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Katholiken feierten Fronleichnam – Predigt von Bischof Algermissen

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Fulda (bpf). Mit Gottesdiensten und, wo es das regnerische Wetter zuließ, Prozessionen feierten die Katholiken am Donnerstag das Fronleichnamsfest. Erstmals seit 15 Jahren konnte die große Fronleichnamsprozession in Fulda nicht stattfinden, sondern wegen des Regens schloß sich an das Pontifikalamt mit Bischof Heinz Josef Algermissen eine abgekürzte Prozession zum Dreikönigsaltar und zum Hochaltar innerhalb des überfüllten Fuldaer Domes an. Vor über 1.000 Gläubigen stellte der Fuldaer Oberhirte heraus, daß die Feier der Eucharistie „Mitte und Höhepunkt“ des ganzen kirchlichen Lebens sei. „Die Gewißheit im Glauben, daß der Herr leibhaftig gegenwärtig ist, bildet die innerste Mitte des eucharistischen Geheimnisses und bewegt uns zu jener Grundhaltung, die im Wort ‚Eucharistie’ selbst enthalten ist, nämlich die tiefster Dankbarkeit, die ihrerseits in die Verehrung und zur Anbetung führen muß.“ Aus der Feier der Eucharistie komme die Kirche wie von einer Quelle und werde auf die ewige himmlische Liturgie hingeführt, so der Bischof.

Die andauernd geringer werdende Zahl der an der Sonntagsmeßfeier Teilnehmenden sei darum ein deutliches Alarmsignal. Sie zeige einen Schwund des Glaubens und ein Erkalten der Liebe. Während deutschlandweit nur noch etwa 15 Prozent der Katholiken regelmäßig zum sonntäglichen Gottesdienst gingen, seien es im Bistum Fulda immerhin noch 19 Prozent. „Wir lassen Jesu Liebe unbeantwortet und müssen uns fragen, ob wir uns darüber klar sind, wie beleidigend das ist und wie undankbar wir uns damit verhalten, wenn wir ausbleiben und fehlen.“ Die bei dem Pontifikalamt anwesenden Gläubigen forderte der Oberhirte auf, unter ihren Mitchristen missionarisch zu wirken.

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Am Beginn seiner Predigt hatte Algermissen auf die vielen Zeugnisse der frühen Kirche hingewiesen, die zeigten, daß die Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistiefeier kennzeichnend war für die Christen. Bischof Ignatius von Antiochien wurde Anfang des 2. Jahrhunderts unter Kaiser Trajan (98-117) als Gefangener nach Rom gebracht. Auf der Fahrt dorthin schrieb er sieben Briefe an verschiedene Gemeinden, in denen er als zum Tod Verurteilter noch einmal Wesentliches zusammenfaßte. „In seinem berühmten Wort zur Eucharistie bezeichnet er diese als ‚Arznei der Unsterblichkeit’ – Christsein heißt, gemäß der sonntäglichen Eucharistie zu leben“, erinnerte der Bischof.

Die Christen der ersten drei Jahrhunderte hätten in der Zeit der Verfolgung verstanden, daß die Feier der Eucharistie am Sonntag zu ihrer Identität gehörte, da sie die Quelle war, aus der sie lebten. Hätten sie sich nicht regelmäßig getroffen, hätten sie sich laut Algermissen schon in den ersten Jahrhunderten als Kirche aufgelöst. „In dieser Feier wird gegenwärtig, was Jesus beim letzten Abendmahl sagte und tat, als er seinen Jüngern Brot und Kelch reichte und sprach: ‚Dies ist mein Leib für euch’ und ‚Dies ist mein Blut, das für euch vergossen wird’“, fuhr der Bischof fort weiter. Vom hl. Johannes Maria Vianney, dem Pfarrer von Ars, – den der Papst in wenigen Tagen,  zu Beginn des Priesterjahres am 19. Juni, den Priestern als Vorbild vorstelle – werde überliefert, er habe sich bei seinen in der Kirche stattfindenden Katechesen immer wieder umgedreht und zum Tabernakel hingewendet mit den Worten: „Vraiment, il est là!“ – „Wirklich, er ist da!“. Dies bezeichnete der Bischof als „ein schönes Zeugnis des Glaubens an die Gegenwart Jesu Christi in der Feier der Eucharistie und der Verehrung seiner bleibenden Gegenwart in der Kirche auch über die liturgische Feier der Eucharistie hinaus“.

