Wiesbaden. Laut dem Hessischen Gesundheitsbericht hatten im Jahr 2009 130.000 Männer und 112.000 Frauen die Diagnose Krebs. Bundesweit sind im Laufe ihres Lebens rund 38 Prozent der Frauen und 47 Prozent der Männer betroffen. Grund genug für das Hessische Sozialministerium, die Hessische Krebsgesellschaft und die Stiftung Leben mit Krebs, das Jahr 2012 ins Zeichen der Krebs-Prävention zu stellen. „Vorsorge ist das beste Mittel gegen den Krebs, je früher eine Erkrankung oder deren Vorstufen erkannt werden, desto effizienter kann dagegen vorgegangen werden beziehungsweise können akute Erkrankungen komplett vermieden werden“, betonte der Hessische Sozialminister Stefan Grüttner heute in Wiesbaden anlässlich der Pressekonferenz zum Auftakt des Präventionsjahres.
Unter dem Motto „Du bist kostbar – Hessen gegen Krebs“ werden alle Präventionsaktionen für 2012 gebündelt. „Dazu gehören Schwerpunktaktionen zur Vorsorge bei Darmkrebs, Hautkrebs und Brustkrebs. Außerdem sogenannte Querschnittsthemen wie Ernährung und Bewegung, die positive Effekte in allen Bereichen der Prävention bewirken“, erläuterte der Sozialminister.
Brustkrebs, Darmkrebs und Lungenkrebs sind in Hessen als Neuerkrankungen die häufigsten Krebsarten bei Frauen. Männer erkranken zumeist an Prostatakrebs, Darmkrebs und Lungenkrebs. Bei den rund 140 Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren, die in Hessen jährlich neu erkranken, sind Leukämien und Hirntumore sowie Lymphknotenkrebs am verbreitetesten. Zwar liegen die Heilungsraten hier bei 80 Prozent – dennoch ist Krebs immer noch die zweithäufigste Todesursache bei Kindern.
„Bundesweit bleibt die Vorsorgerate leider deutlich hinter dem zurück, was optimal wäre“, bedauerte Stefan Grüttner. Die Gründe seien vielfältiger Natur: „Unwissenheit aber auch Angst, Scham oder ganz einfach der ‚innere Schweinehund‘ halten die Menschen ab, sich für entsprechende Vorsorgebehandlungen zu entscheiden“. Zusammen mit der Landesärztekammer, der Landesapothekerkammer, den Krebsselbsthilfegruppen, dem Landfrauenverband, dem Landessportbund, den Krankenkassen und Kommunen werden das Hessische Sozialministerium, die Hessische Krebsgesellschaft und die Stiftung Leben mit Krebs Aktionen anbieten, die die Motivation, an der Krebsvorsorge teilzunehmen, erhöhen sollen.
Den Stellenwert der Prävention unterstrich auch Prof. Dr. med. Karl-Heinrich Link, Chefarzt und Direktor des Chirurgischen Zentrums der Asklepios Paulinen Klinik Wiesbaden und Vorsitzender der Hessischen Krebsgesellschaft e.V.: „Chirurgen sind wesentlich in die Behandlung der häufigsten Tumortypen, wie z. B. Darmkrebs eingebunden. Die Operation ist die alleinige Methode mit Heilungsansatz, aber Chemotherapie und Strahlentherapie helfen, die Heilungsaussichten deutlich zu verbessern. Alle beteiligten Disziplinen, insbesondere auch die Chirurgen bemühen sich stetig, mit besserer Behandlungsqualität und Kooperation die Resultate zu optimieren“, sagte Link.
„Chirurgen mit Verantwortung und Engagement sollten Ihre Expertise nicht nur in die Behandlung eingetretener Krebserkrankungen einbringen, sondern sich vor dem Hintergrund zunehmender Erkrankungshäufigkeiten an der Verbreitung von Präventionsmöglichkeiten beteiligen. Aufgrund persönlicher Ausbildungswege, verbunden mit wissenschaftlichem Interesse, hatte ich das Glück, schon sehr lange auch das Thema Prävention mit fundierten Argumenten an die Öffentlichkeit bringen zu können. Mit dieser Erfahrung und Motivation hat die Hessische Krebsgesellschaft schon zu meiner Zeit als Vorstandsvorsitzender zusammen mit dem Referat Prävention des Hessischen Sozialministeriums den Auftrag zur Aufklärung über wirksame Präventionsmaßnahmen gegen die häufigsten Krebserkrankungen aufgenommen.
