Oberelsbach. Ein Jahr zum Freiwilligendienst nach Südafrika – die Partnerschaft des Biosphärenreservats Rhön mit dem südafrikanischen Biosphärenreservat „Kruger to Canyons“ in Kooperation mit dem „Verein für soziale Dienste International e.V.“ macht es möglich. Seit diesem Jahr gibt es für junge Leute erstmals die Chance, sich im Rahmen des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes (IJFD) des Bundesfamilienministeriums im agro-sozialen Projekt „Hlokomela“ in Limpopo, der nördlichsten Provinz Südafrikas, zu engagieren.
Als erste Freiwillige wird in den nächsten Tagen Mona Bildhauer aus Münnerstadt die Reise nach Südafrika antreten, um dann für ein Jahr im Partnerbiosphärenreservat ehrenamtlich mitzuarbeiten. Beim Besuch einer vierköpfigen Delegation aus dem Partnerbiosphärenreservat, die zu einem einwöchigen Partnerschafts-Workshop in der Rhön weilte und dabei auch beim Rhöner Wurstmarkt ihre Heimatregion präsentierte, konnte Mona Bildhauer erste persönliche Kontakte knüpfen. Dabei lernte sie auch Marian Viljoen, eine Mitarbeiterin von Hlokomela, kennen.
Wie Debby Thomson vom Partnerbiosphärenreservat berichtete, ist AIDS immer noch ein großes Problem in Südafrika. Vor allem die Wanderarbeiter sind betroffen, Thomsons Schätzung nach sind rund 45 Prozent der Menschen, die auf den Farmen arbeiten, HIV-infiziert. Hlokomela ist ein mehrfach ausgezeichnetes Vorzeigeprojekt im Bereich der Betreuung HIV-erkrankter Farmarbeiter- und Farmarbeiterinnen. Hlokomela kümmert sich um die medizinische Versorgung, die Bildung und die sozialen Belange der Arbeiter und betreibt unter anderem einen Öko-Kräutergarten. Arbeiter mit gesundheitlichen Problemen werden regelmäßig kostenfrei mit Kräutern und mit frischem Gemüse versorgt, und ein Teil der Ernte wird vermarktet, wobei der Erlös vor allem in die medizinische Versorgung fließt.
Im Kräutergarten hat Anna-Lena May bereits wichtige Aufbauhilfe geleistet. Die Junkershäuserin war 2010 in die Partnerregion des Biosphärenreservats Rhön gereist, um dort auf eigene Faust die Arbeit vor Ort zu unterstützen. Als sie nach drei Monaten in die Heimat zurückkehrte, stand für sie fest: „Ich will wieder nach Südafrika und weitermachen.“ 2011 packte sie erneut ihre Koffer und war bei ihrem zweiten Aufenthalt mehr als ein Jahr tätig. Heute kann sie stolz auf das Geleistete sein: Mit ihren Erfahrungen aus der elterlichen Bio-Landwirtschaft und aus ihrem Beruf als stellvertretende Filialleiterin eines Lebensmittelmarktes hat sie den Kräutergarten ein großes Stück nach vorne gebracht. Der Anbau konnte verbessert und der Kundenstamm erweitert werden. So hat sich auch der Umsatz deutlich erhöht, und entsprechend mehr Gelder können in die Hilfe HIV-Infizierter vor Ort fließen. „Es ist kaum zu glauben, was Anna-Lena in einem Jahr alles bewirkt hat“, sagt Michael Geier, der Leiter der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön. Sie hatte von sich aus auf Grund eines Zeitungsberichts Kontakt zur Verwaltungsstelle in Oberelsbach gesucht; die stellvertretende Leiterin Dr. Doris Pokorny daraufhin den Kontakt zum Partnerbiosphärenreservat hergestellt.
Anna-Lena May hat mit ihrer Pionierarbeit und ihren Kontakten vor Ort auch den Grundstein dafür gelegt, dass jungen Menschen aus der Rhön nun im Partnerbiosphärenreservat im fernen Südafrika der Jugendfreiwilligendienst möglich wird. Die ganze Sache wird unterstützt vom „Verein für soziale Dienste International e.V.“ Die Zusammenarbeit ist durch Tobias Gerhartsreiter entstanden. Der Geographiestudent an der Universität Würzburg, der im vergangenen Jahr ein Fachpraktikum bei der bayerischen Verwaltungsstelle absolviert hatte, arbeitet selbst ehrenamtlich in dem Verein mit.
