Schlüchtern. Das 9-jährige “Sorgenkind Maria” hat ihre vorerst letzte Operation gut überstanden und könnte mit ihrer Familie zurück in die Heimat nach Gheorgheni/Rumänien. Was wie ein Happy-End klingt, ist aber noch nicht das letzte Kapitel der leidvollen Geschichte. Maria Sandor kann nämlich nicht in die elenden Lebensbedingungen der Roma-Siedlung zurückkehren, da das Risiko viel zu groß ist, sich dort wieder mit gefährlichen Krankheitserregern zu infizieren. Die miserablen hygienischen Bedingungen sind für ihr nach wie vor geschwächtes Immunsystem eine große Gefahr. Der letzten Schritt in eine neue, bessere Zukunft: ein neues Zuhause für die Familie, menschenwürdig und mit hygienisch guten Bedingungen. Das Vollmerzer Hilfswerk “Das kunterbunte Kinderzelt” möchte das ermöglichen und bitte um Spendenunterstützung.
Zur Erinnerung:
Maria litt an einem lebensbedrohlichen Darmverschluss, verschiedenen Infektionen im Bauchraum und hatte mehrere Abszesse. Sie war in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand und mit einem Körpergewicht von unter 14 Kilogramm. Nachdem sie die rumänischen Ärzte aufgegeben und ihr den Tod vorausgesagt hatten, flog sie das Kunterbunte Kinderzelt am 31. Nobember 2011 nach Deutschland aus, wo sie im Uniklinikum Marburg intensiv behandelt wurde und mehrere schwere Operationen tapfer überstand. Pünktlich zu Weihnachten letzten Jahres bekamen alle Beteiligten die frohe Botschaft, dass Maria außer Lebensgefahr sei.
Ihren 9. und ersten Geburtstag im neuen Leben konnte Maria im Klinikum Marburg zusammen mit ihren Eltern Gisella und Janosch Sandor und vor allem mit ihrem heiß geliebten Zwillingsbruder David feiern. Ein totgeweihtes kleines Mädchen kann Geburtstag feiern, da kullerten bei allen Beteiligten die Freudentränen. Ein neues Leben als Geschenk für Maria, das die Spenden ermöglicht haben, die der Verein “Das kunterbunte Kinderzelt” von zahlreichen Förderern erhalten hatte. Im März 2012 wurde Maria aus der Uniklinik mit einem künstlichen Darmausgang entlassen. Um sich von den Strapazen der Operationen erholen zu können, lebte sie erstmal mit ihrer Familie in Schlüchtern. Für die professionelle Versorgung bot sich Yalcin Mat an, der die MOBIL Häusliche Kranken- und Altenpflege in Schlüchtern, Bahnhofstr. 12, betreibt. Er und sein Team kümmerten sich über ein halbes Jahr lang um die kleine Patentin. 2 Mal täglich versorgten sie die OP-Stelle und den künstlichen Ausgang – und alles kostenfrei.
Mit Herz bei der Arbeit zu sein und sich mehr Zeit bei den Betreuten zu lassen, sei die Geschäftsphilosophie seines Pflegedienstes. “Es ist eine menschliche Pflicht, die Hand zu reichen und fachlich zu helfen,” sieht Yalcin Mat, der auch Vater ist, sein Engagement. Bei einer mehrstündigen Operation wurde kürzlich Maria’s Darm wieder hergestellt, sodass das lebensfrohe Mädchen zukünftig ein ganz normales Leben leben kann. Im Projekt “Sorgenkinder” kümmert sich der Verein “Das kunterbunte Kinderzelt” um Kinder, die besondere medizinische Hilfe benötigen. Es werden Hilfsmittel wie Prothesen oder Rollstühle besorgt, Untersuchungen und Medikamente sowie Operationen finanziert. Wenn eine Behandlung in Rumänien aufgrund der Schwere einer Erkrankung nicht mehr möglich ist, holt das Kinderzelt diese Kinder nach Deutschland, um sie hier entsprechend behandeln zu lassen. Bisher musste erst einmal ein vergleichbar dringender Rettungsflug organisiert werden. “Rettung in letzter Sekunde” war es bei dem damals 2-jährigen Roland Kalusi, der an einem Lymphangion (angeborene tumorartige Missbildung im Halsbereich und Brustkorb) litt. Auch er war von den rumänischen Ärzten aufgegeben worden. Am 11. Juni 2009 verlor Roland im Wartezimmer eines Arztes, bei dem er wegen einer Erkältung behandelt wurde, aufgrund eines akuten Atemstillstandes das Bewusstsein.
