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Bischof Algermissen hielt traditionellen Neujahrsempfang in Fulda ab

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Fulda (bpf). „Durch das kirchliche Handeln tragen wir Werte in diese Gesellschaft hinein und können so den Menschen ein bewährtes Orientierungsangebot anbieten, eine frohe Botschaft, die dem Leben tagtäglich und über alle Tage hinaus Sinn gibt.“ Dies betonte der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen am Freitag, 1. Januar, beim traditionellen Neujahrsempfang im Fuldaer Priesterseminar. Kirchliches Handeln müsse zur eigentlichen Aufgabe der Kirche hinführen, nämlich der sakramentalen Heiligung der Menschen, und ihnen Halt und Stütze bieten, „ohne welche ein Menschenleben bald unerträglich wird“.

Bilder (6): Elisabeth Miller

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Ethische Maßstäbe in der Finanzwirtschaft gefordert

Erinnerung und Vergegenwärtigung seien für die Kirche wesentlich, und dies gelte auch für Vorkommnisse in jüngster Vergangenheit, gerade wenn dies vielen Menschen offensichtlich oder versteckt große Sorgen bereite, hatte der Oberhirte in seinem Schlußwort zu dem Empfang mit Bezug auf die jüngste Wirtschaftskrise hervorgehoben. Man habe den Kirchen vorgeworfen, sie seien ihrer Wächterfunktion nicht gerecht geworden und sie hätten angesichts der Krise geschwiegen. Dies sei zurückzuweisen, denn schon seit Jahren forderten die katholische und auch die evangelische Kirche ethisches Verhalten in den Unternehmen, zu denen auch die Banken gehörten. „Wir haben Regeln für den sich globalisierenden Markt eingefordert; dies wurde aber nicht gehört oder bestenfalls mitleidig belächelt“, so Algermissen weiter. Bereits 1997 hatten die Kirchen in ihrem Wort „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“ vor möglichen destabilisierenden Wirkungen der Entwicklungen an den internationalen Finanzmärkten gewarnt. Eigentum sei sozialpflichtig, und dies müsse gerade jetzt wieder betont werden, da sich „die Methoden hemmungsloser Profitmaximierung und der Gier wieder breitzumachen beginnen“. Ethische Maßstäbe für eine Reform der internationalen Finanzmärkte hatte die Deutsche Bischofskonferenz bereits 2001 angemahnt.

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Auswirkungen der Krise auf das Bistum Fulda100103_Neujahresempfang3

Sozial-caritative Dimension kirchlichen Handelns

Die finanzielle Solidität ermögliche laut Bischof Algermissen, die sozial-caritative Dimension des kirchlichen Handelns beibehalten zu können. „Wir werden eine caritativ-diakonische Kirche im umfassenden Sinn bleiben und unser Engagement erhalten können, weil wir mit den finanziellen Voraussetzungen unseres caritativ-diakonischen Grundauftrags verantwortungsbewußt umgegangen sind.“ Die Mitarbeiter in diesem Bereich arbeiteten für andere Menschen und zugunsten der Gesellschaft: in den kulturellen Einrichtungen der Diözese, in den Schulen und Bildungseinrichtungen. Diese Mitarbeiter wirkten durch die sozialen und caritativen Angebote, durch Hilfe- und Beratungseinrichtungen, in Kindergärten und Krankenhäusern. „Sie arbeiten durch eine moderne Seelsorge für Menschen, die diese Sorge um ihr Leben und Heil brauchen und annehmen möchten“, zeigte sich der Oberhirte überzeugt.

Generalvikar Prof. Dr. Gerhard Stanke hatte zu Beginn des Neujahrsempfangs im Namen des Bischofs die anwesenden Gäste aus Kirche und öffentlichem Leben willkommen geheißen und zunächst auf einige wichtige Ereignisse für die Diözese im neuen Jahr 2010 hingewiesen: den Ökumenischen Kirchentag in München vom 12. bis 16. Mai, das Priestertreffen zum Abschluß des Priesterjahres in Rom vom 9. bis 11. Juni, das Bonifatiusfest am 6. Juni mit Kardinal Claudio Hummes von der Kleruskongregation, verbunden mit einem Diözesanministrantentag, die internationale Meßdienerwallfahrt nach Rom vom 31. Juli bis 7. August, ein Symposium der Theologischen Fakultät am 26. Juni zum Thema „Katholischer Kindergarten“. Sodann hatte Prof. Stanke der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß sich die seelsorgliche Zusammenarbeit in den Pastoralverbünden im neuen Jahr weiterentwickle. „Vor diesem Hintergrund soll auch der ‚Brief der Hoffnung’ formuliert werden, den unser Bischof am Diözesantag am 3. Juli vergangenen Jahres den Pastoralverbünden als Aufgabe gestellt hat.“ Ein Schwerpunkt bei dem vom Seelsorgeamt begleiteten Prozeß sei auch die Wertschätzung und Förderung der ehrenamtlichen Tätigkeit.

