Kalbach/Fulda. Mit der Abfuhr in der Mülltonne verlassen die Abfälle meist schnell und zuverlässig das Bewusstsein. Nur wenige beschäftigen sich damit, welcher technische Aufwand zur Entsorgung des Hausmülls erforderlich ist.
Im Landkreis Fulda sind von 1982 bis 2005 jährlch zwischen 120.000 und 180.000 Tonnen Abfälle angefallen, die auf der Kreisabfalldeponie in Kalbach entsorgt wurden. Dies entspricht rund 100 bis 150 Anlieferungen pro Tag bei einer Gesamtablagerungsmenge von rund drei Millionen Tonnen. Zum 1. Juni 2005 hat der Gesetzgeber die Ablagerung von Abfällen bundesweit faktisch beendet, obwohl in Kalbach noch für viele Jahre genehmigte Entsorgungskapazitäten vorhanden gewesen wären.
Die Kreisabfalldeponie Kalbach wurde in mehreren Abschnitten mit einer Gesamtablagerungsfläche von 13 Hektar und einem Investitionsvolumen von rund 35 Millionen Euro ausgebaut und verursachte jährliche Betriebskosten von rund acht bis zehn Millionen Euro. Zur umweltsicheren Entsorgung mussten hohe Sicherheitsstandards erfüllt und viele Kontrollsysteme bis heute vorgehalten werden.
Ein besonderes Augenmerk gilt dabei dem Schutz des Grundwassers. In den Deponiekörper eindringendes Niederschlagswasser bildet mit wasserlöslichen Stoffen, die bei der Zersetzung der eingelagerten Abfälle entstehen, eine Vielzahl chemischer Verbindungen. Ein spezielles Dichtungssystem im Deponieuntergrund aus mehreren Tondichtungsschichten und einer zwei bis drei Millimeter dicken Kunststoffdichtungsbahn verhindert ein Eindringen des verschmutzen Wassers in den Untergrund.
Das „Sickerwasser“ wird über einen Flächenfilter aus Schotter und Drainageleitungen aus dem Deponiekörper abgeleitet. Derzeit fallen jährlich rund 35.000 bis 40.000 Kubikmeter Sickerwasser an, die in einer eigenen, speziell auf die Belastungen von Deponiesickerwasser ausgerichteten Behandlungsanlage gereinigt werden. Dort bauen empfindliche Bakterien unter erhöhtem Betriebsdruck insbesondere Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen ab. Temperatur, pH-Wert, Sauerstoff- und Stickstoffgehalt müssen kontinuierlich überwacht und gegebenenfalls durch Zugabe von Hilfsstoffen eingestellt werden.
Anschließend wird der von den Bakterien gebildete Schlamm durch spezielle Membranfilter vom gereinigten Wasser abgetrennt. Im Wasser verbliebene, durch biologische Behandlung nicht oder nur schwer aufzubrechende organische Verbindungen werden in Reaktoren der dritten Stufe von Aktivkohle mit stark ausgebildetem Porensystem physikalisch adsorbiert. Verbrauchte Aktivkohle wird durch eine spezielle Behandlung reaktiviert und erneut eingesetzt. Das so gereinigte Sickerwasser wird anschließend in die kommunale Kläranlage Neuhof abgeleitet und dort nochmals gereinigt.
Allein die Unterhaltung des Ableitungssystems und die Reinigung des Sickerwassers kosten jährlich über eine Millionen Euro. Da in den abgelagerten Abfällen auch organische Stoffe enthalten sind, entsteht durch chemische und bakteriologische Abbauprozesse zudem „Deponiegas“. Es besteht zu 40 bis 50 Prozent aus Methan, zu 35 bis 40 Prozent aus Kohlendioxid, zu fünf bis zehn Prozent aus Stickstoff sowie geringen Mengen anderer gasförmiger Bestandteile und ist brennbar.
Es wird ständig über ein mehr als vier Kilometer langes, weit verzweigtes Rohrleitungssystem aus der Deponie abgesaugt und in speziellen Motoren verbrannt. So kann elektrische Energie erzeugt werden, die in das Stromnetz eingespeist wird. Zusätzlich wird über Wärmetauscher noch Wärme für Heizzwecke gewonnen. Gas mit niedrigerem Methangehalt, der für den Betrieb der Motoren nicht ausreicht, wird in einer Hochtemperaturfackel verbrannt.
Aus einer Gewichtstonne Mülle können in zehn bis 15 Jahren 150 bis 200 Kubikmeter Deponiegas entstehen. Die Gasmenge ist abhängig vom Betriebszustand der Deponie. Am meisten Gas entsteht während der Ablagerungsphase. Nach Schließung der Deponie nimmt es über einen langen Zeitraum allmählich wieder ab.
Man geht davon aus, dass eine Abfalldeponie nach Beendigung des Ablagerungsbetriebs noch viele Jahrzehnte der Nachsorge bedarf. Die Deponiefläche muss zunächst durch „temporäre Abdeckungen“ vor dem Eindringen von Niederschlägen geschützt werden. Endgültig kann die Oberfläche wegen der Setzungen im Deponiekörper erst zehn bis fünfzehn Jahre später abgedichtet werden. Danach wird allmählich weniger Sickerwasser anfallen und die entstehende Deponiegasmenge zurückgehen. Für die ersten beiden Abschnitte der Abfalldeponie Kalbach, die bis 1998 betrieben wurden, ist derzeit die Abdichtung der Oberfläche geplant. Wie im Untergrund soll auch hier ein mehrstufiges Dichtungssystem verwendet werden.
Die Nachsorge und Sicherung der Kreisabfalldeponie wird in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich Kosten von rund 35 bis 40 Millionen Euro verursachen, die der Landkreis Fulda bereits angespart und hierfür zurückgestellt hat. Die Entsorgung der im Landkreis anfallenden Abfälle seit Juni 2005 werden in den Kreisseiten am kommenden Sonntag vorgestellt.