Glücklicherweise hat der Arzt ihn intubiert und per Hubschrauber in das nächste Kreiskrankenhaus fliegen lassen. Laut Diagnose der rumänischen Ärzte hatte sich das Lymphangiom zu einer Lungenentzündung entwickelt, und war so stark angeschwollen, dass es die Luftröhre abdrückte. Auf der Intensivstation des Kreiskrankenhauses Targu Mures wurde Roland in ein künstliches Koma versetzt, ohne Aussicht auf adäquate Behandlung. Da ihm die rumänischen Ärzte nur noch wenige Tage zu leben gaben, holte ihn das Kinderzelt mit einer Flugambulanz nach Deutschland, und deckte die Kosten im Nachhinein mit einem Spendenaufruf ab.
Im Uniklinikum Marburg wurde Roland am 26. Juni ein Teil des Lymphangioms operativ entfernt, um den Druck von den Atemwegen und der Halsschlagader zu nehmen. Die Beteiligten erinnern sich noch an die lange Zeit des Wartens, Bangens und Hoffens, denn Roland wachte zunächst nicht aus dem Koma auf. Aber dann erholte er sich zur Freude aller schnell und konnte die Intensivstation verlassen. Nach einem Rehaaufenthalt erfolgte 8. September 2009 eine zweite Operation. Das im Brustkorb verbliebene monströse Lymphangiom schlang sich wie eine Krake um alle lebenswichtigen Gefäße und verdrängte auch große Teile des rechten Lungenflügels. In einer 10-stündigen Operation leistete das Ärzte-Team großartige Arbeit. Ja, nach über vier Monaten konnte “Rolli” wieder nach Hause und kommt seitdem jährlich zu Kontrolluntersuchungen. Beide Sorgenkinder, die eigentlich keine mehr sind, sind eine Erfolgsgeschichte der Hilfswerkes, das sich “Freude bereiten – Not begegnen” auf die Fahnen geschrieben hat. Seit Januar 2004 gibt es den gemeinnützig anerkannten Verein “Das kunterbunte Kinderzelt e.V.”.
www.daskunterbuntekinderzelt.de
www.rette-ein-leben.de
Telefon: (06664) 911 02 88
Spendenkonto: Kreissparkasse Schlüchtern Kto-Nr. 88888 (BLZ 530 513 96).
HINTERGRUND
Außerhalb von Gheorgheni/ Rumänien lebte Maria in einer Romasiedlung. Die meisten der Hütten sind nur zusammengenagelte Bretter – weder regen- noch wetterfest. Die wenigsten verfügen über einen Stromanschluss und auch sanitäre Anlagen gibt es nicht. Aus einer Wasserstelle zapfen 300 Menschen ihr Wasser für den täglichen Gebrauch. Viele Roma sind Analphabeten, leben ohne festes Einkommen am Rande der Gesellschaft und kämpfen um ihr tägliches Überleben. Kinder werden nur dann registriert und erhalten eine Geburtsurkunde, wenn sie in einem Krankenhaus geboren werden, was so gut wie nie der Fall ist. Ohne Geburtsurkunde gibt es keinen Pass und ohne Pass existiert das Kind für die rumänischen Behörden nicht. Auch Maria hatte keine Ausweispapiere. Vermutlich litt Maria schon seit dem Kleinkindalter an ihrer Krankheit, aber die Eltern hatten keine finanziellen Möglichkeiten, ihre Beschwerden ärztlich abklären zu lassen. Ständigen Bauchschmerzen und häufige Durchfälle machten ein normales Leben unmöglich – auch einen Schulbesuch. Die medizinische Versorgung in Rumänien ist mit der deutschen nicht vergleichbar und insbesondere den Romas werden aufwendige oder teure Diagnosen oder Behandlungsmethoden häufig verwehrt.
Foto:
Der Vorsitzende des Vereins “Das kunterbunte Kinderzelt”, Bernd Druschel mit seinen totgesagten und jetzt geheilten Sorgenkindern Maria Sandor und Roland Kalusi.