Hünfeld-Mackenzell. Trotz Nieselwetter hatten sich viele Freunde der osthessischen Vor- und Frühgeschichte im historischen Pfostenständer-Fachwerkhaus mit Redstrohdeckung eingefunden. Durch eine mobile, moderne Gasheizung und mit Hilfe von bereitgestellten Decken mussten die Zuschauer in dem rekonstruierten vorgeschichtlichen Haus nicht frieren.
Der Abteilungsleiter Vorgeschichte des Konrad-Zuse-Museums in Hünfeld, Christian Aschenbrenner, referierte über mehr als zweihundert Jahre archäologische Forschungen im Hünfelder Land. Von ersten Grabungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Dr. Schneider aus Fulda, über die Forschungen Pinders und Böhlaus aus Kassel am Stallberg bei Rasdorf, bis hin zu neusten Grabungen in Mackenzell selbst 2000/2001 (Keltenhof Mackenzell) und zur Erforschung eines mutmaßlichen Grabhügels bei Burghaus im Juli /August diesen Jahres spannte sich der Bogen. Wichtige Grabungen und ihre spektakulären Funde wie das „Reiche Mädchen von Molzbach“ (1931) und am Sandstrauch (1938/42), im Hünfelder Museum zu bewundern, wurden vorgestellt.
Bedeutende Zufalls- und Einzelfunde fanden ebenfalls Erwähnung. Ihre manchmal spannende Fundgeschichten wie die des bronzenen Halsreifs (Torques) durch Herrn Seidel oder des Bronzebeils aus dem Wald bei Dammersbach, das bei Nachsuchen des Kampfmittelräumdienstes in der Nähe einer 1945 weggeworfenen Panzerfaust gefunden wurde, wusste der Referent zu berichten. Herrn Förster Maus, der unter den zahlreichen Zuschauern war, haben wir letztlich dieses zirka 3.500 Jahre alte Beil zu verdanken.
Die hessische Vorgeschichtsforschung hat auch durch systematische und behördlich genehmigte Feldbegehungen von Privatpersonen und Amateurarchäologen große Fortschritte gemacht. Heinrich Leister (1927-1995) aus Rothenkirchen hat den bisher ältesten Schlagplatz nicht nur Hessens bei Großenbach, sondern auch den jüngsten altsteinzeitlichen Lagerplatz bei Rothenkirchen (Himmelhecke, nahe der Markuskapelle) entdeckt und erforscht. Der Referent erläuterte den staunenden Zuhörern, dass vor genau 12.920 (!) Jahren bei Rothenkirchen „endpaläolithische“ Jäger einen Rastplatz anlegten und Geräte aus Kieselschiefer verfertigten, um Tiere zu jagen, die sich vielleicht an der Salzquelle (Salzborn am Kapellenfuß von Rothenkirchen) mit den notwendigen Mineralien versorgten. Ablagerungen vulkanischer Aschen aus der Eifel ermöglichen heute solche genauen Datierungen.
Das reichhaltige Forschungswerk Leisters, anschaulich im Bürgerhaus Rothenkirchen von Herbert Jakob dokumentiert, war ein wichtiges Kapitel des Vortrags. Aschenbrenner demonstrierte auch die Herstellung von altpaläolithischen Geröllgeräten, wie sie Leister bei Großenbach entdeckt hat. Der Referent als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesamtes archäologische Denkmalpflege betreut bis heute durch genehmigte Begehungen die Fundplätze. Diese ältesten Werkzeuge der Menschheit, die im Umfeld Hünfelds gefunden werden, sind bis zu rund 1,3 Millionen Jahre alt.
Zwei „Weltneuheiten“ konnte der Referent den staunenden Zuhörern auch als Abbildungen zeigen: die schon zu Beginn der sechziger Jahre bei Rasdorf gefundene keltische Goldmünze und ein von Leister in der Großregion Burghaun aufgesammeltes Fragments eines keltischen Glasarmreifs. Beide äußerst seltenen Funde stammen aus der mittleren Latènezeit, rund 250 Jahre vor Christus, und zeigen, dass das Hünfelder Land immer schon – bis heute – ein Durchgangsland war.
Über diese beiden Neufunde und über keltische Kultur in Osthessen wird beim zweiten „Mackenzeller Keltenabend“ am Mittwoch, 2. Mai, ab 19.00 Uhr, der Fuldaer Stadt- und Kreisarchäologe Dr. Frank Verse, wieder im gewärmten „Keltenhof“ in Hünfeld-Mackenzell, berichten. Interessentern melden sich bei der Volkshochschule des Landkreises Fulda, Telefon 0661/2519933.