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Im Landkreis gibt es etwa 600 Rassegeflügelzüchter – Eberhard Klüber aus Wendershausen ist Vorsitzender des Kreisverbands Fulda/Rhön

Tann-Wendershausen. „Ob Huhn oder Ei zuerst da war, haben wir zwar auch nicht lösen können“, sagt Eberhard Klüber schmunzelnd, aber philosophische Betrachtungen gehören für den Vorsitzenden des Kreisverbands Fulda /Rhön der Rassegeflügelzüchter durchaus zu seinem Hobby. Seit 1997 ist der Wendershäuser Kreisverbandsvorsitzender, seit 1999 zudem Vorsitzender des Kleintierzuchtvereins K 103 Tann (Rhön), seit 24 Jahren Preisrichter für alle Taubenrassen und Zwerghühner und außerdem bundesweit Zuchtwart beim rund tausend Mitglieder zählenden Sonderverein Thüringer Farbentauben.

Wahrgenommen werden die Zuchtvereine in der Öffentlichkeit vor allem mit ihren regelmäßig in den Wintermonaten ausgerichteten Ausstellungen samt Prämierungen, doch ausgerechnet diese sind laut Klüber eigentlich Nebensache. Seine bei internationalen Vergleichen errungenen Europabänder fristen ein Kistendasein, während an den Wohnungswänden gemalte Portraits seiner Lieblingstauben hängen. Trotzdem freut er sich natürlich, dass die Züchter aus dem Kreisverband auf der jüngsten Europaschau in Leipzig sehr erfolgreich waren: „Allein fünf Europameister bei den Tauben und Hühnern kamen aus dem Ulstertal.“

Mitglied im Tanner Kleintierzuchtverein ist Klüber seit Kindertagen, jedoch waren es früher Brieftauben, die er züchtete. Mittlerweile hat der Zollbeamte sich auf Farbentauben spezialisiert. Begeistert schwärmt er vom Farbspiel des Gefieders, das je nach Licht unterschiedlich schimmert und glänzt. Thüringer Weißlätze und Thüringer Weißköpfe hält er in fünf Schlägen seines Elternhauses in Lahrbach, zeitweise 200 Tiere, derzeit etwa 130, die im Laufe des Winters auf 55 Paare reduziert werden sollen.

„Reduzieren“ bedeutet zum einen tauschen und verkaufen. Nach einer Europa-Schau in Tschechien gingen blaue Thüringer Brüster sogar an arabische Scheichs, die deren Vertreter persönlich in Wendershausen abholten.

„Reduzieren“ bedeutet aber auch schlachten: „Das Fleisch der freilaufenden und freifliegenden Tiere schmeckt, genau wie deren Eier, unvergleichlich gut“, betont Eberhard Klüber und ist damit bei einem Thema, das ihn erzürnt: „Im Gegensatz zur Wirtschaftsgeflügelhaltung achten wir auf artgerechte Haltung unserer Tiere. Doch während sich kaum jemand wirklich um die Bedingungen der Massentierhaltung Gedanken macht, bekommen wir Vorwürfe zu hören, weil wir Tieren Hauben oder Fußfedern anzüchten.“ Seit etwa 15 Jahren werde verstärkt darauf geachtet, beeinträchtigende Übertypisierungen zu vermeiden, sodass er sicher sei, dass es keinem Geflügel besser gehe als Rassegeflügel in Züchterhand. “Wir praktizieren Umweltschutz, Naturschutz, Artenschutz und Tierschutz“, sagt er und nennt als Beispiele Leo Happel vom Kleintierzuchtverein Wüstensachsen und Andrea Eberhart sowie Markus Bals vom Tanner Verein. Die drei züchten Cröllwitzer Puten beziehungsweise Eulenbarthühner sowie Deutsche Sperber und tragen so zum Erhalt dieser vom Aussterben bedrohten alten Hautierrasse bei.

Trotz seines zeitraubenden Pendlerjobs auf dem Frankfurter Flughafen verbringt Klüber in seiner Freizeit etwa zwei bis drei Stunden täglich bei seinen gefiederten Lieblingen, „ohne Handy“, wie er ergänzt. Beim Füttern, Schlag reinigen und Tiere putzen kann der verheiratete Vater zweier erwachsener Kinder entspannen. Krankheiten kuriert er mit natürlichen Mitteln, auch wenn es aufwändiger ist, Kräutertee zu kochen als schnell ein paar Pillen zu verabreichen.

Dieses Verantwortungsbewusstsein gepaart mit Geduld möchte er auch den jugendlichen Vereinsmitgliedern vermitteln. Im Tanner Kleintierzuchtverein ist er mit 57 Jahren ältestes Vorstandsmitglied; zwölf Kinder und Jugendliche befinden sich unter den 50 Züchtern. „Bei Kreisverbandssitzungen dagegen bin ich einer der Jüngsten“, resümiert er. Der Kreisverband Fulda/Rhön zählt 25 Vereine mit insgesamt etwa 600 Mitgliedern. Alle haben mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Die Ursachen dafür liegen nach Klübers Ansicht vor allem an den eingeschränkten Haltungsmöglichkeiten von Tieren in den zunehmenden reinen Wohngebieten. Auf dem Land dagegen gebe es zahlreiche junge Aktive, die dann jedoch während oder nach ihrer Ausbildung oft wegzögen und darum die Kleintierzucht aufgäben.

Das findet Klüber schade, denn für ihn besitzt das Hobby gesellschaftlichen Wert. Zum einen wirke es der Entfremdung von der Natur entgegen: „Wir modernen Menschen wissen, dass alles einen Anfang hat, aber das Ende verdrängen wir gerne.“ Zum anderen fördere es  Verantwortungsbewusstsein. Ob vor allem fürsorgliche Menschen sich für die Kleintierzucht interessieren oder ob die Beschäftigung sie zu solchen prägt, führt zurück zu der Frage nach dem Huhn und dem Ei.

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