
Am Standort „M4“ in der Mühlgasse 4 in Schotten wird das Elektromobil der Nachbarschaftshilfe seinen festen Platz haben. Dort wird auch die Ladestation integriert werden. Unser Foto zeigt von links: Christoph Lange (Student), Dirk Dalichau (Universität Frankfurt), die Leiterin des Projekts, Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink, Bürgermeisterin Susanne Schaab, den Geografen Matthias Sebald (Vogelsbergkreis) und Hans Dieter Herget (Vorsitzender der Nachbarschaftshilfe Schotten). Erich Ruhl, Pressestelle Vogelsbergkreis
Schotten. In Schotten im Vogelsbergkreis haben der Nachbarschaftshilfe-Verein und interessierte Bürgerinnen und Bürger mit Unterstützung der Goethe-Universität Frankfurt ein Konzept für die Nutzung eines Elektroautos auf die Beine gestellt. Noch vor Beginn der Sommerferien soll ein kostenfreies Elektrofahrzeug für die Nachbarschaftshilfe zur Verfügung stehen, freut sich dessen Vorsitzender Hans Dieter Herget.
Damit es mehr Möglichkeiten der Kontaktaufnahme für die Bürgerinnen und Bürger gibt, werden die Bürozeiten des Vereins in der Mühlgasse 4 („M4“) erweitert von jetzt zweimal auf dreimal die Woche. Herget machte bei der Konzeptvorstellung auf den „Doppeleffekt“ aufmerksam, den das neue Fahrzeug bewirke: „Wir machen das Fahrzeug bekannt, und das Fahrzeug macht auf uns als Verein mit seinen 175 Mitgliedern und seinen vielen Unterstützungsmöglichkeiten aufmerksam.“
Im Historischen Rathaus der Vogelsberg-Stadt Schotten erläuterten die Fachleute im Detail, was in Kürze Wirklichkeit werden soll. Begleitet wird die Konzeptentwicklung vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zwei weitere E-Mobil-Projekte werden gegenwärtig in Lautertal und in Gemünden von der Bürgerschaft auf den Weg gebracht (wir berichteten mehrfach).
18 Monate lang werden ab Sommer 2014 Bürgerinnen und Bürger in Schotten – kostenfrei – neue Dienstleistungen des Nachbarschaftshilfe-Vereins in Anspruch nehmen können, weil es dann ein eigenes Fahrzeug für einen Hol- und Bring-Service geben wird. Das ist möglich, weil „E-Mobilität im Vogelsberg“ bundesweit ein Pilot-Projekt ist. Man will herausfinden, ob das geht: bürgerorientierte Elektromobilität im ländlichen Raum.
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Es geht um Technik, aber auch um Kommunikation
In mehreren Workshops haben nun die Vertreter mehrerer Vereine in Schotten wesentliche Fragen geklärt und ins Konzept hineingeschrieben: Wo soll das E-Mobil künftig stehen? Wo befindet sich der Autoschlüssel? Wer kümmert sich darum, dass der „Tank“, also die Stromladung voll ist? Welche Fahrtstrecken werden das künftig sein – wie ist das mit der Reichweite? Welches Buchungssystem – offline oder online? Das ist jetzt im Wesentlichen alles geklärt und aufgeschrieben.
Die wichtige Frage: Welches Fahrzeug soll es sein? entscheidet sich in den nächsten Wochen. Die Bestellung des Leasing-Fahrzeugs, das für alle Wünsche hinreichend groß sein wird, kann in kurzer Zeit abgewickelt werden, berichtet der Vogelsberger Projektleiter Matthias Sebald. Der Landkreis wird Leasingnehmer und Fahrzeughalter. Die Kosten werden über das Projekt komplett finanziert.
Partizipation: Konzept für ein kostenfreies E-Mobil
Die Art der Konzeptentwicklung – nämlich unter aktiver Einbindung der Nutzer – ist ein wesentlicher Grund, warum das Projekt ein „Pilot“ ist. Matthias Sebald berichtete vom Demografie-Projekt MORO im Vogelsbergkreis – hieraus entstand die Idee für die E-Mobilität. Mobilität im ländlichen Raum erweise sich als Querschnittsaufgabe. Der ÖPNV habe erhebliche Lücken. Daher wolle man mit dieser Innovation mutig etwas Neues ausprobieren.
Aktive Vereine im Interesse der Bürgerschaft
Professorin Birgit Blättel-Mink war am Montag ins Historische Rathaus nach Schotten gekommen, um die Ergebnisse der Ideensammlung der Bürgerschaft zu präsentieren. „Das vulkanische Erbe des Vulkans hat ganz offensichtlich viel Energie freigegeben“, beschrieb die Soziologin schmunzelnd den „spannenden Prozess“. Es zeige sich bereits jetzt, dass Elektromobilität für den ländlichen Raum im Nahbereich einer Großgemeinde sehr gut geeignet sei. Bürgermeisterin Susanne Schaab sagte, sie sei „sehr stolz“ auf das, was die aktiven Vereine ihrer Stadt hier auf die Beine stellen.
Neben der federführenden Nachbarschaftshilfe machen bei dem geplanten Hol- und Bring-Dienst mit Elektroauto auch der Seniorentreff, die Diakoniestation, der Kinderschutzbund, die Tafel, die Stadtbibliothek und die Stadt Schotten selbst mit. Wichtig bei der Umsetzung des Konzepts: das neue Auto ist nicht einfach ein Taxi, sondern der Bring-Service ist immer verbunden mit Dienstleistungen des Vereins. Beispiel: ein Bürger wird zum Facharzt gefahren – aber nicht nur das: der ehrenamtliche Helfer bleibt mit im Wartezimmer und hilft bei Bedarf auch bei den Formalitäten.
Der Standort Mühlgasse 4 („M4“), an dem neben dem Kinderschutzbund und die Nachbarschaftshilfe auch das „Soziale Beratungszentrum Schotten e.V.“ seinen Sitz hat, eignet sich nach den Worten von Hans Dieter Herget ausgezeichnet, weil hier alle „Beratungs- und Unterstützungsfäden“ zusammenlaufen. Die drei Vereine seien im Haus des alten Polizeipostens gut untergebracht und mehrere externe Dienste seien dort mit Sprechstunden präsent.
„M4“ im Zentrum der Stadt mache jeden Tag sichtbar, welche nützlichen Angebote es hier gibt. Deswegen wird auch eine Ladestation für das Elektroauto dorthin kommen, um immer Schnellladungen zu ermöglichen. Dann ist das Fahrzeug nach zwei Stunden wieder einsatzbereit.
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E-Mobile im Vogelsbergkreis – ein Forschungsprojekt
Es handelt sich um ein Forschungsprojekt, in dessen Zusammenhang neue Mobilitätsformen ausprobiert werden sollen. Für den Zeitraum von insgesamt 18 Monaten sollen Bürgerinnen und Bürger in Gemünden, Schotten und Lautertal die Möglichkeit bekommen, ein gemeinschaftlich zu nutzendes Elektrofahrzeug auszuprobieren – kostenfrei. Wie in Gemünden und Hopfmannsfeld interessieren sich aber auch in Schotten die Bürger und Bürgerinnen bereits heute dafür, was nach den 18 Monaten geschieht, wenn die Pilotprojektphase vorüber sein wird. Klar ist: man will gemeinsam einen Weg finden, das Projekt dann mit einem Kostenanteil und/oder über Sponsoring weiterzuführen.