Wir haben uns das feste Ziel gesetzt, mit der daraus entstanden und von der Stiftung Leben mit Krebs unterstützten landesweiten Kampagne die Menschen in Hessen nachhaltig zu dem Thema Prävention gegen Krebs zu informieren und zu Eigenleistungen für die eigene Gesundheit zu motivieren. Vorbeugen ist, auch aus chirurgischer Sicht gesehen, tausendmal besser, als operiert zu werden“, so der Vorsitzende der Hessischen Krebsgesellschaft e.V. weiter.
Auch Prof. Dr. med. Elke Jäger, Chefärztin und Ärztliche Direktorin der Klinik für Onkologie und Hämatologie am Krankenhaus Nordwest sowie Vorstandsmitglied der Stiftung Leben mit Krebs, unterstrich die Bedeutung eines gesundheitsbewussten Lebensstils: „Als Onkologin und Mitglied des Vorstandes der Stiftung Leben mit Krebs begrüße ich diese Initiative aus gesundheitspolitischer Richtung außerordentlich. Krebs steht in der heutigen Zeit weiterhin als bedrohliche, mit dem Stigma der Unausweichlichkeit und Todesnähe versehene Erkrankung da. Psychoonkologische Maßnahmen, vor allem aber gezieltes Bewegungstraining und Anleitung zu körperlicher Aktivität nach diagnostizierten Erkrankung haben in den letzten Jahren zu einer gesteigerten Verträglichkeit der Tumortherapie, verbesserten Bewältigungsstrategien und einer deutlichen Steigerung der Lebensqualität bei erkrankten Patienten geführt“, erklärte Jäger.
„Gesundheitsbewusstes und bewegungsreiches Leben stellt gegenüber den häufigen Krebserkrankungen nach heutigen Erkenntnissen die wichtigste Präventionsmaßnahme dar, gefolgt von Nikotinverzicht und Berücksichtigung geeigneter Ernährungsweisen. So sehe ich es als wichtige Aufgabe an, vor allem die jüngeren Generationen nicht nur umfangreich über die Risiken von Krebserkrankungen zu informieren, sondern konkrete Anleitungen zu geeigneten Präventionsmaßnahmen zu geben, um in Zukunft die Inzidenz dieser immer noch bedrohlichen Erkrankungen wirksam zu senken. Aus politischer Richtung gefördert werden Präventionsmaßnahmen ein anderes Gewicht erhalten und künftig im Zusammenhang mit dem Gesundheitsverhalten der Bevölkerung ernster genommen werden“, betonte die Onkologin.
Die Hessische Krebspräventionsinitiative 2012 umfasst unter anderem folgende Aktionen:
- Auftaktveranstaltung am Samstag, 4. Februar 2012, im Biebricher Schloss:
Die Auftaktveranstaltung zur Hessischen Krebspräventionsinitiative findet statt am Weltkrebstag, Samstag, 4. Februar 2012, 15 Uhr, im Biebricher Schloss, Wiesbaden. Auf das Grußwort des Schirmherrn Sozialminister Grüttner folgen dort vor etwa 100 geladenen Gästen neben weiteren Grußworten der beteiligten Vereine und Stiftungen auch zwei Fachvorträge von Prof. Dr. Karen Steindorf (Deutsches Krebsforschungszentrum) und Prof. Dr. Winfried Banzer (Goethe-Universität Frankfurt). Im Anschluss diskutieren Betroffene aus den Bereichen Kunst und Sport mit Vertretern der Hessischen Krebsgesellschaft und des Hessischen Sozialministeriums.
Im Rahmenprogramm der Veranstaltung werden Exponate der Ausstellung „Kunst zum Leben“ von betroffenen Künstlern gezeigt und ein gleichnamiger Markt der Möglichkeiten angeboten, auf dem sich verschiedene in der Krebsprävention tätige Organisationen vorstellen. Zwischen den Vorträgen präsentiert sich eine Tanzsportgruppe, in der Krebspatienten mit ihren Partnern aktiv sind.
- Schwerpunkt Darmkrebs – 1000 MUTIGE MÄNNER für Offenbach:
„1000 mutige Männer für Offenbach“ ist eine Aktion zur Darmkrebsprävention. Mit dieser Aktion wird das erfolgreiche „1000-mutige-Männer-Format“ fortgeführt – beim Pilotprojekt in Mönchengladbach stieg die Inanspruchnahme der Vorsorgekoloskopien um 7,3 Prozent. Im Gegensatz zu anderen Präventionsaktionen setzt man bei „1000 mutige Männer“ nicht auf klassische Werbung oder gar Prominente, sondern erzielt die Wirkung durch die Aktivierung sozialer Netzwerke, also durch persönliche Empfehlung statt anonymer Kommunikation.
