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Das Leben des Menschen liegt in Gottes Hand – Silvestergottesdienst im vollbesetzten Fuldaer Dom

Fulda (bpf). „Wer sich der Wahrheit über den Menschen im Leben und Sterben stellt, der ist immun gegenüber den Verheißungen von Selbsterlösung und dem Sirenengesang des Wellness-Betriebs.“ Dies hob der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen in seiner Silvesterpredigt hervor, die Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez am Montagabend im vollbesetzten Hohen Dom zum Vortrag brachte. Der Weihbischof hielt anstelle des Oberhirten, der wegen eines schweren Krankheitsfalls in seiner Familie verhindert war, das Pontifikalamt zum Jahresschluss.

Das Geschaffene könne nur der Weg des Menschen zu Gott, keineswegs aber das Ziel des Menschen sein, so der Text Algermissens weiter. Der Nihilismus trete hervor wie ein Gespenst, „das sich in einem lebensmüden Europa umhertreibt“, welches mehr mit der Rettung des Euro als mit seinen jüdisch-christlichen Grundlagen beschäftigt sei. „Im Gegensatz zum Atheismus ist der Glaubende zur Welt hin offen. Die Schönheit der Natur, das Faszinierende auch in jeder menschlichen Biographie ist nicht der falsche Schein des Lichts, sondern der Glanz, der vom menschgewordenen Wort Gottes herkommt.“ Wer sein Leben in der Tiefe bedenke, der erfahre im Glauben an Gott, dass hinter der Welt der Erscheinungen das Sein Gottes, seine Wahrheit und Güte stünden. Der Mensch schwebe nicht über dem leeren Abgrund, der ihn am Ende verschlinge. „Unser Leben liegt vielmehr in Gottes Hand. Gottes Geschöpf zu sein, ist etwas grenzenlos Positives, das aller Negativität standhält.“

Der Silvesterabend vertrage keine oberflächliche Vertröstung, sondern verlange nach grundsätzlicher Vergewisserung im Glauben, damit man auf dem Weg durch das neue Jahr Halt und Orientierung finde, hieß es am Beginn der Predigt des Oberhirten. „Jeder muss diese Welt und alles, was ihm lieb ist, einmal zurücklassen.“ Auch das lauteste Feuerwerk in dieser Nacht könne nicht die Stimme übertönen, die einem sage, dass das eigene Leben bedingt und vergänglich und die Zukunft ungewiss sei. „Die Wende in dem menschlich betrachtet immer aussichtslosen Kampf zwischen Leben und Tod hat der herbeigeführt, der sich in Jesus Christus als Schöpfer der Welt, als Erlöser und Retter des Menschen geoffenbart hat. Die Stunde, da der ewige Gott in diese Welt und unser Leben gekommen ist, markiert für uns den Angelpunkt der gesamten Menschheitsgeschichte.“

Als einzige Macht, die dem Tod gewachsen sei, bezeichnete Algermissen die Liebe Christi. Sie gebe Orientierung in der Zeit und Perspektive hinein in die Ewigkeit. Daher würden Christen auch nicht zynisch oder halten die Endlichkeit nur heroisch aus. „Wir flüchten auch nicht in einen Rausch von Genuss und Konsum, der die Angst vor dem Nichts überdröhnt und das Leben trivialisiert.“ Als seine eigene Lebensmaxime stellte Bischof Algermissen Gottvertrauen, tätige Nächstenliebe und Gelassenheit in den Mittelpunkt. „Der an Jesus Christus Glaubende begreift seine Talente als Gaben Gottes.“ Er erfülle seine täglichen Aufgaben und Pflichten gegenüber Gott und dem Nächsten und trage die „Widrigkeiten des irdischen Weges und die Bosheiten von Zeitgenossen“ in unerschütterlicher Gewissheit, dass Gott ihm beistehe.

Die Kirche bleibe der Welt die Botschaft vom Sieg des Lebens über Sünde und Tod, über den Hass auf Gott und die Verachtung des Menschen nicht schuldig, trug Weihbischof Diez weiter vor. „Auch unter den erschwerten Bedingungen der Verweltlichung dieser Zeit und eines Denkens und Verhaltens ‚als ob es Gott nicht gäbe’, das auch viele Christen prägt, die sich der Bedeutung des Glaubens an Gott und seiner Liebe nicht mehr recht klar sind, muss dennoch das Evangelium in seiner ganzen Fülle und Konsequenz verkündet und gelebt werden.“ Man dürfe es nicht wie ein Parteiprogramm der Wählergunst ausliefern oder „wie ein verwelktes Herbstblatt im Meinungswind des Zeitgeistes hin und her treiben lassen“.

In der großen geistigen Auseinandersetzung, die auch im Bistum Fulda wie überall geführt werde, gehe es nicht um Nebensächlichkeiten und selbst ernannte Erlöser, so Algermissens Text weiter. Es gehe vielmehr darum, dass es im Widerstreit von Tod und Leben nur einen Sieger geben könne. „Das ist die Botschaft des Christentums, die die Kirche trägt und uns allen tagtäglich Kraft und Zuversicht gibt: das Evangelium vom Sieg Christi über den Tod und die Erfüllung unserer Hoffnung in der Auferstehung und im ewigen Leben.“ Mit dem Heiland und Erlöser Jesus Christus verbunden, sei die Zeit des menschlichen Lebens keine diffuse Addition von im Grunde sinnlosen Tagen, vielmehr ahne sie schon jetzt etwas vom „großen Atem der Ewigkeit“.

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