Oberelsbach. Wer hat die schönste Wiese? Für die bayerische Rhön und ihr fränkisches Umland wurde diese Frage bei der zum zweiten Mal ausgetragenen „Rhöner Wiesenmeisterschaft“ beantwortet. 15 Landwirte bewarben sich mit ihren Grundstücken. Die Jury bewertete bei den Wiesen Farbenpracht, Arten- und Blütenreichtum sowie Wertschöpfung und Nachhaltigkeit. Sieger wurde übrigens ein Landwirt mit einer Wiese, die nicht in der Rhön liegt. Winfried Seuferts zwei Hektar große Feuchtwiese liegt im Nesselgrund in der Gemarkung Aub im Grabfeld. Sie überzeugte unter anderem mit 125 Pflanzenarten, die dort gefunden wurden. Er wurde wie die anderen Sieger während einer Feierstunde in der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön in Oberelsbach ausgezeichnet. Dr. Doris Pokorny, stellvertretende Leiterin der Verwaltungsstelle, würdigte in ihren Begrüßungsworten die Wiesen als „Arche Noah“, auf denen viele gefährdete Arten einen Rückzugsraum fänden. Voraussetzungen dafür seien eine extensive Bewirtschaftung der Wiesen mit nur einmaliger Mahd im Jahr und eventuell anschließender Beweidung.
In seiner Laudatio wies der stellvertretende Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt, Johann Giglhuber, auf die Bedeutung der Bewirtschaftung der Rhöner Flächen hin. „Die Wiesenmeisterschaft ist eine Nahaufnahme im Land der offenen Fernen“, sagte er und mahnte, den Blick nicht nur in die Weite, sondern auch auf die Schönheiten am Erdboden zu lenken. „Ohne den Menschen gäbe es keine Wiesen“, erklärte der Leiter der Verwaltungsstelle, Regierungsdirektor Michael Geier.
Für seinen ersten Platz erhielt Winfried Seufert einen Gutschein für ein Wellness-Wochenende für zwei Personen, gesponsert vom Rhön-Park-Hotel. Den zweiten Preis, einen Gutschein für einen Rundflug über die Wasserkuppe, gewann Arnold Wagner aus Oberelsbach. Den dritten Preis, zwei Konzertkarten für das Jubiläumskonzert des Bayerischen Kammerorchesters in Bad Brückenau, gestiftet vom Staatsbad, gab es zweimal. Gerd Frickel aus Ostheim und Josef Kolb aus Ginolfs waren erfolgreich.
Der diplomierte Landespfleger Peter Motz hat im Auftrag der Bayerischen Verwaltungsstelle für das Biosphärenreservat Rhön alle eingereichten Wiesen im Zeitraum von Ende April bis Ende Juni mit Fotos dokumentiert und Artenlisten erstellt. Insgesamt hatten sich elf landwirtschaftliche Betriebe beteiligt. Von den 15 eingereichten Wiesen liegen 14 im Landkreis Rhön-Grabfeld, eine Wiese liegt im Landkreis Bad Kissingen. Die Flächen liegen verteilt zwischen Brüchs, Unterweißenbrunn, Windheim und Aub. Die Größe reicht von 1 600 Quadratmetern bis 13 Hektar.
Die Wiesen repräsentieren die Rhön mit ihrer großen Standortvielfalt. Sie liegen zwischen 300 und 710 Höhenmetern auf Basalt, Buntsandstein, Muschelkalk oder Keuper und rangieren von trocken bis frisch/feucht sowie von nährstoffarm bis nährstoffreich. Insgesamt wachsen auf den 15 Wiesen 301 verschiedene Kräuter- und Gräserarten, 25 davon sind Pflanzenarten der so genannten Roten Liste. Diese Arten sind bayernweit, manche sogar bundesweit selten und/oder gefährdet – 62 Arten sind auf der Vorwarnliste; das bedeutet, dass ihr Bestand deutlich abgenommen hat.
Die Artenanzahl aller eingereichten Rhönwiesen ist überaus hoch – und damit auch die Vielfalt an Farben, Blühaspekten und Strukturen dieser Flächen. Alle sind landschaftlich sehr wertvoll und stellen neben ihrer Farbenpracht und botanischen Vielfalt einen Lebensraum für eine Vielzahl von Insekten, Amphibien, Reptilien und Vögeln dar. Aus den vielen schönen Wiesen die Preisträger auszuwählen war die schwierige Aufgabe der Jury, die sich aus Vertretern aus Landwirtschaft, Tourismus und Naturschutz zusammensetzte. Bewertungskriterien waren Schönheit (Blühaspekte, Farbenpracht), Vielfalt (Artenspektrum), Ausprägung, Struktur und Wiesencharakter.
Die Wiese, die den 3. Preis erzielt hat, liegt im Naturschutzgebiet „Trockenhänge bei Unsleben“ und wird von Gerd Frickel aus Ostheim bewirtschaftet. Die prämierte Wiese ist ein farbenprächtiger und reich strukturierter Halbtrockenrasen und sehr artenreich mit submediterranen und kontinentalen Arten sowie hohem Orchideenvorkommen. Auf ihr wurden 86 höhere Pflanzenarten gefunden; davon sieben Arten der „Roten Liste“ und 24 Arten der Vorwarnliste. Die 12 Hektar große Wiese von Josef Kolb liegt auf der Kalten Buche in der Gemarkung Weisbach. Sie ist eine sehr artenreiche Bergwiese mit überaus vielfältigen Blühaspekten und beherbergt 78 höhere Pflanzenarten, davon zwei Arten der „Roten Liste“ sowie neun Arten der Vorwarnliste. Sie hat eine herrliche Lage mit Blick auf den Kreuzberg, in die Rhön und ins Grabfeld.
Arnold Wagner bewirtschaftet die 4 200 Quadratmeter große Wiese, die in der Lage Oberholz, westlich der Kalten Buche, liegt. Die prämierte Wiese wird einmal im Jahr geschnitten, meist Mitte Juli. Eine Düngung unterbleibt. Sie ist eine herausragend schöne, bunte, farbenprächtige Bergwiese mit einer überaus vielfältigen Struktur. 94 höhere Pflanzenarten wurden hier dokumentiert, davon fünf Arten der „Roten Liste“ und zehn Arten der Vorwarnliste. Die prämierte Feuchtwiese von Winfried Seufert liegt im Talgrund des Sambachsgrabens und war früher einmal landwirtschaftlich genutzt. Die strukturreiche, von Gräben durchsetzte und mit Einzelbäumen bestandene Wiese bezeichnet Winfried Seufert selbst als „romantisch und abwechslungsreich“. Sie ist eine überaus artenreiche Feuchtwiese mit herausragend schöner Blütenpracht und bedeutenden Orchideenvorkommen mit 125 höheren Pflanzenarten, davon elf Arten der „Roten Liste“ und 17 Arten der Vorwarnliste.