Written by 0:09 Alle Nachrichten, Gesundheit & Medizin, Topthema

Stark und mutig wie der kleine Drache – Das osthessische Kinder- und Jugendhospiz „Kleine Helden“ gibt es seit zweieinhalb Jahren

Hünfeld. Der kleine hölzerne Drache namens „KiJu“ ist es, der dem Besucher zuerst ins Auge fällt, wenn dieser die neuen Räumlichkeiten der „Kleinen Helden“ in Hünfeld betritt. Überall ist er zu finden, im Schaufenster genauso wie auf den Schränken. Ein putziger Geselle mit einem punkig-frechen Aussehen, der Lebensfreude und Kraft ausstrahlt. Und der allen „kleinen Helden“, ihren Familien und Freunden Mut machen soll.

Das Kinder- und Jugendhospiz Osthessen e.V. hat es sich seit dem 6. Mai 2010 mit seiner Vorsitzenden Simone Filip zur Aufgabe gemacht hat, Kindern und Jugendlichen mit einer „lebensbegrenzten/verkürzten Erkrankung“ ebenso beizustehen wie ihren Angehörigen. Die „Kleinen Helden“ verstehen sich auch als Kompetenzzentrum für hospizliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, deren Angehörigen und allen Mitmenschen, die in Bezug zu diesen stehen. Der Verein verschafft der immer noch vernachlässigten Lebenssituation von lebensverkürzt erkrankten Kindern und Jugendlichen und ihren Familien die öffentliche und so wichtige Aufmerksamkeit.

Nicht zuletzt persönliche Erfahrungen waren es, die Filip, die sich bereits zuvor beim ökumenischen Hospizverein Hünfeld engagiert hatte, dazu bewogen haben, die „Kleinen Helden“ zu gründen: „Ich hatte recherchiert und herausgefunden, dass es bis zu diesem Zeitpunkt in unserer Region noch keinen ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst gab. In ganz Deutschland existierten ungefähr 90 ambulante Dienste, nur Osthessen war ein großer weißer Fleck.“

Dies freilich hat sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren sehr zum Positiven hin verändert, denn die „Kleinen Helden“ seien zügig gewachsen, wie die ausgebildete Trauerbegleiterin Simone Filip und Koordinatorenanwärterin Uta Sekanina betonen. Möglich gemacht wurde dies dank einer breiten Unterstützung von vielen Privatleuten und Unternehmen, aber auch von Menschen, die in medizinischen Berufen tätig sind. Filip: „Dieser Beistand bedeutet auch ein großes Stück weit Anerkennung für unsere bestens ausgebildeten ehrenamtlichen Helfer, deren Dienst mit Gold nicht aufzuwiegen ist.“

Den ersten Kontakt stellen unter anderem Institutionen, Freunde oder auch Mediziner her, doch es kommt auch vor, dass sich eine betroffene Familie direkt an die „Kleinen Helden“ wendet. Bei einem Besuch versucht Filip herauszufinden, welche Form der Unterstützung benötigt wird. Das kann eine psychosoziale Begleitung oder auch eine palliativ medizinische Versorgung sein. „Die Chemie muss stimmen, und auch vom Alter her sollte es passen.“ Ganz wichtig seien Verständnis, Zuwendung und Emphatie, aber auch Entlastung – wenn beispielsweise die Mutter eines Kindes/Jugendlichen auch einmal Zeit für sich benötigt. „Und die Nächstenliebe steht bei unserem Handeln natürlich ganz oben“, beschreibt Filip die Motive des Helfens, denn die „Kleinen Helden“ sind auch vor einem christlich-geistlichen Hintergrund tätig und haben hier in Pfarrer Sebastian Blümel (Eiterfeld) einen wichtigen Ansprechpartner. Jedoch sind die „Kleinen Helden“ für da, egal ob sie einer Konfession oder keiner angehören.

Neben profaneren Dingen wie der Begleitung bei Behördengängen oder Arztbesuchen sind die „Kleinen Helden“ da, wenn letzte Wünsche zu erfüllen sind. „Es geht darum, dem Kind oder dem Jugendlichen das verbleibende Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Und dazu gehört auch, dass wir zusammen weinen und traurig sind, aber auch gemeinsam lachen.“ Die Dankbarkeit wiederum, die einem – ob durch Worte oder Gesten – gezeigt werde, wiege die bisweilen schweren Stunden auf, obgleich das Engagement sehr erfüllend sein könne. Klar sei aber auch, „dass eine solche Begleitung nicht in den Kleidern hängen bleibt“. Um die Erlebnisse selbst verarbeiten zu können, wird Supervision angeboten, entweder für jeden Einzelnen oder auch im Team.

Die 60 ehrenamtlichen Helfer, von denen ungefähr die Hälfte hinter den Kulissen wirkt, haben seit Mai 2010 drei Kinder beim Sterben begleitet, betreuen derzeit 16 Kinder und Jugendliche, die an einer „lebensverkürzten Erkrankung“ leiden, vier trauernde Kinder und fünf Geschwisterkinder. Denn oftmals litten Geschwister sehr unter der durch eine schwere Krankheit oder durch Tod ausgelösten belastenden Situation in einer Familie und würden daher – weil eher am Rand stehend – auch „Schattenkinder“ genannt. Ein weiteres Betätigungsfeld der „Kleinen Helden“ seien Kindergärten oder Schulen, denn vielfach würden auch die Spielkameraden beziehungsweise Mitschüler in ihrer Trauer um einen – beispielsweise – an einer Krankheit verstorbenen oder tödlich verunglückten Klassenkameraden alleine gelassen und fänden keinen „Raum“ für den Ausdruck ihrer Gefühle. Der Verein hilft überall dort, wo Kinder und Jugendliche Trauer tragen.

Der Name „Kleine Helden“ solle verdeutlichen, dass die Kinder und Jugendlichen durchweg sehr tapfer seien und Mut zeigten – der manchmal sogar so weit gehe zu sagen „Jetzt will ich nicht mehr“ – und eine weitere Behandlung ablehnten. Die anfangs erwähnten „KiJu“-Drachen werden im Übrigen von einer Therapiegruppe in der JVA Hünfeld hergestellt, deren Mitglieder mit sehr viel Freude bei der Sache seien, wie Simone Filip zu berichten weiß. Nicht zuletzt diesen Menschen gilt ihr Dank, und sie hofft auf viele weitere Unterstützer, wenn es das nächste große Ziel zu realisieren gilt:  eine Trauerwerkstatt. Zu diesem Zweck wird derzeit mit Andrea Ditzel eine weitere Trauerbegleiterin ausgebildet.

„Bauen“ – nicht nur bei diesem Projekt – können die „Kleinen Helden“ auch auf prominente Unterstützung, denn Paul Frielinghaus, der Darsteller des Rechtsanwaltes Dr. Markus Lessing in der ZDF-Serie „Ein Fall für zwei“, ist als gebürtiger Hünfelder einer der Paten des Kinder- und Jugendhospizes. Die bekannte Sängerin Andrea Burck aus Künzell ist eine weitere Patin und inzwischen als Schriftführerin auch im Vorstand tätig.

Die „Kleinen Helden“ sind seit kurzem in der Hauptstraße 31 in Hünfeld zu finden und unter Telefon (06652)9829220, Telefax (06652)9829225 oder e-Mail info@kleinehelden-hospiz.de erreichbar.

Visited 1 times, 1 visit(s) today
Close