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Modellprojekt „Seniorengerechte Lebensmittel“ – Beispiel für Theorie-/Praxistransfer in der Region Fulda

v.li. Markus Otto, Nadine Essel, Stefan Grimm, Prof. Dr. Joachim J. Schmitt, Hans-Karl Diederich und Michael Storch

Fulda. Brot ist ein wichtiges und gern gegessenes Lebensmittel in Einrichtungen der Altenpflege. Eine besondere Brotsorte ist Ziel des Projektes „Seniorengerechte Lebensmittel“, das vor einigen Monaten unter Beteiligung von Seniana in Osthessen gestartet wurde. Unter Regie der Hochschule Fulda, Fachbereich Lebensmitteltechnologie, geht es darum, ein Roggen-Weizenmischbrot ohne Rinde für ältere Menschen mit Kaubeschwerden und Ernährungsdefiziten zu entwickeln. Gefördert wird dieses Projekt im Rahmen von Hessen ModellProjekte aus Mitteln der LOEWE-Landesoffensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz.
Wie Professor Dr. Joachim J. Schmitt vom Fachbereich Lebensmitteltechnologie der Hochschule Fulda als Projektleiter betont, sind nach einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung knapp zwei Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner in stationären Altenpflegeeinrichtungen von Mangelernährung betroffen oder diesbezüglich gefährdet. Zudem können rund 50 Prozent der Heimbewohner die Brotkruste nicht essen, weil diese für sie zu hart ist. Sie wird daher vom Küchen- oder Pflegepersonal abgeschnitten und weggeworfen. Bei derzeit etwa einer Million Heimplätzen in Deutschland wäre daher ein Graubrot ohne Rinde – angereichert mit Mineralien und Ballaststoffen gegen Ernährungsdefizite und ausgestattet mit einer längeren Frischhaltung – ein großer Gewinn. Im Rahmen des Projektes „Seniorenfood“, so Professor Schmitt, gehe es nicht nur darum, ein Brot mit diesen Eigenschaften im Technikum zu entwickeln, sondern auch die Produktionsmöglichkeiten mit einem lokalen Bäcker sicherzustellen.

Ein fachlicher Anstoß aus der täglichen Praxis, sich intensiv mit dem Thema „Seniorenbrot“ zu beschäftigen, kam von der Seniorenresidenz Seniana mit Küchenchef Stefan Grimm. „Ein solches Alltagsprodukt, das qualitativ auf die Ernährungsbedürfnisse von älteren Menschen zugeschnitten ist, wird sehr stark benötigt“, sagt Stefan Grimm als Ansprechpartner in der Hünfelder Seniorenresidenz. Mediana/Seniana-Geschäftsführer Hans-Karl Diederich gibt zu bedenken: „In unseren Einrichtungen muss die Brotrinde täglich kiloweise abgeschnitten und weggeworfen werden, was wir möglichst schnell vermeiden wollen.“ Zudem seien ein hoher Nährwert, eine gute Verdaulichkeit und eine gute Konsistenz wichtige Kriterien für das zu entwickelnde Brot. Diederich: „Wir wollen es dann in unseren Häusern verwenden, wobei dieses Lebensmittel auch ein breites Interesse gerade im Bereich der Altenpflege finden kann.“
Die Anregung, aus dem Anliegen ein Projekt zu machen, kam von Marco Ziegler, Technologietransfer-Berater des Technologie-Transfer-Netzwerks (TTN) an der Industrie- und Handelskammer Fulda. Neben der zukunftsweisenden Zielsetzung ging es auch darum, Forschungsgelder für die heimische Region zu sichern und die passenden Leute an einen Tisch zu holen. Dazu gehört außer dem Fachbereich Lebensmitteltechnologie der Hochschule Fulda und der Seniorenresidenz von Seniana auch die Bäckerei Storch (Künzell), die alle Seniana-Einrichtungen in Hünfeld mit Backwaren beliefert. Mit den Förder-Rahmenbedingungen des bis 2014 terminierten Projekts wurden die Partner durch Nadine Essel von der HA Hessen Agentur Wiesbaden vertraut gemacht.

Wie Markus Otto, Projektkoordinator von Seniana, erläutert, fungiert das Lebensmittellabor der Hochschule als Entwicklungsort für das neue Brot. Dort wird unter Professor Schmitts Leitung von Studenten erforscht und ausprobiert, welche Nährstoffe, welche Konsistenz und welcher Geschmack für dieses seniorengerechte Lebensmittel am besten sind. Während der Umfang des im Technikum Gebackenen klein ist, ermittelt Bäckermeister Michael Storch in seiner Backstube dann praktisch, ob sich das „Forschungsbrot“ für eine Mengenproduktion und den Verkauf eignet. „Wie es bei der Zielgruppe ankommt, wird anschließend in der Seniorenresidenz Seniana durch Verkostungen getestet“, erklärt Otto weiter: Testpersonen aus der Bewohnerschaft begutachten das neue Brot und füllen dazu von Studenten erstellte Fragebögen aus, die anschließend in der Hochschule ausgewertet werden. Hierzu ergehen in Kürze auch Informationen mit detaillierten Ablaufskizzen an die Bewohnerinnen und Bewohner der Seniorenresidenz Seniana. Geplant ist, die Ergebnisse dann (wieder) im Hochschullabor umzusetzen, so dass bei der skizzierten Arbeit am neuen Brot der nächste Durchgang beginnt. Auf diese Weise gelingt es dem Forschungsteam, die Bedürfnisse der Menschen direkt in die Forschungsarbeit einzubinden.

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