Fulda. Weichei? Nasenduscher? Auf jeden Fall ein klasse Schriftsteller – und Vorleser. Zeno Diegelmann alias Tim Boltz las Donnerstagabend aus dem Leben von Robert Süßemilch – und zwar im vollbesetzten Trend House Fulda.
Leselampe, Mischpult, zwei Boxen, ein iPhone (mit dem Intro und Pausenmusik eingespielt werden), zwei Bücher, ein Fläschchen Mineralwasser und ein Manuskript – es geht recht puristisch zu bei der Lesung von Zeno Diegelmann am Donnerstagabend im Trend House Fulda. Rund 150 Gäste fanden den Weg zu dem exklusiven Einrichter in der Textilfabrik. „Wer noch keinen Platz gefunden hat: Stühle haben wir genug“, begrüßte Trend-House-Geschäftsführer Thomas Loetters freudig amüsiert angesichts der großen Resonanz. Autor Zeno Diegelmann freute sich nicht nur vor vollem Haus, sondern auch vor bekannten Gesichtern zu lesen.
Und dann ging es auch gleich los: Vom „Weichei“ hat sich sein Protagonist Robert Süßemilch in den gleichnamigen Büchern mittlerweile zum „Nasenduscher“ entwickelt – und beschreibt dann detailiert die skurrilsten „Alltags“-Situationen, Erlebnisse und Geschehnisse. Mucksmäuschenstill war es während der Lesung: Denn Diegelmann ist nicht nur erfolgreicher Autor, sondern auch ein begnadeter Vorleser – der es versteht, das Publikum mit gekonnt eingesetzter Betonung und entsprechender begleitender Mimik und Gestik in seinen Bann zu ziehen und geradezu an seinen Lippen kleben zu lassen.
Zur Geschichte: Bereits in Weichei, dem Vorgänger-Roman von Tim Boltz (alias Zeno Diegelmann), tappte Protagonist Robert Süßemilch von einem Fettnäpfchen in ein noch Größeres. Nach allerlei unglaublichen, demütigenden aber vor allem skurrilen Erfahrungen, hat das ehemalige Weichei nun endlich sein Liebesglück gefunden. Doch neue Herausforderungen und Abenteuer warten auf ihn: Zum ersten Mal im Leben leidet er unter einer Pollenallergie. Als alle Versuche, den Frühblütern zu entkommen, scheitern, und auch die tägliche Nasendusche nur kurzfristige Erleichterung bringt, bucht er eine Last-Minute-Kreuzfahrt von Miami zu den Bahamas. Die hohe See ist garantiert pollenfreie Zone. Dummerweise muss seine Freundin Jana auf Geschäftsreise, weshalb sich Robert allein um den schwulen Kater von Janas Chef kümmern muss. Sollte dies etwa das vorzeitige Ende der Kreuzfahrt und Roberts pollenfreier Atemluft sein? Zumal an Bord natürlich keine Haustiere erlaubt sind – es sei denn, man ist blind und hat eine Katze als „Führtier“.
Robert lässt sich auf das gewagte Spiel ein und reist im wahrsten Sinne des Wortes als blinder Passagier. Auf dem Schiff angekommen, stellt er fest, dass das Vorurteil, Kreuzfahrten seien nur was für alte Leute, stimmt, und allein der Gang zum Büffet an der Rollator-Polonaise vorbei zur Geduldsprobe wird. Doch da gibt es noch Tiffany, die ca. 50 Jahre jünger ist, als der Rest der Passagiere und sich als „Pornodarstellerin“ vorstellt. Kann Robert den Reizen der Pornoqueen, die er offiziell ja gar nicht sehen kann, widerstehen? Und wie wird seine Stevie-Wonder-Imitation beim Karaoke-Wettbewerb ankommen? Spätestens als ihm der Kater beim Landgang abhaut, glaubt Robert nicht mehr, dass die Kreuzfahrt als blinder Passagier so eine gute Idee war.
In Summe: Ein äußerst kurzweiliger Abend, der übrigens am 21. November eine Wiederholung finden wird: Dann liest Zeno Diegelmann zur Eröffnung der Trend House „Weihnachtsgalerie“ – bei Weihnachtsgans und Feuerzangenbowle vom Weber-Grill …