Fulda. Ja so war es angekündigt: „Ein Ausflug nach Paris“ und genau dorthin wurde am Mittwochabend das Publikum der Veranstaltungsreihe „Gernsehen und Abendessen“ entführt. Die Gastgeberin und Entertainerin Marianne Blum hatte nicht zuviel versprochen. Zu Gast war Café Gitane, eine Formation aus Rheinland, die temperamentvoll-feurigen französischen Musette-Walzer nach Manouche Art spielt, wie sie im Paris der goldenen 20iger und 30iger in zahlreichen Jazzlokalen der „Rives Gauche“ zuhören war und Berühmtheit erlangte. Dennoch sind leider viele Stücke und Melodien fast verloren gegangen. Doch das ist nur ein Grund, warum Café Gitane sich diesem Genre zugewandt hat. Lars Petzold, Gründer und Kopf der Gruppe ist den atemberaubenden Akkordfolgen und dem außergewöhnlich virtuos und abwechslungsreichem Repertoire verfallen.
Fotos (43): Marzena Traber
Die Leidenschaft für die Musette steht dem gebürtigen Kölner bei seinem Gitarrenspiel ins Gesicht geschrieben. Seine Mimik begleitet seine Töne, meist mit geschlossenen Augen spielt er wie bei den Zigeunern üblich die Stücke auswendig. Trotz starker Heiserkeit erzählt er unterhaltsam und anekdotisch von den Besonderheiten der Zeit des Genres. Während Petzolds Finger teilweise in atemberaubender Geschwindigkeit über das Griffbrett seiner Gitarre jagten, wirkte Emilian Meyer am Kontrabass nahezu tiefenentspannt. Seinen schwarzen Hut tief ins Gesicht gezogen, als einziger stehend, überragte er seine Mitmusiker um ein weites und wirkte wie ein Fels in der Brandung. Für Norman Lecher an der Rhythmusgitarre war es quasi ein Heimspiel. Den gebürtigen Fuldaer kennt man bereits von der Formation Mighty Vibez, „der besten Reggae Band Deutschlands“, wie er selbst augenzwinkernd erzählte. Das Trio präsentierte sich spielfreudig, leidenschaftlich und machte eine nicht allzu populäre Musik einem breitem Publikum zugänglich.
Marianne Blum sorgte mit ihren witzigen Kommentaren und kurzweiligen Moderationen für beste Unterhaltung. Mit ihrer umwerfenden Ausstrahlung und charmanter Zuwendung wickelte sie ihre Gäste und das Publikum um den Finger und brachte gleich im ersten Set fast alle auf die Tanzfläche. Tanzschritte waren da eher unwichtig und so verwandelte manches Paar einen Stehblues in einen Schmuseschunkler.
„Ja, ich war in Paris und habe getanzt …“, schwärmte Jürgen Gieselmann aus Hofbieber, „… nur die Damen sind ein wenig zu schüchtern…“ fügte er mit einem Schmunzeln hinzu. Um die Herren der Schöpfung kümmerte sich Frau Blum persönlich und so wiegten sich nahezu alle engumschlungen, wie es eben in den Tanzlokalen der 20iger üblich war und lauschten den Klängen längst vergangener Zeiten, gespielt von einer grandiosen Band. Gleich zu Beginn der Veranstaltung wies Frau Blum darauf hin, dass es am Abend ein großes Risiko gäbe. Nämlich das Risiko beim Essen zuzunehmen. Und tatsächlich musste wohl am Tag danach das Frühstück bei so Manchem kleiner ausfallen. Die Teller des 3 Gänge Menüs wurden vom Publikum im gut gefüllten Museumskeller restlos leer geputzt. Der Koch des Hauses, Jonas Sporer, der das Publikum persönlich begrüßte, erhielt einen Sonderapplaus. Nach drei Stunden bester Unterhaltung in einem wunderbaren Ambiente wurde das Publikum beschwingt, glücklich und satt in eine eiskalte Herbstnacht entlassen.
Das nächste „Gernsehen und Abendessen“ findet am Mittwoch, 28.11.2012, im Museumskeller Fulda statt. Marianne Blum begrüßt an diesem Abend den Fuldaer Krimiautor Guido Rohm. (Sabine Wittich)