Hünfeld/Lemberg. Für seine Fußballbegeisterung nimmt Thomas Müller weite Wege auf sich. Zuletzt war er zwanzig Stunden im Bus nach Lemberg in der Ukraine unterwegs, wo die deutsche Nationalmannschaft ihr Auftaktspiel bei der Europameisterschaft gegen Portugal bestritt. Begleitet wurde der 39-jährige Großenbacher von Roland Thiele aus Petersberg sowie Andreas Och und Mario Henning, beide aus Burghaun.
Seit Anfang der neunziger Jahre reist der gelernte Finanzwirt, der bei der Fuldaer Kreisverwaltung für die Sozialplanung zuständig ist, regelmäßig zu Auswärtsspielen der Fußballnationalmannschaft. Auf diese Weise hat er eine ganze Reihe von europäischen Städten kennengelernt, wobei ihm Dublin und Istanbul in besonders guter Erinnerung geblieben sind. Pro Jahr besucht Thomas Müller drei bis vier Länderspiele. In der Bundesliga schlägt sein Herz für den Hamburger Sportverein, im heimischen Raum unterstützt er dessen kleinen Namensvetter, den Hünfelder Sportverein. Nach der Europameisterschaft, bei der je nach Abschneiden der deutschen Mannschaft noch Fahrten zum Viertelfinale in Warschau oder Danzig sowie möglicherweise zum Halbfinale in die polnische Hauptstadt anstehen – „das Finale in Kiew wäre mir dann doch zu weit“- hat er als nächste größere Reiseziele die Färöerinsel im kommenden Herbst sowie die Fußball-Weltmeisterschaft im übernächsten Jahr in Brasilien ins Auge gefasst.
Thomas Müller gehört zu einer zehn- bis fünfzehnköpfigen Gruppe aus Hünfeld und Umgebung, die Mitglied im Fan Club Nationalmannschaft ist und so leichter an die kontigentierten Eintrittskarten kommt. Bis auf eine Ausnahme handelt es sich um Männer im Alter von Anfang zwanzig bis über fünfzig. Einige waren bei der WM vor zwei Jahren in Südafrika dabei, Thomas Müller selbst hat 16 Spiele bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland und alle Spiele der deutschen Mannschaft bei der letzten Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz sowie bei der vorletzten EM in Portugal besucht. Auswärtsbegegnungen werden von ihm nicht in erster Linie wegen der damit verbundenen touristischen Eindrücker bevorzugt. „Bei uns steht der Sport im Vordergrund.“ Vielmehr seien die Stimmung besser, das Gemeinschaftsgefühl unter den Fans aus ganz Deutschland stärker und die Unterstützung der eigenen Mannschaft enthusiastischer. „Bei Heimspielen wird viel eher gepfiffen, wenn es mal nicht so läuft.“
Bei seinen Fahrten konnte der Verwaltungsangestellte bisher nur positive Erfahrungen machen. Mit Ausschreitungen ist er noch nicht konfrontiert worden. Als besonders freundlich habe er Iren, Schotten und Skandinavier erlebt. Und auch die häufig verschrienen Engländer respektierten den sportlichen Gegner. Vor Überraschungen bei Reisen ins Ausland sei aber niemand gefeit. So brauchte der Bus nach Lemberg für die letzten dreihundert Kilometer acht Stunden, weil es eine auf der Karte eingezeichnete Autobahn nicht gab. Dort angekommen war man froh, nicht wie andere im Bahnhofsgebäude übernachten zu müssen. Die eher durchschnittliche Begegnung gegen die Portugiesen hat er weniger negativ wahrgenommen als viele Fernsehzuschauer. Man lasse sich durch die allgemeine Euphorie im Stadion mitreißen und könne so einen Motivationsschub bei der eigenen Mannschaft auslösen. Bleibt zu hoffen, dass die Unterstützung der Fans vor Ort und zu Hause anhält und das deutsche Team bis ins Endspiel trägt.