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TK-Pflegestudie: Pflegende Angehörige sind belastet – Angebote zur Entlastung sind oft nicht bekannt

Über 205.000 Menschen in Hessen sind pflegebedürftig. Rund die Hälfte davon – etwa 110.000 Pflegebedürftige – werden ausschließlich durch enge Angehörige zu Hause betreut. Jeder zweite pflegende Angehörige in Hessen, Rheinland Pfalz und dem Saarland kümmert sich um einen Elternteil, jede fünfte um den Ehe- oder Lebenspartner. Das zeigt eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der Techniker Krankenkasse (TK), in der Menschen, die Angehörige pflegen, zu Belastungen und Unterstützungsmöglichkeiten befragt wurden.

In der TK-Befragung bewerten die pflegenden Angehörigen ihre Situation durchaus differenziert: Demnach fühlt sich jeder zweite Pflegende körperlich belastet. Zwei von Drei haben das Gefühl, dass sie die Pflege viel von ihrer eigenen Kraft kostet, da sich der größte Teil der Tagesplanung stark an den Bedürfnissen des Pflegebedürftigen orientiert. Ständig in Bereitschaft zu sein, strengt sie an und die Betroffenen haben das Gefühl, sie sollten mal wieder ausspannen. Zwei Drittel der Pflegenden versorgen und betreuen die pflegebedürftige Person täglich bis zu vier Stunden. Wer Pflegebedürftige mit einer Demenz pflegt, ist stärker belastet: In Hessen sind zwei von fünf Pflegebedürftigen, die zu Hause leben, an einer Demenz erkrankt; jeder zweite Pflegebedürftige ist in seiner Mobilität eingeschränkt und beispielsweise an den Rollstuhl gebunden.

Die große Mehrheit der pflegenden Angehörigen schöpft aber auch Kraft aus ihrer Rolle. Fast alle (über 90 Prozent) empfinden den Kontakt zum Erkrankten als gut und fühlen sich in der Lage, die Pflege gut zu bewältigen. Vier von fünf haben das Gefühl, dass die geleistete Hilfe von anderen anerkannt wird. Sie ziehen viel Kraft daraus, dass sie mit dazu beizutragen, dem Pflegebedürftigen weiterhin ein Leben zu Hause zu ermöglichen.

“Die meisten Menschen wünschen sich, wenn sie pflegebedürftig werden, zu Hause zu bleiben. Sie möchten dann gern entweder von den Angehörigen oder von einem ambulanten Pflegedienst versorgt werden. Das ist in der modernen Arbeitswelt, in der Eltern und Kinder zunehmend seltener am gleichen Ort wohnen, leider nicht immer möglich”, sagt Alexandra Schätzle, Präventionsberaterin bei der TK in Hessen. Zudem werden in Deutschland aufgrund des demografischen Wandels künftig immer mehr älteren pflegebedürftigen Menschen immer weniger Jüngere gegenüberstehen, die die Pflege übernehmen könnten. Für das Jahr 2030 rechnen Experten die Zahl der Pflegebedürftigen in Hessen mit 259.000 voraus. Dies bedeutet einen Anstieg um ein Viertel gegenüber dem Jahr 2013. “Da die Vereinbarkeit der Pflege mit einer Berufstätigkeit eine immer wichtigere Rolle spielt, wird es unumgänglich sein, dass sich pflegende Angehörige künftig mehr Unterstützung suchen”, so Schätzle.

Überraschend ist, dass pflegende Angehörige schon heute viele Entlastungs- und Beratungsangebote entweder nicht nutzen oder sogar überhaupt nicht kennen. Am stärksten nehmen Angehörige in Hessen zurzeit den ambulanten Pflegedienst (60 Prozent der Befragten) in Anspruch. Angebote der Pflegekassen wie Tages- oder Kurzzeitpflege sind zwar über 90 Prozent der Pflegepersonen bekannt, aber nur maximal ein Viertel nutzt sie ab und zu oder regelmäßig.

Auch mit kostenlosen Angeboten der Kassen oder der Wohlfahrtsverbände wie etwa individuellen Pflegeschulungen zu Hause oder Pflegekursen in der Gruppe sind die pflegenden Angehörigen insgesamt weniger vertraut. “Menschen, die einen nahestehenden Angehörigen pflegen möchten und Tipps und Hilfen benötigen, können – wann immer sie dies benötigen – Pflegekurse oder eine Schulung zu Hause in Anspruch nehmen”, so Schätzle. Pflegenden Angehörigen werden dabei entlastende Pflegetechniken vermittelt oder sie erhalten Hinweise, wie sie sich mit gezielten Änderungen in der Wohnung oder mit speziellen Pflegehilfsmitteln helfen können. Weitere Angebote, die Angehörige zu ihrer Entlastung in Anspruch nehmen können und die bislang kaum genutzt werden, sind zusätzliche Betreuungsleistungen bei Pflegebedürftigen, Ersatz-pflege im Krankheitsfall der Pflegeperson oder eine Pflegeberatung durch die Pflegekasse.

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