Written by 0:08 Alle Nachrichten, Politik & Wirtschaft, Topthema

Fulda im Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung führend – Vorlese-Aktion im Vonderau Museum

Fulda. In der gut besetzten Kapelle des Vonderau Museums rundete das Team von LebKom e.V. (Lebendige Kommunikation mit Frauen in ihren Kulturen), Fulda unter Leitung von Ulrike Niewerth am 11.Dezember mit der 25. Lesung die bundesweite Vorlese-Aktion,  „WÜSTENBLUME muss nicht sein – MOSOCHO und der WANDEL“, ab. Schirmherrin des Events war Hildegard Hast, seit 22 Jahren Frauenbeauftragte der Stadt Fulda.

Auch an diesem Abend gelang mit der innovativen Vorlese-Aktion, einen lebendigen Einblick zu geben,  wie wirksamer Schutz für Mädchen und Frauen in Afrika vor weiblicher Genitalverstümmelung durch Entwicklungszusammenarbeit möglich ist. So konnte der verbreiteten Ansicht, man / frau könne gegen die jahrtausendealte grausame Sitte, von der weltweit 150 Millionen Mädchen betroffen sind, ohnehin nichts tun, entgegengewirkt, und gezeigt werden, wie sehr sich Einsatz und Unterstützung lohnt.

Überzeugt und berührt haben die zahlreichen Anwesenden die perspektivvollen biographischen Kurztexte von kenianischen Müttern, Vätern, Lehrern und ehemalige Beschneiderinnen, die im Rahmen der Vorlese-Aktion zu Wort gekommen sind. Diese haben als Aktive und Betroffene im FULDA-MOSOCHO-PROJEKT  den Wandel seit seinen Anfängen miterlebt und mitgestaltet.

Gelesen wurden die authentische Berichte von Bürgern und Bürgerinnen aus Fulda und Hamburg, von Ute Kohl (Pfarrerin), Renate Reuter-Petri (Lehrerin), Theo Sauer (Chorleiter von Inspiration), Abdulkerim Demir (Ausländerbeirat). Abschließend zitierte Claudia Wegener aus ihren Tagebuchaufzeichnungen aus den Anfangsjahren des Fulda-mosocho-projekts. Wegener ist die erste Anti FGM-Kraft, die von Deutschland in 2002 auf Einladung der AfrikanerInnen nach Afrika entsandt worden ist.

Auf die Männer komme es an

Die Frauenbeauftragte Hildegard Hast machte in ihrem einleitenden Statement deutlich, dass UNICEF bei seinen Recherchen in 28 afrikanischen Ländern in den Ländern – Ägypten, Äthiopien, Senegal, Sudan und in Kenia – auf ermutigende Entwicklungen gestoßen ist. Mit Bezug auf die 5-Länder-Studie von UNICEF machte sie deutlich, dass diese erfolgen, wenn Männer sich in den Kampf einklinken. Wenn Männer bereit seien, unbeschnittene Frauen zu heiraten, verändere sich die Situation der Mädchen und Frauen. Je erfolgreicher gelingt, Männer von Anfang an systematisch und strukturiert in die Projektarbeit einzubeziehen, desto größer der Erfolg. Das zeige das FULDA-MOSOCHO-PROJEKT.

In Mosocho konnte – dies ergänzte Ulrike Niewerth aus der Studie – von 2002 – 2004 die Beschneidungsrate von 98% auf unter 30% gesenkt werden, somit in nur drei Jahren Tausende von Mädchen gerettet werden, weil ihre Familien sich für die neue Kultur entschieden, in der die Klitoris nunmehr ihren Platz habe.

Überraschungsgast: Prof. Dr. Muthgard Hinkelmann-Toewe, Initiatorin des FULDA-MOSOCHO-PROJEKTS,

„Es war mir ein großes Bedürfnis, bei dieser Veranstaltung dabei zu sein“ – so die Wissenschaftlerin, die das CENTER for PROFS leitet. „Der Arbeit, die wir von Fulda aus leisten, kommt national und international immer größere Bedeutung zu. Das“ so die Professorin weiter, „liegt allein schon daran, das in unserer Arbeit der männliche Part die Hauptzielgruppe ist.

Und das Können der Fachkräfte aus Fulda, die im Wert-Zentrierten Ansatz qualifiziert sind, besteht darin, diejenigen, die das Sagen haben, dafür zu begeistern, ihre Macht ab jetzt für das neue Ziel – eine Kultur mit Klitoris – einzusetzen – ein Prozess, der allen Beteiligten Geduld und Kraft abverlangt.“

Weiteres Highlight des Abends …

… war die Anwesenheit der Klasse 12 FOG (Fachoberschule, Bereich „Gestaltung“) der Ferdinand-Braun-Schule gemeinsam mit ihrem Lehrerteam Kohl, Sander, Schmitt, das für das FULDA-MOSOCHO-PROJEKT den Kalender 2013, „Jedes gerettete Kind ist ein Zeichen der Hoffnung für die Welt“, gestaltet hat, der auf viel Resonanz stößt und wie beabsichtigt, Freude auslöst.

Eine Lebkom-Ehrenamtliche aus Bad Hersfeld, Helga Ködding, hat als Dank für jedes Klassenmitglied und für die Lehrkräfte ein Knusperhäuschen in Form eines kenianischen Lehmhomes  gefertigt, als Zeichen für „ein sicheres Zuhause“. Denn die jungen Leute hoffen, dass durch den Verkauf ihres Kalenders (für 7,50 € über LebKom erhältlich) Beträge zusammenkommen, die möglich machen, dass in den Nachbarregionen von Mosocho – Marani und Kisii South, die die Zusammenarbeit mit dem FULDA-MOSOCHO-PROJEKT dringend wollen und brauchen – für viele Mädchen ein sicheres Zuhause entsteht, in dem das grausame Ritual keinen Platz mehr hat.

Seminar für Ehrenamtliche mit bundesweiter Wirkung

Die Idee zu der bundesweiten Vorlese-Aktion, bei der jede/r mitmachen und sich einsetzen, und für die kommunale Politiker / Bürgermeister / Schauspieler / Radiosprecher u.v.m. gewonnen werden konnten, ist im Sommer auf einem Seminar für Ehrenamtliche in Kleinsassen, durchgeführt von LebKom e.V., geboren worden.

Von Mitte Oktober an wurden von Ehrenamtlichen in Hamburg, über München bis Bonn und Berlin 25 Veranstaltungen mit großem Erfolg durchgeführt. Da die Resonanz alle Erwartungen übertroffen hat, soll die entwicklungspolitische Vorlese-Aktion im kommenden Jahr wiederholt werden.

Anja Baierlein von LebKom fasst zusammen: „Schon jetzt haben etliche angefragt, ob sie 2013 in ihrer Heimat eine Lesung auf die Beine stellen können. Dutzende sind motiviert, Überzeugungsarbeit zu leisten, dass Fachkräfte aus Deutschland / Fulda das leisten können, was UNICEF in der Studie fordert: die Abschaffung der weiblichen Genitalverstümmelung rapide zu beschleunigen. Diese Fachkräfte sind das Rückgrat für den außerordentlichen Erfolg in Kenia à von der Studie wird das

FULDA-MOSOCHO-PROJEKT als das erfolgreichste in ganz Kenia ausgewiesen. “

Dies‘ hat auch die Atmosphäre des rundum gelungenen Abends unterstrichen, wie die Rückmeldungen vieler Anwesender spiegeln: ein perspektivvoller Abend, der viele Impulse, Denkanstöße und ganz neue Perspektiven gebracht hat.

Visited 1 times, 1 visit(s) today
Close