Written by 0:10 Alle Nachrichten, Kultur & Unterhaltung, Topthema

Heimat- und Geschichtsverein Großentaft restauriert Fachwerkhaus aus dem Jahr 1721 – Aus baufälligem Hüttneranwesen wird kleines Museum

013-Geschichtsverein

Eiterfeld. Warm ist es in der „guten Stube“. Herbert Kohlmann (64), der Hauswart des kleinen Hüttneranwesens im Eiterfelder Ortsteil Großentaft, hat den Kanonenofen mit Holz und Kohle gut angeheizt. „Bollerofen“ nennt man hier diese Art von Öfen, weil man das Feuer bei geöffneter Luftklappe ordentlich prasseln hört, „bollern“ eben.

Eigentlich würde das Fachwerkhaus mit angebautem kleinen Stall und Scheune längst zusammengefallen sein, hätte sich der Heimat- und Geschichtsverein Großentaft nicht seiner angenommen, sagt Thomas Sondergeld (54), Vorsitzender des Vereins. Das Dach sei undicht gewesen und der eingedrungene Regen habe erhebliche Schäden im Inneren verursacht. Es wäre also nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der Abrissbagger hätte bestellt werden müssen.

Laut dem gefundenen Grundstein wurde das Haus im Jahre 1721 in Motzfeld bei Friedewald erbaut. Von dort sei es wohl nach Großentaft verkauft und auf dem bis dahin unbebauten Grundstück, direkt an der Durchgangsstraße von Hünfeld nach Treischfeld gegenüber der Kirche gelegen, wiedererrichtet worden, so Thomas Sondergeld. Im Jahre 1858 wird das Haus erstmals in den Unterlagen von Großentaft benannt. Laut Kaufvertrag erwarben es im Jahre 1862 Johann Adam Baumann und dessen Ehefrau Maria, geborene Kremer. Deren Tochter Afra heiratete Jakob Veltum. Bis 1988 wurde das Haus von „Lene“, so der Hausname von Mathilde Veltum, die unverheiratet war, bewohnt. Bis zum Jahre 2003 stand das kleinbäuerliche Anwesen, das der Gemeinde gehört, dann leer.

Das Haus verfallen zu lassen, wäre eine Schande gewesen, sind sich Herbert Kohlmann und Thomas Sondergeld einig. Mit Diplom-Ingenieurin Eva Kohlmann, die beim Landkreis Fulda für die Denkmalpflege verantwortlich ist, in Großentaft wohnt und Vorstandsmitglied des Heimat- und Geschichtsvereins ist, stand eine kompetente Fachfrau beratend zur Seite. Die notwendigen Sanierungsarbeiten seien sehr umfänglich und zeitintensiv gewesen, schildert Herbert Kohlmann, der von Beruf Schreiner ist. Einziger Wasseranschluss war die Kaltwasserleitung in der Küche, und als Toilette diente ein „Plumpsklo“ außerhalb.

Man habe zuerst das Dach erneuert und anschließend das Haus komplett entkernt. Soweit möglich seien die Lehmgefache mit den Staken und Geflechten erhalten worden, jedoch musste durch die eingedrungene Feuchtigkeit das meiste neu aufgebaut werden. Dabei sei die Firma Robert Kehl aus Geisa federführend gewesen, betont Thomas Sondergeld, der lobend die vielen fleißigen Helfer aus Großentaft erwähnt. Rund 2.000 Stunden Eigenleistung hätten diese erbracht. Balken hätten neu eingezogen werden müssen und Schwellenbalken seien erneuert worden. Denn der Zahn der Zeit hatte an dem auf Kalk-Bruchstein-Fundament stehenden Gebälk genagt. Neue Fenster wurden eingesetzt und eine alte Haustür aus einem abgerissenen Fachwerkhaus in der Rhön fachmännisch eingepasst.

Auch wenn es finanzielle Unterstützung durch den Denkmalschutz des Landes Hessen, den Landkreis Fulda, die Gemeinde Eiterfeld, die Sparkasse Hünfeld, die VR-Bank NordRhön und viele private Geld- und Sachspender gegeben habe, um die rund 30.000 Euro Kosten abzudecken, wäre das Projekt ohne Idealismus nicht zu stemmen gewesen, ist sich Herbert Kohlmann sicher. Man denke schon manchmal ans Aufhören, wenn man drei Wochen lang von sieben Uhr morgens bis acht Uhr abends schufte und das Ende nicht in Sicht sei. Und immer wieder stehen neue Arbeiten an, wie beispielsweise den Eingangsbereich fertig zu pflastern.

Heute ist das bäuerliche Anwesen ein schmuckes Fachwerkhaus und kleines Museum, in dem man sich darüber informieren kann, wie unsere Vorfahren gelebt haben. Außerdem hat der Heimat- und Geschichtsverein alte Gerätschaften gesammelt, wie eine Zentrifuge, Spinnrad oder Kaffeemühle. Kindergärten sowie die Grundschulen aus Großentaft und Eiterfeld waren bereits zu Besuch und sogar Eiterfelds Bürgermeister Hermann-Josef Scheich hat mit gemeindlichen Gremien schon in dem Hüttneranwesen getagt.

Überhaupt ist der Heimat- und Geschichtsverein mit seinen 39 Mitgliedern sehr rührig. Im Rahmen der Dorferneuerung wurde eine umfassende Ortschronik erstellt, Brauchtum und Dialekt werden gepflegt und es wird nach dem Ursprung von alten Worten und Begriffen geforscht. Geschichtlich und brauchtumsinteressierte Handwerker und Menschen sind jederzeit willkommen. Thomas Sondergeld in der Leibolzer Straße 2 in Großentaft steht Interessierten gerne für Fragen und Termine unter Telefon (06652)1277 zur Verfügung. (Text & Bild: Winfried Möller)

Visited 2 times, 1 visit(s) today
Close