090611_fronleichnam4Am Ende eines Prozesses des Fernbleibens von der sonntäglichen Eucharistie sei es soweit, daß der Glaube an Jesus Christus dem eigenen Leben weder Perspektive noch Inhalt oder Form geben könne, gab Bischof Algermissen zu bedenken. Darum dürfe man den Schwund bei der Mitfeier der Sonntagsmesse niemals „apathisch oder resigniert“ hinnehmen. Denn die Kirche sei im Kern Eucharistie und werde von ihr her immer wieder neu aufgebaut, wie es der unvergessen Papst Johannes Paul II. in seiner letzten Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ dargelegt habe. „In der Eucharistie gehen wir in das über, was wir empfangen: wir empfangen den Leib Christi, um immer deutlicher und glaubwürdiger Leib Christi in der Welt darzustellen und zu bilden.“

An dieser Stelle nun sei das Fronleichnamsfest als „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“ direkt berührt, stellte Algermissen klar. Man dürfe das im 13. Jahrhundert entstandene Fest nicht allein historisch betrachten, sondern seine Feier müsse positive Konsequenzen haben. Am Fronleichnamsfest feierten die Gläubigen den eucharistischen Herrn in der Öffentlichkeit, auch wenn dies an diesem verregneten Tag einmal nicht möglich sei. „Die Feier der Eucharistie muß im Alltag dieser Stadt eine Entsprechung finden“, forderte der Oberhirte. Die Haltung, die den Herrn bei der Einsetzung der Eucharistie im Abendmahlssaal beseelte, müsse auch die Christen beseelen. „Wir können das Geschenk des eucharistischen Brotes nur teilen, wenn wir auch das tägliche Brot und unser Leben in Freude und Hoffnung wie in Trauer und Angst sowie ihre Tränen zu teilen bereit sind. Wenn wir die Welt vor die Hunde gehen lassen, machen wir uns sündig am Leibe Christi!“ Innere Brüche gebe es auch in den Gemeinden. Man dürfe nicht nur Hochämter feiern, sondern die Lehre Jesu Christi müsse auch sozial Folgen für das eigene Leben haben. In diesem Zusammenhang betonte der Oberhirte die Notwendigkeit der Einheit in der Kirche und erinnerte daran, daß diese jüngst „lokal besudelt worden sei“ – ein deutlicher Hinweis auf die unerlaubte Kapellenweihe der traditionalistischen Piusbruderschaft.

Die selige Mutter Teresa von Kalkutta hatte die deutschen Katholiken 1978 in Freiburg gefragt: „Kennt ihr die Armen eurer Stadt?“ Diese Frage stellte der Bischof nun den im Dom versammelten Gläubigen, um auf die Situation armer Menschen auch in Fulda aufmerksam zu machen. Viele könnten materiell heutzutage „gar nicht genug bekommen“. Diese Menschen glaubten, so der Bischof, durch „gieriges Haben“ ihr Leben sichern zu können und suchten die einmal erreichten Besitzstände mit aller Macht zu wahren. „Dadurch ist auch in unserer Gesellschaft vieles so festgefahren; es bewegt sich kaum mehr etwas und läßt sich politisch auch kaum etwas bewegen.“ Dies gelte für politische wie kirchliche Gemeinden und Einrichtungen gleichermaßen. Solche „egoistische Erstarrung“ sei aber „Zeichen des Todes und nicht des Lebens“. Denn Leben entstehe aus Liebe und Teilen wie bei der Zellteilung. Nur wer sein Leben hingebe, werde es finden. „Die Hingabe des Herrn für uns Menschen und zu unserem Heil ist das Lebensmittel auf dem Weg unserer Pilgerschaft hin zum endgültigen Zuhause“, betonte Algermissen.

Die Christen gingen am Sonntag zur Feier der Hl. Eucharistie in die Kirche, die dazu geweiht sei, den Dienst Gottes an den Menschen zu ermöglichen. Sie verließen dann aber die Kirche wieder, um ihren „Menschendienst im Alltag“ neu zu beginnen. „Der Dienst Gottes an uns und der konsequente Dienst am Menschen unsererseits entsprechen einander, sind wie die beiden Brennpunkte einer Ellipse“, sagte Algermissen am Ende seiner Predigt.

Der Fuldaer Domchor unter Leitung von Domkapellmeister Franz-Peter Huber sang in dem Gottesdienst Chorsätze aus der „Missa in honorem Beatae Mariae Virginis de Loreto“ von V. Goller und von C. Franck sowie weitere Choräle im Wechsel mit der Gemeinde. Die Orgel spielte Domorganist Prof. Hans-Jürgen Kaiser.

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