Der Verein hat langjährige Erfahrung mit der Organisation der Freiwilligendienste und in Absprache mit den Partnern in der Rhön und des Biosphärenreservats „Kruger to Canyons“ beim Bundesfamilienministerium zwei Stellen beantragt. Die Stellen wurden im Juni 2012 bewilligt. Zunächst wird nur eine Stelle in Anspruch genommen, da der Internationale Jugendfreiwilligendienst (IJFD) erst dieses Jahr neu eingerichtet wurde. Die Besetzung der zweiten Stelle hängt davon ab, ob eine weitere geeignete Einsatzstelle in „Kruger to Canyons“ gefunden werden kann. Konkrete Verhandlungen laufen bereits.
Mona Bildhauer wird erst einmal vorrangig im Hlokomela-Kräutergarten tätig sein und dabei natürlich auch verschiedene andere Projektbereiche kennenlernen. Die 24-Jährige freut sich derweil auf ihren Aufenthalt in fremden Gefilden und möchte gerne an die von Anna-Lena May geleistete Pionierarbeit anknüpfen. Die gelernte Bürokauffrau, die sich zur Wirtschaftsfachwirtin weitergebildet hat, könnte mit ihren beruflichen Kenntnissen sicherlich einiges dazu beitragen, den für das Hilfsprojekt so wichtigen Wirtschaftsbetrieb weiter auszubauen; aber auch im Garten richtig mit „anzupacken“ reizt die Münnerstädterin. Wohnen wird sie bei einer Familie unweit ihres Arbeitsplatzes. „Sie ist auf jeden Fall sehr gut untergebracht“, versichert Anna-Lena May, die die Gasteltern gut kennt.
Bereits seit 2008 pflegt die bayerische Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön enge Kontakte zur Partnerregion. Ganz im Sinne einer lebendigen Partnerschaft unterhält man einen regen Austausch. Die Zusammenarbeit möchte man gerne noch weiter intensivieren, profitieren doch beide Seiten davon, wie Michael Geier und Dr. Doris Pokorny unterstreichen. Sie freuen sich, dass man nun jungen Menschen die Möglichkeit geben kann, das ferne Land näher kennenzulernen und sich auf sozialem und ökologischem Gebiet zu engagieren.
Der Auslandsfreiwilligendienst soll auch für den kleinen Geldbeutel erschwinglich sein. Die Freiwilligen erhalten in der Regel Unterkunft, Verpflegung und ein angemessenes Taschengeld oder gegebenenfalls entsprechende Geldersatzleistungen. Auch die Reisekosten werden erstattet. Der Auslandsaufenthalt läuft für zwölf Monate und beginnt im Oktober jeden Jahres. Für das Auslandsjahr 2013/14 kann man sich jetzt schon bewerben. Die Stelle richtet sich an junge Leute zwischen 18 und 26 Jahren. Voraussetzung ist eine abgeschlossene Schulausbildung (unabhängig von der Schulart). Die Bewerber sollten Neugierde für ein fremdes Land und andere Kulturen mitbringen, physisch und psychisch belastbar sein und über gute Englischkenntnisse verfügen. Die Stelle wird bundesweit ausgeschrieben; geeignete Bewerber bzw. Bewerberinnen aus der Rhön genießen jedoch Vorrang.
Ausführliche Informationen zu Bewerbung, Ablauf und Organisation sowie zum Hlokomela-Projekt selbst gibt es beim „Verein für soziale Dienste International e.V.“ im Internet unter www.social-services.net. Ansprechpartner ist Dipl. Soz.-Wiss. Clemens Wetzel, Email: clemens@social-services.net, Tel.: 0203 – 94 100 745. Online-Bewerbungsformulare findet man unter www.social-services.net/bewerbung, Stichwort: „Projekt Südafrika, K2C Hlokomela Hoedspruit“. Fragen zur Region „Kruger to Canyons“ und zum Projekt Hlokomela beantwortet Dr. Doris Pokorny, Bayerische Verwaltungsstelle Biosphärenreservat Rhön, Email: doris.pokorny@reg-ufr.bayern.de, Tel.: 0931 – 380 1660.