Written by 0:10 Alle Nachrichten, Topthema

Altmeisterliche Malerei von Peter Henryk Blum in Blankenese

Hamburg. Eine steife Brise wehte nasskalt durch Hamburg, der Verkehr staute sich noch mehr als sonst, dennoch versammelte sich illustres Kunstpublikum am Donnerstag im Ravenborg an der Elbchaussee. Prominentester Gast: Lilo Wanders, die eigens zur Vernissage angereist war. Was die Gäste zu sehen bekamen, wog allerdings voll und ganz den Aufwand auf, sich an diesem ungemütlichen Abend in Hamburgs Westen aufzumachen.

Die Bilder, die jetzt noch bis zum 12.11. in großzügigen Veranstaltungshalle des Ravenborg in der ehemaligen Schlosserei zu sehen sind, sind nicht nur meisterhaft gemalt, sie haben auch inhaltlich einiges zu bieten: Da kippt eine junge Krankenschwester ein Weinglas bis kurz vor den Neigungspunkt, an dem der tiefrote Inhalt (Rotwein oder Blut?) fast auf den Boden läuft, der Titel: „Rhesusfaktor positiv“ oder eine junge Frau im Rücken-Halbakt – „das Wunderkind“, so der Titel – sitzt auf einem Klavierhocker und spielt Tenorhorn. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass die Schönheit unter einer massiven Wirbelsäulenverkrümmung leidet. Sicher wird sie nie in der Lage sein, den für das Blasinstrument notwendigen Atem aufzubringen, aber man fragt sich, welche anderen Talente in dem zerbrechlichen Körper des „Wunderkinds“ schlummern.

Das sind nur zwei Beispiele, aber immer wieder erwischt einen der Maler dabei, wie man eines seiner Bild ansieht und zu verstehen glaubt und wie sich dann durch ein Detail, durch ein Accessoire oder auch durch den Titel des Bildes eine zweite Ebene hinzufügt, die die erste Wahrnehmung aufbricht, aber auch komplettiert.

Angewandte Philosophie, das sei für ihn die Kunst, bekennt der weit gereiste Peter Blum, der schon weit über 100 Ausstellungen in der ganzen Welt bestückt hat, denn auch. Ihm gehe es darum, existentielle Fragen zu stellen und Antworten in seinen Bildern zu suchen. So ist es kein Wunder, dass diese Bilder reichlich Gesprächsstoff bieten. Keines davon ist unverbindlich oder von der kühlen unbeteiligten Distanz, die man sonst so oft in fotorealistischen Bildern spüren kann. Sie fordern heraus, beziehen Stellung, grenzen nichts aus, weder Tod noch Eros, weder Schönheit noch Deformation und sind gerade deshalb so spannend.

Das findet auch Frau Wanders, die sonst Wert darauf legt, ihre private und öffentliche Person strikt getrennt zu halten. Nur diesem Künstler hat sie bisher erlaubt, die Privatperson Ernie Reinhardt gemeinsam mit der Kunstfigur Lilo Wanders darzustellen. Das Bild ist Titelgebend für die Ausstellung: Man sieht den leger gekleideten Reinhardt, wie er nachdenklich ein Plakat von Lilo Wanders betrachtet. Es heisst: „Hmm… wenn ich Zeit hab, geh ich hin“. Wir können nur empfehlen: unbedingt hingehen!

Neben großformatigen Gemälden und Zeichnungen präsentiert Peter Blum bei Ravenborg eine Installation, mit der er künstlerisch den Fall „Praline“ aufarbeitet. Der Prozess, der von einem Modell gegen den Maler angestrengt wurde, führte dazu, dass im Jahr 2004 zum ersten Mal nach dem 2. Weltkrieg ein Bild „im Namen des Deutschen Volkes“ verbrannt wurde. Ein Fall, der bundesweit Wellen schlug.

Die Ausstellung ist eine Zusammenarbeit zwischen „Ravenborg“ und der „Galerie Elbchaussee“. Die Schau ist noch zu sehen bis zum 12.11. im „Ravenborg“, Elbchaussee 520, 22587 Hamburg. Finissage im Beisein des Künstlers: 11.11.2010, 19 Uhr Öffnungszeiten: Mo-Fr: 12-20 Uhr, Sa: 10-16 Uhr, Do: 12-24 Uhr.

Visited 2 times, 1 visit(s) today
Close