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AWO-Stadtteilmütter bieten Unterstützung und machen Mut

Fulda. Aus dem Ausland nach Deutschland zu ziehen, bedeutet nicht nur, dass Vieles in der alten Heimat zurückgelassen werden muss, sondern auch, dass Sprache, Institutionen und Gesellschaft der neuen Heimat anfangs fremd erscheinen. Um Immigranten beim Einleben zu unterstützen, hat die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Fulda im Oktober 2007 das Projekt Stadtteilmütter ins Leben gerufen. Dabei unterstützen Migrantinnen andere Einwanderer bei Erziehungsfragen, Behördengängen, Schulproblemen und Vielem mehr.

Foto: Max Colin Heydenreich

Das Projekt Stadtteilmütter, das von der Stadt Fulda und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziert wird, wendet sich an Frauen, weil diese innerhalb der Familien eine wichtige Stellung einnehmen und sich um die Kindererziehung kümmern. „Wenn die Kinder ihren Platz in der Gesellschaft finden, treten bei der nächsten Generation weniger Probleme auf“, berichtet Projektleiterin Adriana Oliveira. Rund 25 Stadtteilmütter wurden seit Beginn des Projekts am Aschenberg ausgebildet und haben nach Schulungen zum deutschen Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem Familien mit Informationen und Hilfestellungen dabei unterstützt, sich in Deutschland zurechtzufinden. „Besonders das gegliederte Schulsystem ist vielen Migranten unbekannt, weshalb es immer wieder zu Verständigungsschwierigkeiten kommt“, weiß Oliveira, die selbst vor zwölf Jahren aus Brasilien nach Fulda gekommen ist.

Den Stadtteilmüttern liegen die Kinder sowie ihre Erziehung, Bildung und Sprachkenntnisse besonders am Herzen. Deshalb freut sich die AWO-Geschäftsführerin Edith Becker, dass mit finanzieller Unterstützung des Landkreises Fulda Instrumente für den kürzlich gegründeten Kinderchor angeschafft werden konnten: „Die Kinder singen deutsch und lernen dadurch die Sprache anders auszusprechen, häufig auch akzentfrei.“ Um auf Sprachbarrieren der Eltern, aber auch kulturelle Unterschiede eingehen zu können, betreuen die Stadtteilmütter Familien ihres eigenen Herkunftslandes. „Bei Problemen können wir früh eingreifen, weil unsere Arbeit ein niedrigschwelliges Angebot ist“, berichtet Oliveira. Und auch die Ratschläge, die sich Migranten untereinander geben, sind häufig lebensnaher als dies etwa deutsche Behörden tun können. „Wir wissen wie es sich anfühlt, wenn der Führerschein oder die Berufsausbildung nicht anerkannt werden.“

Durch das Projekt wird nicht nur den Familien ein verständnisvoller und kompetenter Ansprechpartner zur Seite gestellt, sondern auch den Stadtteilmüttern der Start in der neuen Heimat erleichtert. Stadtteilmutter zu sein verändert die Menschen und auch ihre Lebensläufe, wie Oliveira weiß. Deshalb verwundert es nicht, dass seit Beginn des Projekts elf ehemalige Stadtteilmütter ein Studium aufgenommen haben. „Die Stadtteilmütter erhalten durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit Erfahrung, Mut und Anerkennung. Normalerweise gehen sie dieser Aufgabe etwa ein bis zwei Jahre nach und treten anschließend in eine Berufstätigkeit oder ein Studium ein.“ Diese Geschichten sind es, die die Stadtteilmütter auch anderen Frauen erzählen wollen. Denn bei dem Projekt gehe es letztlich um Hilfe zur Selbsthilfe, erzählt Oliveira. „Die Stadtteilmütter können wie ein Spiegelbild sein. Sie dürfen sagen: Ich hatte dieselben Voraussetzungen wie du und habe es geschafft. Du schaffst es auch!“

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