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IWAK-Betriebsbefragung Region Rhein-Main – Mehr offene Stellen bei gleichzeitigem Arbeitskräfterückgang

Betriebe in Hessen sind in besonderem Maße herausgefordert, wenn es darum geht, Fachkraft- und Führungsstellen zu besetzen. Neben Themen der Gewinnung qualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewinnen Fragen der Bindung der Beschäftigten sowie die Förderung beruflicher Aus- und Weiterbildung zunehmend an Bedeutung. Ein weiterer Aspekt: Bislang nicht ausreichend genutzte Personalressourcen, wie z. B. Ältere, Frauen, Arbeitslose, ausländische Fachkräfte oder Geflüchtete rücken in den Fokus.
Wie schwierig die Stellenbesetzung mittlerweile geworden ist, zeigen die Ergebnisse der jetzt vorliegenden IWAK-Betriebsbefragung in der Region Rhein-Main. Jeder vierte Betrieb kann offene Stellen nicht besetzen und jeder dritte stellt einen Arbeitskräfterückgang fest. Hochgerechnet wurden mehr als 65.000 Arbeitskräfte gesucht. Das Institut fragte die Betriebe ebenfalls nach den Gründen der Besetzungsschwierigkeiten, einem feststellbaren Arbeitskräfterückgang und betrieblichen Strategien.
Stellenbesetzungsproblem trifft Kleinbetriebe
Ein Vergleich mit den Vorjahren zeigt, dass sich das Stellenbesetzungsproblem verstärkt hat. 2014 gab nur rund jeder fünfte Betrieb an, offene Stellen gegenwärtig nicht besetzen zu können.
15 Prozent der gesuchten Arbeitskräfte entfallen auf den Wirtschaftszweig wirtschaftliche und wissenschaftliche Dienstleistungen. An zweiter Stelle steht mit 14 Prozent das Baugewerbe, gefolgt vom Gesundheits- und Sozialwesen mit 13 Prozent. Etwa jede zehnte offene Stelle betrifft den Handel, das Gastgewerbe, den Wirtschaftszweig Verkehr und Lagerei sowie das Verarbeitende Gewerbe.
Knapp zwei Drittel der offenen Stellen sind bei kleinsten (1-9 Beschäftigte) und kleineren Betrieben (10-49 Beschäftigte) zu finden. Jede vierte Stelle entfällt auf die mittelgroßen Betriebe (50-249 Beschäftigte), und nur sieben Prozent der nicht zu besetzenden Stellen betreffen Großbetriebe mit 250 oder mehr Beschäftigten.
Betriebe suchen vor allem qualifizierte Arbeitskräfte
Die Hälfte der offenen Stellen entfällt auf Positionen, die eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzen. Der Anteil an Gesuchten mit Hochschulabschluss hat sich allerdings von 39 Prozent im Jahr 2015 auf nun 23 Prozent deutlich reduziert. 13 Prozent der nicht zu besetzenden Stellen betreffen Geringqualifizierte und 14 Prozent Auszubildende.
Hauptschwierigkeiten: Mangel an Bewerbungen und unzureichende Qualifikationen
Der Mangel an Bewerbungen ist der Hauptgrund, wenn es zu Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung durch Fachkräfte kommt. An zweiter Stelle folgt die unzureichende Qualifikation der Fachkräfte. Bei Vakanzen, die keine Ausbildung voraussetzen und bei unbesetzten Ausbildungsstellen wird dagegen an erster Stelle die unzureichende Qualifikation genannt. Zu hohe Lohnforderungen und mangelnde räumliche bzw. zeitliche Flexibilität haben nur nachrangige Bedeutung.
Arbeitskräfterückgang nimmt zu
Jeder dritte Betrieb äußert einen Rückgang an verfügbaren Arbeitskräften. Damit ist im Vergleich zur Befragung 2014 der Anteil der Betriebe deutlich gestiegen: Einen Arbeitskräfterückgang nannten damals nur rund 20 Prozent der Betriebe. Die betroffenen Betriebe sehen den Arbeitskräfterückgang mit Abstand am häufigsten bei Beschäftigten mit Berufsausbildung (79 Prozent). Rund ein Viertel stellt einen Rückgang auch bei Beschäftigten mit Hochschulabschluss fest.
Mit rund 80 Prozent bestätigt die Öffentliche Verwaltung mit Abstand am häufigsten einen Rückgang an Arbeitskräften. Aber auch im Produzierenden Gewerbe (Verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe) sowie in den Bereichen Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehung und Unterricht werden von etwa jedem zweiten Betrieb rückläufige Zahlen genannt.
Betriebliche Ausbildung wichtigste Reaktion der Betriebe
Die Betriebe, die einen Arbeitskräfterückgang spüren, setzen am häufigsten auf ein verstärktes Ausbildungsengagement, um diesem entgegen zu wirken. Fast gleich häufig und an zweiter Stelle steht die innerbetriebliche Reorganisation. Danach folgt eine höhere Kompromissbereitschaft bei Einstellungen. Jeweils etwas weniger als ein Drittel der Betriebe gibt an, mit verstärkter betrieblicher Weiterbildung aber auch veränderten Arbeitsbedingungen (Lohn, Arbeitszeit) auf den Arbeitskräfterückgang zu reagieren.
Trotz des in der Befragung festgestellten Arbeitskräfterückgangs sieht Dr. Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion Hessen, derzeit keinen flächendeckenden Fachkräftemangel in Hessen: „Es gibt jedoch Engpässe in einzelnen technischen Berufsfeldern, Bauberufen sowie in einigen Gesundheits- und Pflegeberufen. Dabei zeigt sich die Engpasssituation für Fachkräfte mit Berufsausbildung und Spezialisten angespannter als für Akademiker.“
Dass das Arbeitskräfteangebot weiter sinken wird, steht für Martin fest: „Die demografische Entwicklung führt langfristig dazu, dass die Zahl der erwerbsfähigen Menschen zurückgehen wird und die Erwerbsbevölkerung älter wird. Die Strategie die Integration u.a. von Frauen, Menschen mit Behinderungen, Älteren und Geringqualifizierten in den Arbeitsmarkt voranzutreiben ist richtig. Auch Langzeitarbeitslose sollten dabei in den Fokus gelangen“.
Hintergrundinformationen
Regionale Abgrenzung: Befragt wurden Betriebe in den Regierungsbezirken Darmstadt und Gießen sowie in den Städten Aschaffenburg, Mainz, Worms und in den Kreisen Aschaffenburg, Miltenberg, Alzey-Worms, Mainz-Bingen.
 
Im Februar 2018 waren 52.660 freie Stellen bei den hessischen Arbeitsagenturen und Jobcentern gemeldet; 8,8 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Die meisten offenen Stellen gab es in der Lagerwirtschaft, dem Verkauf, in der Altenpflege, für Berufskraftfahrer, Büro- und Sekretariatskräfte, Berufe in Maschinenbau und Betriebstechnik sowie im Objekt-, Werte- und Personenschutz.
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