Werte im Lichte des christlichen Glaubens

Generalvikar Stanke kam anschließend unter Bezugnahme auf die Weihnachtsansprache von Bundespräsident Horst Köhler auf „Ehrbarkeit und bessere Regeln“ zu sprechen und beleuchtete dies im Lichte des christlichen Glaubens. Ehrbarkeit sei eine Tugend, eine das Verhalten des Menschen prägende Haltung, so wie auch Gerechtigkeit, Solidarität, Treue und Wahrhaftigkeit. Bessere Regeln dagegen gehörten zu den äußeren Strukturen wie z. B. auch Freiheit und Frieden. Für Werte könne ein Mensch gelobt oder kritisiert, für äußere Umstände aber lediglich beglückwünscht oder bedauert werden. In der heutigen Gesellschaft würden Werte wie Ehrbarkeit, Nächstenliebe und Treue wieder sehr geschätzt, aber diese Werte dürften nicht nur beschworen, sondern müßten eben auch gelebt werden, forderte der Generalvikar. „Wer ethisch verantwortlich handeln will, braucht die Bereitschaft, das Richtige zu tun, auch wenn es ihm Nachteile bringt.“ Eine große Bedeutung für die Werte maß Stanke dem Vorbild Jesu Christi aus der Bibel zu, vor allem durch sein Mitleid, seine Compassio, die zeige, daß Gott die Liebe sei. Den falschen Haltungen Habsucht und Herrschsucht stellte Jesus Teilen und Dienen entgegen. Jesus sei durch seinen Geist auch eine „Quelle der Kraft“ für den, der an ihn glaube.


Menschenwürde kommt jedem Menschen zu

Sorge bereitete Generalvikar Stanke die Tatsache, daß es einen Wandel im Verständnis der Verbindlichkeit der Menschenwürde gibt, dadurch daß verschiedene Autoren und Philosophen die Menschenwürde von anderen Faktoren und Bedingungen abhängig machen. „Der Grund der Würde liegt in der Begabung des Menschen, sein Leben aus Einsicht und in Freiheit zu gestalten. Die Bedeutung der Menschenwürde liegt darin, daß sie der Verfügung des einen über den anderen eine Grenze setzt.“ Keiner dürfe einfach den anderen für Eigenzwecke instrumentalisieren oder zum reinen Objekt degradieren. Konstitutiv für den Menschen sei nach christlicher Überzeugung die Einheit von Leib und Seele. Daher sei es auch wohlbegründet, das biologische Menschsein allein schon als ausreichendes Kriterium für das Vorhandensein der Menschenwürde anzusehen. „Jedem Menschen kommt Würde zu, weil es zum Wesen des Menschen gehört, daß er mit dieser geistigen Begabung ausgestattet ist, auch wenn er sie noch nicht, überhaupt nicht oder nicht mehr realisieren kann. Das Menschsein ist das allgemeinste und grundlegendste Kriterium für die Menschenwürde.“ Für den der glaubt, liege der tiefste Grund der Würde jedes Menschen darin, daß jeder Mensch von Anfang an von Gott gewollt, geliebt und für ein ewiges Leben in der Gemeinschaft mit Gott bestimmt sei.

„Wen diese Gedanken nicht überzeugen, den könnte man vielleicht auf die negativen Folgen jener Position verweisen, die die Menschenwürde von zusätzlichen Kriterien abhängig macht“, betonte Prof. Stanke weiter. Wenn die menschliche Gesellschaft sich das Recht zuschreibe, zu entscheiden, wem von den Menschen Menschenwürde zukomme, dann bedeute das letztlich eine große Verunsicherung jedes Menschen. Der Mensch sei nur dann von der Angst befreit, daß ihm einmal die Menschenwürde abgesprochen werde, wenn sie nicht von der Definition seiner Mitmenschen abhängig, sondern mit dem Menschsein an sich gegeben sei. „Und wenn sie gegeben ist, dann ist sie auch zu respektieren und zu schützen, nicht abgestuft, sondern kategorisch“, folgerte der Generalvikar.

