Rhön. Rund sechs Wochen später als üblich treffen in diesem Jahr die ersten Äpfel an den Apfelannahmestellen der Rhöner Apfelinitiative (RAI) in der Region ein. Der Grund: Bei den frühen Apfelsorten herrschte nahezu Totalausfall – und auch insgesamt ist erneut von einem schlechten Apfeljahr auszugehen. Die RAI und ihr Partnerbetrieb, die Kelterei ELM aus Flieden, wagen einen Ausblick.
„In 2008 haben wir mit mehreren tausend Tonnen Bio-Äpfeln aus der Region die letzte Rekordernte eingefahren. Während weltweit die Finanzkrise um sich griff, herrscht seitdem eine Art Apfelkrise in der Rhön“, formulierte Harald Elm, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Kelterei aus Flieden, kürzlich während der Jahreshauptversammlung der RAI. Nach bereits zwei eher schlechten sowie zwei durchschnittlichen Apfeljahren deutet sich 2013 eine ganz schlechte Ernte an. „Normalerweise nehmen wir Ende August die ersten Äpfel an. In diesem Jahr sind die Annahmestellen je nach Standort rund vier bis sechs Wochen später dran. Die frühen Sorten sind nahezu komplett ausgefallen“, erklärt der Diplom-Ingenieur für Getränketechnologie, der mit seiner Kelterei den Großteil des Rhöner Obsts verarbeitet.
Während die Erträge in den vergangenen Jahren regional stark schwankten, also zumindest eines der drei Länder Hessen, Bayern oder Thüringen eine ordentliche Ernte liefern konnte, herrscht in diesem Jahr auch bei den späteren – und fürs Keltern besser geeigneten Sorte (siehe Infokasten) – über die Landesgrenzen hinweg Apfelebbe. Die Gründe dafür sind vielfältig: Kahlfrost im ausgehenden Winter, kaltes Frühjahr gefolgt von einer Nässeperiode, dann eigentlich eine üppige Apfelblüte – in der es größtenteils aber wiederum zu kalt war zur Bestäubung. „Und Wildbienen gibt es nach dem harten Winter sowieso kaum noch – hier müssen wir in den kommenden Jahren etwas tun“, heißt es aus den Reihen der RAI. Letztlich sorgte die lange Hitzeperiode im Sommer mit entsprechender Trockenheit dafür, dass Bäume mit Behang ihrer Früchte nur unzureichend ausbilden konnten. Wieviel Äpfel letztlich geerntet werden können, darüber wagt man keine Prognose: „Gelegentlich stehen volltragende Bäume in einem Landstrich mit Totalausfall. Hie und da gibt es Streuobstwiesen mit durchschnittlichem bis gutem Behang – und oftmals aber auch durch die Trockenheit gehandicapte Bäume mit entsprechend kleinen Früchten“, summiert Jürgen H. Krenzer, Vorsitzender der RAI.
Maike Pfannmüller, die bei der Kelterei ELM die Annahmestellen koordiniert und das Qualitätsmanagement verantwortet weisst darauf hin, dass im Gegensatz zu vielen Keltereien im Rhein-Main-Gebiet die Kelterei Elm auch im November noch Äpfel annehme. Die Mitarbeiter der Annahmestellen seien geschult, um die Qualität der angelieferten Äpfel genau im Auge zu behalten. Über ein Computer gestütztes Erfassungssystem bekommen Apfellieferanten ihr Guthaben sofort auf einer Kundenkarte gutgeschrieben – und die Kelterei weiß so tagesaktuell, wie viele Äpfel wo und von wem bereits angeliefert wurden. Um die regionale Wertschöpfung im Biosphärenreservat stabil zu halten, würden seit mehreren Jahren keine Barguthaben mehr ausgezahlt: „Neben dem Lohnmosttausch erhalten die Rhöner Apfellieferanten nun Gutscheine, die bei Tegut oder an den Annahmestellen einzulösen sind“, erklärt Pfannmüller. Damit solle das „Apfel-Geld“, in guten Jahren immerhin circa 500000 Euro, im regionalen Kreislauf gehalten werden – denn Tegut kaufe mit dem Erlös der Gutscheine wiederum Rhöner Säfte. Und das konventionelle Obst, das angeliefert wird, wandert in die „Unterm Apfelbaum“-Säfte und -Schorlen, die Elm gemeinsam mit Förstina Sprudel in der Region vermarktet. Bleibt zu hoffen, das 2014 wieder ein besseres Apfeljahr wird …
Informationen zum Lohnmosttausch
Aus Rhöner Äpfeln wird leckerer Saft und Wein
Lohnmosttausch: Äpfel verwandeln sich in leckere Säfte und Apfelwein. Wo und wie das funktioniert? Natürlich an den Annahmestellen der Rhöner Apfelinitiative. Hier sind die Antworten der RAI auf die wichtigsten Fragen zum System.
