Tann-Wendershausen. Als Eckart und Anja Stitz 1997 nach Wendershausen zogen, waren es die ländliche Lage und die relativ niedrigen Immobilienpreise, die zu der Entscheidung für den Ort in der Rhön geführt hatten. Mittlerweile haben sie drei Söhne, die gerne draußen herumtollen. „Wir fühlen uns wohl“, sagt Anja Stitz, die sich mit ihrem Mann auch an Aktionen der Elterninitiative beteiligt. Diese hatte kürzlich zum Kinderfasching ins neue Dorfgemeinschaftshaus, dem „Johnschen Anwesen“, eingeladen.
Achim Wagner, seit 2001 Ortsvorsteher in Wendershausen, ist froh über das Multifunktionsgebäude, das 2006 im Zuge des Dorferneuerungsprogramms fertig gestellt wurde und für Familienfeste, Jubiläen und in Kombination mit der Johnschen Festscheune auch für größere Veranstaltungen „super geeignet ist“. Zudem bietet es dem Ortsbeirat, Bogensportverein, Fußballverein sowie der Dorfjugend ein Quartier. Beim Bau sowie den Arbeiten am neuen Spielplatz, dem Backhaus und Glockenhaus haben Elterninitiative, Bogensportverein, Fußballverein, Freiwillige Feuerwehr und weitere Bürger mitgeholfen.
Zuvor nur durch die 450 Jahre alte Dorflinde und das Kriegerdenkmal gekennzeichnet, ist so ein neuer, malerischer Dorfmittelpunkt entstanden: Von der einen Seite rahmen der mit viel Grün bewachsene Bach Weid sowie das Gefrierhaus und das Backhaus den Dorfplatz ein. Der Bach bietet vielen einheimischen Arten Lebensraum, sogar einige Wildentenfamilien haben sich angesiedelt. Auf der anderen Seite wird der Platz umrahmt vom zweiten Bachlauf Mühlgraben, der ein Mühlrad zur Stromerzeugung antreibt. Statt wie vormals kahle Betonmauern sieht man Sumpflilien und Dotterblumen, wenn man im Sommer über die neue Holzrundbogenbrücke zum Dorfplatz geht. Dort laden Sitzbänke und Tisch unter der großen Linde zum Verweilen ein, während an dem neuen Dorfbrunnen gerne Kinder spielen
„Durch die neue Ortsstruktur hat sich auch das Wir-Gefühl verbessert. Denn Wendershausen ist ein langgezogenes Straßendorf. Dadurch sind sich die 472 Einwohner wenig begegnet“, berichtet der Ortsvorsteher, der gebürtiger Wendershäuser ist. Auch fehlen andere Elemente einer dörflichen Struktur, wie Kirche und Friedhof, Einkaufsladen, Bäcker, Metzger oder Post. Als Bereicherung sieht Wagner, dass die Evangelische Glaubensgemeinschaft Wendershausen und die Freie Kirche regelmäßig Gottesdienste in eigenen Häusern anbieten.
1970 fusionierte die eigenständige Gemeinde Wendershausen mit der Stadt Tann, in deren Schatten sie seit Begründung der Herrschaft Tann historisch gestanden hatte. Dabei handelt es sich bei Wendershausen, das 836 erstmals urkundlich erwähnt wurde, um die älteste Siedlung im ganzen Ulstertal.
Für Ortsvorsteher und Ortsbeirat bedeuteten die Gegebenheiten keinen Grund zum Verzagen: Sie meldeten das Dorf für den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ an. „Etwas ungünstig war nur, dass die Bewertungskommission ausgerechnet nach dem Wochenende unserer 1175-Jahr-Feier anreiste. Da war, nachdem das halbe Dorf bei den Festlichkeiten geholfen hatte, bei den Bürgern erst einmal die Luft raus“, erläutert Wagner, der auch fast 20 Jahre lang Vorsitzender des Wendershäuser Sportvereins gewesen ist.
Auch wenn es nicht zum Sieg gereicht hat, so bewertete die Jury die Entwicklung des Ortes insgesamt doch sehr positiv: „Was hier die letzten Jahre geleistet wurde, ist bemerkenswert.“ Die Jury lobte dabei konkret die Erneuerung des Dorfkerns, die Renaturierung des Mühlgrabens, die soziale und kulturelle Ausstattung für junge Familien, aber auch die Schaffung von Arbeitsplätzen durch eine Reihe kleiner Betriebe. Dazu gehören Attraktionen wie das Rhönkaufhaus und der Indoorspielplatz „Rhönräuberpark“, aber auch ein Fitnessstudio, eine Physiotherapie- und eine Tierarztpraxis sowie eine Rhönforellenzucht. Auch der von Achim Wagner monatlich veranstaltete Tauben- und Kleintiermarkt und die „Spinnstube“ mit Volksliedersingen, Anekdoten und Unterhaltung locken immer wieder Besucher in das Dorf.