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Podiumsdiskussion der Europa-Union über die Gemeinschaftswährung und aktuelle Krisen

Vogelsbergkreis. Das Vertrauen der Bürger und der Märkte nicht zu verspielen, ist jetzt die wichtigste Aufgabe der europäischen Politik. Das war die einhellige Auffassung der Teilnehmer einer Podiumsdiskussion der überparteilichen Europa-Union Vogelsberg in Alsfeld. Der Europaabgeordnete Thomas Mann (CDU), der Bundestagsabgeordnete Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (Grüne), Roman Kubla, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Sparkasse Oberhessen und der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Meckl von der Universität Gießen kritisierten, dass das Hin und Her der griechischen Regierung über die erst angekündigte, dann wieder abgesagte Volksabstimmung alle Beteiligten völlig überrascht, für weitere Unsicherheit über den Weg des Landes gesorgt und deshalb das Vertrauen in die Verlässlichkeit der griechischen Politik weiter reduziert habe.

Anlass für die Diskussion unter dem Titel “Zehn Jahre Euro: Historischer Erfolg oder teurer Irrtum?”, die der Europa-Union-Kreisvorsitzende Dr. Volker Nies moderierte, war die Einführung des Euro als Bargeld vor zehn Jahren. Dieser Jahrestag wurde allerdings von den aktuellen Debatten überschattet. Bei der Einführung des Euro durch den Maastrichter Vertrag 1992 sei eine Haftungsgemeinschaft für die Schulden anderer Länder ausgeschlossen worden, räumten die Diskutanten ein. Der jetzige Rettungsschirm und die faktische Haftung für die Schulden der europäischen Partner seien in der aktuellen Schuldenkrise aber notwendig, waren sich die Redner einig.

“Die damals beschlossenen Stabilitätskriterien sollten eine übermäßige Verschuldung verhindern. Nachdem die deutsche und die französische Regierung die Kriterien um das Jahr 2000 aber mehrfach brachen, war kein Halten mehr. Viele Staaten haben sich nach Belieben verschuldet”, sagte Mann. Ohne die Haftungsgemeinschaft hätte Europa die Krise nicht meistern können. Das notwendige Gegenstück zur Solidarität der europäischen Partner sei allerdings in den Empfängerländern das eigene Bemühen um Solidität. In Irland habe das funktioniert, in Griechenland sei der Ausgang offen, erklärte der Europaabgeordnete.

Deutschland schütze mit den Finanzgarantien auch seine eigene finanzielle Stabilität, sagte Strengmann-Kuhn. Denn kämen die europäischen Staaten erst einmal ins Rutschen, werde auch die Bundesrepublik unter Druck geraten. Der Aufbau einer Brandmauer, wie ihn die Regierungschefs beschlossen hätten, sei richtig gewesen. Beim Beschluss über den Rettungsschirm im Bundestag habe er Bauchschmerzen gehabt. Diese hätten sich aber nicht auch das Prinzip des Schirms bezogen, sondern auch seine spätere Funktionsweise.

Die Politiker hätten schon damals gewusst, dass die unterschiedliche Stärke der Volkswirtschaften in einem Währungsraum zu Problemen führen könne, aber sie hätten die Gefahren als nicht so groß eingeschätzt, wie sie sich jetzt entwickelt hätten, erklärte Kubla. Die Euro-Staaten seien heute so verflochten, dass Deutschland ein großes Interesse habe, seine Partner zu stützen. “Der Haftungsgemeinschaft können wir uns nicht entziehen”, sagte der Banker. Der Rettungsschirm habe sein Ziel erreicht, nämlich die Märkte zu beruhigen.

“Die Risiken waren den Politikern schon damals klar. Aber schon damals war es nicht populär, darüber so sprechen”, beklagte Meckl. Wenn man die unterschieldiche wirtschaftliche Stärke der Länder ausgleichen wolle, habe man drei Möglichkeiten: Man könne die Schwächeren über Transfers dauerhaft stützen, die Schwächeren könnten sich über Lohnsenkungen Wettbewerbsvorteile verschaffen, oder ein Staat könne seine Schulden streichen, was allerdings zu einer gefährlichen Radikalisierung führen könne. Am bequemsten sei eine Mischung aus allem.

Er habe bei dem Rettungsschirm ein mulmiges Gefühl, räumte Meckl ein. “Ich traue der Sache nicht ganz – auch deshalb, weil die Politik unangenehme Wahrheiten immer nur stückweise zugibt”, sagte der Wissenschaftler. Insgesamt gesehen habe sich der Euro bewährt. In Europa habe sich eine Stabilitätskultur breit gemacht, die man vor zehn jahren noch nicht habe erwarten dürfen, waren sich die Diskukanten einig. Der Euro sei sehr stabil und er sei ein wichtiger Grund für die aktuell gute witrschaftliche Verfassung Deutschlands. “Der Euro ist ein historischer Erfolg”, bilanzierte Thomas Mann.

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