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Vertrauliche Geburt bietet Schwangeren in Notlagen Rechtssicherheit und Entscheidungs-möglichkeiten

Im Mai 2014 ist das Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt in Kraft getreten. Im Interview informieren Ines George und Irmgard Plappert, Mitarbeiterinnen der gemeinsamen Adoptionsvermittlungsstelle der Jugendämter von Landkreis Fulda, Stadt Fulda und Landkreis Hersfeld-Rotenburg, über die vertrauliche Geburt und berichten über ihre Erfahrungen seit Einführung der neuen gesetzlichen Regelung.

 

Welche Möglichkeit bietet das Gesetz zur vertraulichen Geburt?
George: Das Gesetz bietet Schwangeren, die sich in einer psychosozialen Notlage befinden, die Möglichkeit, ihr Kind medizinisch sicher und vertraulich zur Welt bringen. Dabei werden die Frauen von Schwangerenberatungsstellen beraten, betreut und begleitet. In der ersten Stufe geht es darum, Frauen so zu stärken, dass sie ihre Schwangerschaft annehmen können, und gemeinsam Lösungen für die individuellen Problemlagen zu finden. Erst in der zweiten Stufe findet eine Beratung zur vertraulichen Geburt statt. Ab diesem Zeitpunkt ist die Adoptionsvermittlungsstelle als beratende Institution mit im Boot.

 

Die Mutter muss ihre Identität nicht preisgeben?
Plappert: Die Beratung ist anonym möglich. Erst im Verfahren für die vertrauliche Geburt muss sich die Schwangere einmal gegenüber ihrer Beraterin, die zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, ausweisen. Die Daten werden beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben sicher verwahrt. Gegenüber allen anderen Stellen bleibt die Identität der Frau geheim.

 

 

 

Aus welchem Grund werden die persönlichen Daten erhoben?

George: Mit der vertraulichen Geburt hat die Mutter die Möglichkeit, ihre Anonymität zu wahren, gleichzeitig wird aber auch das Recht des Kindes auf das Wissen um die eigene Herkunft gesichert. Denn ab seinem 16. Geburtstag hat das Kind das Recht, die persönlichen Daten der Mutter einzusehen.

 

Bedeutet die Entscheidung für eine vertrauliche Geburt automatisch, dass das Kind zur Adoption freigegeben wird?
George: Ja, es bedeutet Adoption. Dazu werden die Frauen von der Adoptionsvermittlungsstelle intensiv beraten. Die Mutter hat die Möglichkeit, ihre Wünsche zu äußern. Das Gesetz gibt ihr auch in den Tagen nach der Entbindung die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen – ob sie das Kind behalten oder zur Adoption freigeben möchte – und welche Form der Adoption, offen oder geschlossen, es sein soll. Es gibt viele Varianten.

 

Worin sehen Sie die wesentlichen Vorteile des Gesetzes?
Plappert: Im Vergleich zur anonymen Geburt und zur Abgabe eines Kindes in einer Babyklappe sehen wir das Gesetz als eine Weiterentwicklung an. Die wesentlichen Vorteile sind, dass Mutter und Kind medizinisch versorgt werden können und die Kosten dafür gedeckt sind, dass das Kind irgendwann, wenn es möchte, seine Herkunft erfahren kann und dass alle Beteiligten Rechtssicherheit haben.

 

Wie viele vertrauliche Geburten haben Sie seit Inkrafttreten des Gesetzes durchgeführt?
George: Wir haben zwei vertrauliche Geburten durchgeführt. Davon hat eine Mutter ihre Identität offenbart und ihr Kind zurückgenommen. Bei der anderen Frau ist es zur Adoption des Kindes gekommen.

 

Was hat sich mit dem neuen Gesetz hier in der Region getan?
Plappert: Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes haben die Schwangerenberatungsstellen, die gemeinsame Adoptionsvermittlungsstelle, Jugendämter und Kliniken noch intensiver an ihrer Vernetzung gearbeitet. Es wurden viele organisatorische Dinge besprochen und Abläufe festgelegt, so dass die Zusammenarbeit gut funktioniert.

 

 

 

Kontakt
Schwangerschaftsberatungsstellen:
donum vitae, Telefon (0661)2506710
Sozialdienst katholischer Frauen, Telefon (0661 83940
profamilia, Telefon (0661)48049690
Gemeinsame Adoptionsvermittlungsstelle: Telefon (0661)6006-9391 oder -9392

 

Schwangere in Not können sich im ersten Schritt an eine anonyme, mehrsprachige und rund um die Uhr besetzte Telefonhotline wenden. Die Beraterinnen des Hilfetelefons stellen auf Wunsch den Kontakt zu einer Schwangerschaftsberatungsstelle her.

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