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Zur Uraufführung des Mysterienspiel „Elija“ von Inga Storck-Schnabel

6 - Königin IsebelFulda. Geschichtliche und kultische Grausamkeiten werden in ihrer ganzen schrecklichen Wirklichkeit oftmals vom Hörensagen allein nicht erfasst. Tatortbilder helfen, diese unerträglichen Realitäten tiefer zu erfassen. Das Mitleiden mit den Opfern liegt tiefer, als sich nur mit einem sachlichen Polizeibericht zu begnügen. Im achtaktigen Mysterienspiel „Elija“ der Fuldaer Autorin und Regisseurin Inga Storck-Schnabel ließ die examinierte Schauspielerin und Rezitatorin die Darsteller den Sprung wagen in die Tiefe, in ein Geöffnetsein des Mitleidens, aber auch für den unerträglichen Zwang des Hasses. Zu diesem emotionalen Wagnis gab die Regisseurin den Akteuren als Stütze, als Halt, als persönlichen Schutz das schauspielerische Handwerk – Pantomime und Sprechtechnik – mit auf die Bühne. Dabei ging es nicht darum, nur ein schön prononciertes Sprechen hörbar zu machen, sondern dass die jeweiligen Situationen von allen Sprechern feinsinnig erfasst wurden.

Der Zuschauer erlebte eine Symbiose, gewebt aus Farbe, mystischer Lichtregie (Andreas Schnell) und einem Klangteppich, der sich wie ein Mosaik aus sehnsuchtsvollen Sologesängen, Orgelklängen, Schreiaktionen, Schmähungen, Flehrufen, Verfluchungen und Gebeten zusammensetzt. Verlustängste, Machtansprüche, doch auch der Hoffnungsglauben an den Heiligen Israels werden unerbittlich in einem kultischen Kampf auf der kleinen Bühne des Gewölbekellers des ehemaligen Jesuitenkollegs ausgetragen und zog die Zuschauer hin zu einem Tatort. Die Regisseurin begrüßte die Zuschauer, darunter viele Priester und auch den 1. Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Fulda mit einem herzlichen Shalom.

Elija war ein Prophet des Orients aus alttestamentlichen Zeiten, ein Halbnomade, der allein mit dem „Wort des Allerhöchsten“ kämpfte. Tim Ulmer brachte diese starke Persönlichkeit facettenreich auf die Bühne. Er scheute sich nicht, sich auch leise und ängstliche Töne abzuverlangen. Die Gegenspielerin, Königin Isebel (Petra Kling), die ihre Heimat wegen ihrer Heirat mit dem König von Israel verlassen musste, kämpfte gnadenlos darum, Elija zu vernichten. Doch auch sie war, wenn sie nach ihrem toten Vater rief, das kleine, schutzlose Mädchen. Zwischen beiden Kontrahenten stand ihr Mann, König Ahab (Heiko Stolz), der sich zwischen seiner Liebe zu seiner Königin und der Liebe zum Allerhöchsten entscheiden musste. Auch bei ihm sind viele Zwischentöne herauszuhören: von Macht, Angst und Liebe.

Die Schmerzensschreie einer gläubigen Jüdin (Monika Kling), die ihren kleinen Sohn Jakob auf Isebels Opferaltären verloren hatte, die tröstenden Worte einer Hirtin (Christine Happ), der letzte überlebende Prophet (Franziskanerbruder Berthold Duffner), der aus dem Massaker der Vernichtungsmaschinerie Isebels entkommen war und sich mit dem höchsten Gebet „Höre Israel“ freiwillig der Königin auslieferte, spiegelten in dem Stück den Glanz der jüdischen Kultur wider. Durch die lautstarken Rufe zu Isebels Göttern Aschera und Baal Melquart, der Auftritt der Tempelhure Zonah (Viktoria Shur), die alle und jeden verführen will und es auch schafft, einen Glaubenstreuen (Sascha Shur) abtrünnig zu machen, wird der Baal-Kult deutlich sicht- und hörbar. Zwischen dem Königspaar agiert eine Gestalt, die am Hofe eine Maske tragen muss, um nicht von er Königin getötet zu werden: der Palastvorsteher Obadja (Günter Wolf). Er hat die tragischste Rolle. Von jedem in die Knie gezwungen, war sein Inneres immer noch bei seinem Gott Israel.

Die emotionale klangliche Unterstützung lag in den Händen des Organisten Hans-Joachim Rill, der von einer kultischen Ekstase in die andere springen musste, bis hin zur Begleitung des strahlenden Soprans von Christine Happ und dem samtweichen Bass von Alexander Shur. Der alles zusammenhaltende Rahmen bildete der sachliche Sprecher (Daniel Kramer), der die biblischen Fakten einbrachte, um die Handlungen zeitlich einzuordnen.

Die Besucher gingen betroffen nach Hause. Die nächste Aufführung im Kulturkeller Fulda findet am Sonntag, 27. April 2014, um 15:00 Uhr statt.

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