Wie funktioniert das Lohnmosttauschsystem?
Einfach reife und gesunde Äpfel an einer der zahlreichen Annahmestellen in der Rhön anliefern und mit Lohnmosttausch in zahlreiche Produkte eintauschen. Ein Teil der Äpfel kann auch an der Annahmestelle in Guthaben getauscht werden. Das Guthaben wird dann mit dem Einkauf verrechnet oder als „tegut-Coupon“ ausgezahlt.
Warum gibt es Lohnmosttausch?
Durch den Lohnmosttausch werden Sie Teil eines Systems, das schon lange Tradition hat. Lohnmosttausch bedeutet Erhalt von Naturlandschaft und ökologischen Kreisläufen durch aktive Nutzung und Vermarktung Ihrer Streuobstäpfel in Form von Apfelsaft und Apfelwein. Durch den Lohnmosttausch engagieren wir uns gemeinsam für den Erhalt unserer Landschaft und des Kulturgutes Streuobst.
Welche Idee steckt hinter dem Lohnmosttausch?
Lohnmosttausch bedeutet: „Aus der Region, für die Region.“ Sie unterstützen Ihre Region durch den Konsum von regionalen, qualitativ hochwertigen Apfelprodukten, die aus Ihren Äpfeln hergestellt werden. Es gilt: Faire Preise für Produkte aus regionaler Erzeugung und Verarbeitung. Deswegen zahlen wir für Rhöner Streuobst auch deutlich mehr, als üblich.
Tipps und Tricks zur Apfelernte
Wann ist der Apfel reif? Die vielen verschiedenen Apfelsorten blühen im Frühjahr zu unterschiedlichen Zeiten und müssen deshalb auch im Herbst entsprechend geerntet werden. Ziel sollte es sein, nur reife und somit qualitativ hochwertige Äpfel zu ernten und an den Annahmestellen anzuliefern.
Die Apfelernte im Streuobstanbau beginnt gegen Ende August. Die frühen Sorten eignen sich jedoch meist nicht zum Keltern. Mitte September und im Oktober hat die Apfelernte dann Hochsaison. Hier werden die traditionellen Kelteräpfel geerntet und weiterverarbeitet. Auch die späten November-Sorten eignen sich gut zum Keltern. Das Wichtigste aber: Äpfel sollte man nur dann ernten, wenn sie reif sind. Nur so enthalten sie auch eine entsprechend hohe Qualität an Saft. Hier ist die Baumreife entscheidend. Sie ist dann eingetreten, wenn sich der Apfel durch leichtes Drehen vom Baum lösen lässt, ohne das Fruchtholz zu beschädigen. Viele Sorten fallen bei der Baumreife alleine vom Baum. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Grundsätzlich gilt: Bei Fruchtfall im August oder September nicht dazu verleiten lassen, alle Äpfel von den Bäumen zu schütteln und an die Annahmestellen zu bringen, denn diese Äpfel sind von minderer Qualität. Sie sind noch nicht reif, von Schädlingen befallen oder werden bei übervollem Behang vom Baum abgeworfen. Ganz späte Sorten sind oft sehr sturmfest und müssen Ende Oktober oder im November geschüttelt werden.