Wasserkuppe. Am vergangenen Montag ist Otto Evers, der die hessische Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön seit dem 1. Dezember 2006 geleitet hat, in den Vorruhestand gegangen. Über seine Erfahrungen und die aus seiner Sicht wichtigen Zukunftsfragen für das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön hat sich Carsten Kallenbach vom Freien Journalistenbüro der Rhön mit ihm unterhalten.
Herr Evers, was war die besondere Herausforderung für Sie als Leiter der hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön?
Otto Evers: Das war ganz klar, die Forderungen aus der Evaluierung des Biosphärenreservats im Jahr 2003 zu erfüllen und auf den Weg zu bringen. Dabei spielten zwei Themen eine zentrale Rolle: die Beseitigung des Defizits der Kernzonen und die im Jahr 2000 geplante Erweiterung des Biosphärenreservats Rhön auf hessischer Seite. Die Erweiterung, die bereits mit den Kommunen abgestimmt worden war, wurde unter dem damaligen Umweltminister Wilhelm Dietzel seitens des Landes leider nicht weiter verfolgt und ad acta gelegt, um das Problem mit den Kernzonen nicht noch zu vergrößern. Mit seiner Amtsnachfolgerin Silke Lautenschläger haben wir es dann geschafft, ein tragfähiges Konzept hinzubekommen. Dabei haben der Verein Natur- und Lebensraum Rhön, die Kommunen, die Naturschutzverbände, die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Fulda sowie das Regierungspräsidium Kassel entscheidend mitgeholfen. Jetzt wird das Defizit fristgerecht 2013 auf hessischer Seite beseitigt sein, wenn die erneute Evaluierung ansteht.
In Ihre Amtszeit fiel auch die Kommunalisierung der Verwaltungsstelle. War das aus Ihrer Sicht der richtige Weg?
Otto Evers: Die Kommunalisierung der Verwaltungsstelle hin zum Landkreis Fulda ist in der Tat sehr kritisch diskutiert worden. Aber ich bin der Auffassung, dass sie in den letzten vier Jahren kein Fehler war, wenngleich die fachliche Verantwortung eindeutig nach wie vor bei der hessischen Landesregierung liegt. Ministerin Lautenschläger hat das auch anhand der Krenzonenproblematik klar gemacht, nämlich dass nicht der Landkreis entsprechende Flächen kaufen muss, sondern dass das Sache des Landes ist. Und sie hat dafür die finanziellen Grundlagen für 2010 und 2011 gelegt.
Was hat sich Ihrer Ansicht nach noch positiv in Ihrer Amtszeit entwickelt?
Otto Evers: Wir haben die Kooperation mit Firmen wie Rhönsprudel, der Sparkasse Fulda, der VR-Bank NordRhön, den Brauereien Hochstift und Will-Bräu, der ÜWAG, den Schulen, der Jugendgerichtshilfe, den Jugendämtern sowie den Einrichtungen für behinderte Menschen ausgebaut. Das ermöglicht uns Aktionstage und Aktionswochen bis hin zum Sponsoring. Rhönsprudel hat das sehr beliebte Rhönsprudel-Biosphärencamp ins Leben gerufen, und bei der ÜWAG fährt ein Bus, der zum Biosphärenreservat informiert. Wenn wir über nachhaltige Entwicklung in einer Region sprechen, dann kann das nicht eine Sache einer Verwaltung sein, sondern sie muss vom Kindergarten über die Schulen bis hinein in die Unternehmen gelebt werden.
Was hat das Biosphärenreservat Rhön in Sachen Landwirtschaft voranbringen können?
Otto Evers: Sehr wichtig war das Projekt der Kreisbauernverbände einer möglichst ganzjährigen und großflächigen Beweidung, das von der Bundesstiftung Umwelt finanziert wurde. Damit haben wir den wirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Nachweis erbracht, dass auch in benachteiligten Gebieten ein sehr hochwertiges Fleisch erzeugt werden kann, das sich zu einem angemessenen Preis verkaufen lässt. Gemeinsam mit dem Verein Natur- und Lebensraum Rhön bieten wir darüber hinaus eine landwirtschaftliche Beratung an, um weitere Nischen für Landwirte zu finden.
Wo sehen Sie das Biosphärenreservat Rhön im Vergleich mit den anderen 15 deutschen Biosphärenreservaten?
Otto Evers: Ich sehe uns dabei im ersten Viertel. Von den 15 deutschen Biosphärenreservaten habe ich in meiner Amtszeit acht kennengelernt. Und ich habe von allen etwas mitgenommen. Aber eine so große Vernetzung mit der Bevölkerung und den Unternehmen wie bei uns habe ich nirgends feststellen können.
Welcher Themen muss sich das Biosphärenreservat Rhön in Zukunft annehmen?
Otto Evers: Da gibt es viele, beispielsweise die Nutzung regenerativer Energien, die Frage der Siedlungsentwicklung in den Gemeinden vor dem Hintergrund des demografischen Wandels oder die Ärzteversorgung auf dem Land. Wir müssen die Lebensqualität in der Region erhalten, und das wird nur mit übergemeindlichen Netzwerken funktionieren. Was die Mobilität betrifft, so haben wir mit der digitalen Mitfahrzentrale bereits entscheidende Weichen gestellt.
Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?
Otto Evers: Herrn Raab wünsche ich einen sehr engen Schulterschluss mit der Bevölkerung, allen ehrenamtlichen Akteuren, den Naturschutzverbänden und den Kommunen. Ich habe diese Vernetzung in mein Amt mitbringen können, weil ich zu diesem Zeitpunkt schon 25 Jahre Arbeit in einer Naturschutzbehörde und 25 Jahre Geschäftsführertätigkeit im Naturpark Hessische Rhön hinter mir hatte.