Fulda. Das Thema Suizid macht viele Menschen betroffen. Die Gruppe „Sonnenblume – Selbsthilfegruppe für Angehörige nach Suizid“ hat bewusst die adventliche Zeit genutzt, um sich mit der religiösen Einordnung des Suizid an einem Gesprächsabend mit Klinikseelsorgerin Pfarrerin Martina Walter und Generalvikar Professor Dr. Gerhard Stanke, beide Fulda, im Gemeindezentrum der Bonhoeffergemeinde zu befassen. Trauer nach Suizid, sei eine besondere Form der Trauer, weil Suizid für die Angehörigen eine der erschütternsten Leiderfahrungen sei, der ein Mensch ausgesetzt sein könne, so Pfarrerin Walter. In der Trauerbegleitung spräche man von einem Erdbeben, von einer Erfahrung, die plötzlich und massiv allen seelischen Halt in Frage stelle. Alles was bisher gegolten habe und gesichert schien, sei auf einmal brüchig geworden.
Zugleich erfahre die oder der Hinterbliebene, dass die Mitmenschen im näheren oder auch weiteren Umkreis für die Begegnung mit solchen Trauernden wenig gerüstet seien. Während es früher feste Trauerriten gegeben habe, die auch nach Außen die Trauer verdeutlicht hätten, müsse heute jeder seinen eigenen Weg finden. In der Trauerarbeit würde die Sterbe- und Trauerforscherin Kübler – Ross oder Johannes Thomas von Phasen bzw. Aspekten der Trauer sprechen. Neben den Fragen nach eigenen Versäumnisse oder der eigenen Schuld seien bohrende Fragen „Warum hat er oder sie das uns angetan“ und „Warum hat Gott den Suizid zugelassen“. Auf diese Fragestellungen gebe es keine einfachen runden Antworten.
Gott halte uns nicht wie Marionetten an Fäden, sondern begleite uns im Leben, deshalb ist Professor Gerhard Stanke überzeugt, dass Gott einen Menschen, der Suizid begehe, zu sich in das ewige Leben aufnehme. Der Mensch sei im Kampf gegen seine seelische Not unterlegen. „Freitod“ sei das falsche Wort, denn ein Suizid sei nicht freiwillig. In der kirchlichen Bewertung des Suizids, wie sie Augustinus begründet habe, und die ein hilfloser Versuch gewesen sei, Menschen vom Suizid abzuhalten, sei in der modernen Zeit ein Umdenkungsprozess vollzogen worden. So sei es heute selbstverständlich, dass den durch Suizid Verstorbenen seitens der Kirche die gleiche Fürsorge entgegen gebracht werde, wie anderen Verstorbenen. Warum Gott den Suizid zulasse, sei ebenso unerklärlich, wie warum es Leid, Krankheit und Tod überhaupt gebe.
In der regen Diskussion wurden viele persönliche Erfahrungen, die Härte der inneren Auseinadersetzung, Selbstzweifel, Verständnis und Verständnislosigkeit geschildert. Ein Teilnehmer bekannte, dass sein Glaube an die Liebe und Fürsorge Gottes, mitverantwortlich sei, dass er in seiner depressiven Phase keinen Suizid begangen habe. Eine wichtige Grundlage sich mit der Trauerbewältigung nach Suizid befassen zu können sei der Glaube, dass es ein Leben nach dem Tod gebe.