Fulda. Ein großer Tag für die Biothan GmbH: Für ihr zukunftsweisendes Projekt „Regenerative Energie aus organischem Abfall“ erhielt das Unternehmen in einer Feierstunde offiziell die Auszeichnung „Ausgewählter Ort 2012“ im Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“. Gleichzeitig wurde bei der Gelegenheit auch die erste Ausbaustufe der Anlage offiziell in Dienst gestellt.
Biothan, eine Tochter der Gas- und Wasserversorgung (GWV) und der Stadt Fulda, verarbeitet auf dem Finkenberg bei Kleinlüder in einer dort neu errichteten Anlage biogene Reststoffe zu hochwertigem Bio-Erdgas, das ins GWV-Netz eingespeist wird. Die Anlage kommt vollständig ohne nachwachsende Rohstoffe aus. Die erste Ausbaustufe produziert bereits per Nassvergärung aus organischen Reststoffen und Gülle Biogas, das anschließend zu Erdgas veredelt wird. Die parallel in Bau befindliche zweite Ausbaustufe wird ab dem nächsten Sommer per Trockenvergärung Reststoffe sowie die Inhalte der Braunen Tonne des Landkreises Fulda in Energie umwandeln.
Beide Ausbaustufen zusammen erzeugen später rechnerisch den Erdgas-Bedarf von etwa 2.400 Haushalten. Das Bio-Erdgas wird von GWV vermarktet und soll sowohl Haushalts- als auch Gewerbekunden verfügbar gemacht werden.
Die auf einem abgelegenen ehemaligen Militärareal realisierte Anlage leistet damit einen Beitrag zur Steigerung der Unabhängigkeit von Energie-Importen, ohne dass dafür „Energiepflanzen“ wie Mais angebaut werden müssen.
„Beispiel für Innovationskraft“
Der Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“ wird seit 2006 von der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ gemeinsam mit der Deutschen Bank realisiert. Marco Soika, Direktor Private Wealth Management der Deutschen Bank Region Mitte, überreichte dem Geschäftsführer der Biothan, Andreas Bug, die begehrte Auszeichnung als „Ausgewählter Ort 2012“. Er unterstrich: „Biothan ist ein lebendiges Beispiel für die Innovationskraft des deutschen Mittelstands: nachhaltig, ökologisch und wirtschaftlich.“
Hinter den „Ausgewählten Orten 2012“ stünden Ideen, die begeistern und Menschen, die sich für Fortschritt und Zukunft engagieren, begründete Marco Soika das Engagement der Deutschen Bank. Aus über 2.000 Bewerbungen wählte die hochkarätig besetzte Expertenjury aus Wissenschaftlern, Wirtschaftsmanagern, Journalisten und Politikern die Biothan GmbH als Preisträger aus.
„Wir freuen uns über diese Auszeichnung. Sie bestätigt uns in unserem Kurs“, bedankte sich Biothan-Geschäftsführer Andreas Bug. GWV-Geschäftsführer Martin Heun ergänzte: „Wir haben hier auf dem Finkenberg den Beweis erbringen wollen, dass man auch aus Reststoffen in großem Stil regenerative Energie erzeugen kann. Diese Vision ist jetzt Wirklichkeit geworden. Dazu haben viele beigetragen, neben den Experten auch die Vertreter der Gebietskörperschaften. Ihnen allen gilt unser Dank.“
Gemeint waren damit insbesondere die unter den zahlreichen Ehrengästen anwesenden Entscheidungsträger aus der Region: Landrat Bernd Woide, Oberbürgermeister Gerhard Möller und nicht zuletzt Großenlüders Bürgermeister Werner Dietrich. Der, so Bug, habe das Projekt in seiner Gemeinde nach Kräften unterstützt und frühzeitig erkannt, dass auf dem Finkenberg ein modellhaftes Vorhaben realisiert wird. Das große Interesse an der Anlage, über die schon deutschlandweit berichtet worden ist, beweist dies.
Gelebte Energiewende
Zweiter Teil des Festaktes war die offizielle Einweihung der ersten Ausbaustufe. Hier werden pro Jahr etwa 11.000 Tonnen Gülle aus der Region sowie 21.000 Tonnen organischer Abfälle in einem Nassfermenter zu ca. 23 Mio. Kilowattsunden Biogas verarbeitet, das gleich an Ort und Stelle zu Bio-Erdgas veredelt wird. Die prozessbedingt anfallenden Gärreste sind ein hochwertiger, nahezu geruchloser Dünger, den örtliche Landwirte statt Gülle einsetzen werden. Die unter großem Beifall der Gäste jetzt offiziell eingeweihte Anlage ist in den vergangenen Wochen langsam hochgefahren worden und wird in Kürze „mit Vollgas“ arbeiten.
Pfarrer Sebastian Blümel (Katholische Kirchengemeinde Großenlüder) und Pfarrer Christian Schulte (Ev. Kirchengemeinde Bad Salzschlirf-Großenlüder) erbaten Gottes Segen für die Anlage und die hier arbeitenden Menschen.
Großer Andrang beim anschließenden Tag der offenen Tür
Im Anschluss an Preisverleihung und Einweihung war die Anlage auf dem Finkenberg für alle Interessierten geöffnet. Die Experten der Biothan GmbH boten fachkundige Führungen an, die rege in Anspruch genommen wurden. Weit über 1.000 Bürgerinnen und Bürger aus Großenlüder und der gesamten Region nutzten die Chance, sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Viele zeigten sich überrascht, dass die Anlage, wie versprochen, tatsächlich keine Lärm- und Geruchsbelästigungen erzeugt. „Ein regionaler Beitrag zur Energiewende – rundum gelungen“, kommentierte ein beeindruckter Besucher.