So funktioniert „1000 mutige Männer“: In Marktforschungsstudien wurde festgestellt, dass gerade bei der Darmkrebsprävention psychologische und soziale Faktoren wie Angst und Scham große Barrieren darstellen. Um sie zu überwinden, reicht es nicht, nur mit den Betroffenen zu sprechen. Die Marktforschung hat ergeben, dass das Umfeld eine überragende Rolle bei der Motivation spielt. Allen voran die Lebenspartner, Hausärzte, aber auch das weitere Umfeld – Freunde, Vereinskameraden, Kollegen, Gemeindemitglieder. Also gilt es, diese aktiv in den Prozess einzubeziehen.
Schirmherr der Aktion wird der Oberbürgermeister von Offenbach, Horst Schneider, sein. Zusammen mit lokal bekannten Prominenten werden alle gesellschaftlich relevanten Institutionen der Stadt – unter anderem Hausärzte, Vereine, Arbeitgeber, Medien, Geschäftsleute, Kirchen – aktiviert, um ihr Umfeld zum Arztbesuch zu ermutigen.
Medialer Mittelpunkt der Aktion ist die Website www.mutige-maenner.de. Dort können sich Unterstützer und Teilnehmer registrieren. In einer Tombola werden Preise gesammelt, die unter allen Teilnehmern verlost werden. Wer an einer Vorsorge-Koloskopie teilgenommen hat, kann über seine Erfahrungen berichten und ein Zähler informiert laufend darüber, wie viele mutige Männer sich schon gefunden haben.
In Offenbach wird die Aktion drei besondere Schwerpunkte aufweisen: Nach der Eröffnungsveranstaltung am 24. März 2012 im Ratenhaus Offenbach wird bis zum Juli die individuelle Krebsvorsorge im Vordergrund stehen. Ab Mitte August sollen verstärkt die großen Arbeitgeber Offenbachs einbezogen werden, um ihre Mitarbeiter zur Prävention zu motivieren. Die dritte Säule wird das Thema „Prävention durch Sport und Bewegung“ darstellen. Die Startveranstaltung findet passenderweise im Stadion der Offenbacher Kickers statt. Nach fast genau 12 Monate wird dann im März 2013 Bilanz gezogen: Wie viele Männer und Frauen haben an der Aktion teilgenommen?
Die Aktion „1000 mutige Männer für Offenbach“ wird von der hessischen Krebsgesellschaft und der Barmer GEK getragen und zusammen mit dem Hessischen Sozialministerium organisiert.
Schwerpunkt Hautkrebs
Der Mai 2012 ist der internationale Hautkrebsmonat. Folgerichtig fällt der Schwerpunkt Hautkrebs in die anschließenden Sommermonate und wird hessenweit durchgeführt. Hierbei werden zum Beginn der Badesaison über die Apotheken in Hessen UV-Pflaster an die Bürgerinnen und Bürger ausgegeben, die durch Farbveränderung signalisieren, wann man die Sonne wieder verlassen sollte, respektive Sonnenschutz einsetzen sollte. Von besonderer Bedeutung ist hier die Unterstützung durch die Landesapothekerkammer. Im Fokus stehen vor allem die Jüngeren. Aufklärung für Eltern von Babys und Kindern, zum Beispiel am Kinderpräventionstag am 1. Juni, wird genauso stattfinden wie die direkte Ansprache von Jugendlichen. Eine weitere Zielgruppe sind Menschen, die vornehmlich im Freien arbeiten.
Schwerpunkt Brustkrebs
Im Herbst folgt der Schwerpunkt Brustkrebs. An Brustkrebsmodellen des Landfrauenverbands soll zusammen mit Ärztinnen des Ärztinnenbunds das Abtasten als erste Früherkennungsmethode im Rahmen der lokalen Veranstaltungen des Landfrauenverbands geübt werden. Mit weiterer Unterstützung der Landesärztekammer Hessen stehen außerdem im Rahmen verschiedener Veranstaltungen das Mammographiescreening sowie Bewegungs- und Ernährungsprogramme im Mittelpunkt des Projekts. Es wird von der AOK Hessen, der Frauenselbsthilfe nach Krebs und dem Landfrauenverband getragen und zusammen mit der hessischen Krebsgesellschaft und dem Hessischen Sozialministerium organisiert.
1. Deutsches Sportfest für Krebspatienten 2012
Am 25. August 2012 findet in Wiesbaden das „1. Deutsche Sportfest für Krebspatienten“ im Rahmen der hessischen Gesundheitstage statt. Eine Veranstaltung, wie es sie in dieser Art in Deutschland noch nie gegeben hat. Eingeladen sind die über 650 deutschen Krebssportgruppen, Fachärzte, zahlreiche Experten und natürlich alle interessierten Krebspatienten und deren Angehörige. Veranstalter ist die Stiftung Leben mit Krebs e.V.
Mehr Informationen gibt es im Internet unter:
www.hsm.hessen.de
www.mutige-maenner.de
www.gesundheitsbericht.hessen.de.