW Otterbein. „Wenn sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung bewusst sind, finden sich immer Kompromisse. Wir ziehen alle an einem Strang“, betonte auch Bürgermeister Werner Dietrich anlässlich der Begrüßung der rund 40 Gäste zu dem Vortragsblock “Die Bimbacher Seelilienbank – geologischer Rahmen, paläontologische Bedeutung und bodendenkmalpflegerische Aspekte”.

Über die geologischen Rahmenbedingungen der Muschelkalk-Vorkommen im Grabensystem des Fuldaer, Großenlüderer und Lauterbacher Grabens sprach Trias-Vereinsmitglied Elmar Kramm, der durch mehrere Publikationen zur Muschelkalk-Geologie und seine Berufung in die stratigraphische Subkommission Perm-Trias bekannt wurde. „Die Otterbein-Geschäftsführung hat in der Vergangenheit eindringlich bewiesen, dass eine gute und vorausschauende Unternehmenspolitik die Rohstoffverarbeitung und den Denkmalschutz verbinden kann. Hier werden regelmäßig vorsorgliche Proben entnommen und private Sammler erhalten darüber hinaus Zugang zum Gelände. So kollidiert die Kalk- und Zementproduktion nicht mit dem Natur- und Umweltschutz und Bodendenkmäler werden für nachfolgende Generationen erhalten“, lobte auch Dr. Thomas Keller, Leiter der Paläontologischen Denkmalpflege Hessen in Wiesbaden, und stellte damit die Arbeit seiner Abteilung in den Kontext zum ehrenamtlichen Privatsammler und dem Rohstoff verarbeitenden Steinbruchbetrieb.

Visited 1 times, 1 visit(s) today
Close