Oberbürgermeister Gerhard Möller übermittelte, auch im Namen von Bernd Woide, für Landkreis und Stadt Fulda Neujahrswünsche an die Kirche und hob in seiner Ansprache hervor, daß das vergangene Jahr 2009 an vielfältigen Vorkommnissen das Verhältnis von Kirche und Staat in der Diskussion gesehen habe, so im Volksbegehren zum Religionsunterricht und dem Schulgebetsurteil in Berlin, dem Kruzifixurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der Verleihung des Hessischen Kulturpreises, dem Schweizer Minarettverbot oder dem Urteil zu den verkaufsoffenen Sonntagen in der Hauptstadt. Das Grundgesetz, dessen 60jähriges Jubiläum man im vergangenen Jahr begangen habe, sei den Religionsgemeinschaften gegenüber wohlwollend, da diese grundlegende Beiträge zur Werteordnung erbracht hätten. Rationalistische Vorhersagen, Religion werde in ihrer Bedeutung schwinden, hätten sich laut Möller als falsch erwiesen. In Stadt und Landkreis Fulda sei die Zusammenarbeit zwischen kommunalen und kirchlichen Institutionen von einer vielfältigen und fruchtbaren Partnerschaft geprägt. Dafür sprach der Oberbürgermeister dem Bischof und den kirchlichen Verbänden seinen besonderen Dank aus.

Am Ende des Neujahrsempfangs gab Bischof Algermissen die drei Ehrungen mit dem vom Papst verliehenen Orden „Pro Ecclesia et Pontifice“ bekannt. Für ihr herausragendes ehrenamtliches Engagement wurde Hiltrud Strupp und Gerhard Dehler aus Fulda sowie Rosemarie Schöppner aus Flieden geehrt.

Hiltrud Strupp gründete 1982 mit anderen die „Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit Fulda e. V.“, deren Vorstand sie seit 1983 bis heute angehört. Die Gestaltung der jährlichen „Woche der Brüderlichkeit“ gehört zu ihrem Engagement. Sie vermittelt Kontakte zwischen jüdischen und christlichen Organisationen und ermöglicht zahlreiche Begegnungen, auch auf Bundesebene. Im Zweiten Vatikanischen Konzils habe die Katholische Kirche in der Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen „Nostra Aetate“ ihr Verhältnis zum Judentum neu bestimmt, rief der Bischof im Zusammenhang mit der Ehrung von Frau Strupp in Erinnerung. „Zu den unumstößlichen Aussagen des Konzils und der nachkonziliaren Zeit gehört die Verurteilung jeglicher Form von Antisemitismus und Antijudaismus.“ Mit dem Judentum seien die Christen durch ein gemeinsames geistliches Erbe verbunden, das ihre Beziehung einzigartig mache. Dieser tiefen Beziehung habe Frau Strupp jahrzehntelang gedient.

Die Kirche und das Engagement in ihr kennzeichnet laut dem Bischof auch die Biographie von Rosemarie Schöppner. Von 1968 bis 2003 war sie Mitglied des Pfarrgemeinderates, von 1991 bis 1995 Sprecherin dieses Gremiums. Mitglied im Verwaltungsrat ist sie seit 1971, wo sie sich hauptsächlich um die Belange des kirchlichen Kindergartens kümmert, ferner um die Bau- und Sanierungsmaßnahmen an der Pfarrkirche. Seit 1980 organisiert Frau Schöppner den Treff für Senioren der Pfarrgemeinde St. Goar, seit 1995 leitet sie ihn eigenverantwortlich. „Ihre Treue zur Kirche auch in turbulenten Zeiten ist bewundernswert und keineswegs selbstverständlich. Von Menschen wie Frau Schöppner lebt die Gemeinde vor Ort“, hob der Oberhirte hervor.

Gerhard Dehler schließlich habe die Jugendarbeit im Bistum entscheidend mitgeprägt. Seit 1962 ist er als Sakristan in der Pfarrei St. Elisabeth Lehnerz mitverantwortlich für die Vorbereitung der Liturgie. „Er opfert dafür einen großen Teil seiner freien Zeit und zeigt damit unverkennbar seine Liebe zur Liturgie der Kirche“, so der Bischof in seiner Würdigung. Seit 1997 ist Dehler Wallfahrtsleiter der traditionellen Fuldaer Walldürnwallfahrt, die seit dem Jahr 1706 besteht. Der Einsatz Dehlers bei der Organisation und Durchführung dieser großen Fußwallfahrt sei bei allen Pilgern hochgeschätzt. Kraft für die vielfältigen Aufgaben schöpfe Dehler aus seinem persönlichen tiefen Glauben, der schon in seiner Familie grundgelegt worden sei. „Es ist ihm ein Anliegen, diesen Glauben auch in der großen Gemeinschaft der Kirche mit anderen zu teilen und zu stärken“, betonte Bischof Algermissen.

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