Die Vereinten Nationen tagten in Alsfeld! Dorthin geführt hatte sie das Planspiel POL&IS – ein komplexes Arbeitsseminar, das die Jugendoffiziere der Bundeswehr für Schulklassen ab der Jahrgangsstufe 10 anbieten. Hinter POL&IS steht ein Modell, das die Vereinten Nationen und Internationale Beziehungen abbildet. Die Teilnehmenden treffen bei der Simulation Entscheidungen, die den Verlauf ihrer Weltpolitik bestimmen. Zu nichts Geringerem waren von Montag bis Mittwoch mehr als dreißig Schülerinnen und Schüler in die Räume des Hessischen Turnverbands nach Alsfeld gekommen, initiiert von Karsten Krämer, der dieses Planspiel alljährlich seinem PoWi-LK am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium zugutekommen lässt und dazu mit anderen Schulen kooperiert. Schülerinnen und Schüler der Albert-Einstein-Schule aus Maintal und der Hohen Landesschule aus Hanau waren dazugekommen – alle zusammen gingen gemeinsam mit den Jugendoffizieren Jens Mattheis und Matthias Kaus drei Tage lang in Klausur, um drei UN-Jahre zu simulieren.
„Ziel dieses intensiven Seminars ist es, dass die Teilnehmer verstehen, unter welchen Bedingungen politische Entscheidungen entstehen und wie wichtig es ist, das Weltgeschehen zu verfolgen, um entstehende Konflikte zu erkennen und sie frühzeitig lösen zu können“, verdeutlicht Mattheis einen Aspekt des Planspiels. Dazu werden wichtige Teilnehmerländer und –regionen der UN abgebildet: Regierungen von Afrika, Arabien, China, Europa, Indien, Japan, Nordamerika, Russland und Südamerika sind mit ihren Regierungschefs, den Wirtschaftsministern und den Ministern für Sicherheit auf der Tagung vertreten. Die Rollen werden verlost, und mit Hilfe von Informationen über die Regionen und die Rollen arbeiten sich die Schülerinnen und Schüler in ihre einzelnen Aufgaben ein. Welchen Herausforderungen bezüglich der Wirtschaftskraft sieht sich aktuell Südamerika gegenüber? Wie ist die Sicherheitslage in Japan? Und wie steht eigentlich die Arabische Welt zu der Bedrohung durch den IS? Während manche aktuellen Themen durchaus auch in den Tagesnachrichten erscheinen und den jungen Erwachsenen bekannt sind, sind andere komplettes Neuland, in das sich die Teilnehmenden einarbeiten müssen. Besetzt ist auch die Rolle des UN-Generalsekretärs, der sich ebenfalls auf seine Aufgabe vorbereiten muss. Weiterhin nehmen an einer solchen Tagung Vertreter von NGOs teil, hier Greenpeace und Amnesty International, die Weltbank ist vertreten, die Presse und auch einige Lobbyisten. Sie alle lernen auch das Regelwerk der UN kennen und müssen sich in den Generalversammlungen an die entsprechenden Formalismen halten.
Ein POL&IS-Jahr teilt sich in mehrere Phasen auf: Einer ersten ausführlichen Beratungsphase schließt sich die Erarbeitung von Programmen an, es gibt Pläne zur Produktion und zur Stationierung von Militär. Einer weiteren Kurzberatung folgen Absprachen zum Thema Handel, internationalen Verhandlungen und Militäreinsätzen. Nach der zweiten Kurzberatung liefern die einzelnen Länder – im Jahreswechsel die Regierungschefs, die Wirtschaftsminister und die Sicherheitsminister – ihre Informationen ab: Eine Fülle von Internationalen Informationen entsteht auf diese Weise; Informationen, die für die Verhandlungen im nächsten POL&IS-Jahr wieder von Bedeutung sein werden. „Die Teilnehmenden sollen sich in dieser simulierten Welt ausprobieren und Erfahrungen sammeln beim Argumentieren, im Umgang mit Konflikten und bei der Suche nach Kompromissen. Das geschieht, indem sie über Verträge und Bündnisse verhandeln sowie bei Friedens- oder Umweltkonferenzen ihre Position vertreten. Sie lernen dabei, sich in Debatten zu behaupten, ihre Arbeitsergebnisse zu präsentieren und mit Rivalen zu verhandeln“, so der Anspruch der Bundeswehr an dieses Projekt.
Für die Schülerinnen und Schüler bietet diese Art der Informationser- und verarbeitung tatsächlich ein hohes Maß an nachhaltigem Lernerfolg. Nicht nur, weil sich die Inhalte bei dieser Art der Erarbeitung und Vermittlung besonders gut einprägen, auch weil Reflexion und Präsentation einen großen Stellenwert einnehmen: Jeder Teilnehmer kommt irgendwann in die Situation, vor der Versammlung zu sprechen und sich auch Fragen aus der Versammlung zu stellen, wobei sich nicht nur die der Teilnehmerländer als besonders schwierig herausstellen können. Nein, auch die Presse und die NGOs fragen hartnäckig nach. Eine gute Wissensbasis ist da schon von Vorteil, wenn man am Rednerpult steht. „Wir haben durch dieses Planspiel und die gute Vorbereitung dazu wirklich viel über die Komplexität internationaler Beziehungen gelernt“, so eine Meinung aus der Schülerschaft. Der Fachlehrer der AvH Karsten Krämer indes freut sich, dass diese Aktion perfekt auf das PoWi-Thema im kommenden Halbjahr vorbereitet hat. Dann stehen Globalisierung und Internationale Beziehungen auf dem Lehrplan. Für die Teilnehmenden an POL&IS sollte dieses Thema kein Problem sein: Alle Schülerinnen und Schüler der drei beteiligten Schulen meisterten ihre UN-Generalversammlung mit Bravour, auch die Jugendoffiziere zollten ihnen Respekt: Diese Generalversammlung war mit Sicherheit ein Erfolg!