Fulda. “Nachdem 2010 die Selbstverpflichtungserklärung von Landwirten im Landkreis Fulda abläuft, auf den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) zu verzichten, muss jetzt eine neue Initiative gestartet werden,” erklärt Helmut Schönberger, Fraktionsvorsitzender der Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Hierzu werden die Grünen in der nächsten Kreistagssitzung einen entsprechender Antrag für den Zeitraum 2011 bis 2013 einbringen: Der Kreistag soll die Bemühungen unterstützen und die Voraussetzungen schaffen, den Landkreis Fulda zur „Gentechnikfreien Anbauregion“ zu deklarieren.
Dass dieses Jahr die umstrittene Genkartoffel Amflora europaweit zugelassen wurde, unterstreiche nur einmal mehr die Notwendigkeit, sich vor Ort gegen die Einführung von GVO zu organisieren. Die Einführung widerspreche außerdem dem EU-Recht selbst: Amflora trage ein Gen in sich, das Organismen gegen die Antibiotika Kanamycin und Neomycin resistent mache. Diese Antibiotika werden laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter anderem zur Bekämpfung von Tuberkulose eingesetzt. Laut EU-Freisetzungs-Richtlinie dürften Gentech – Pflanzen mit Resistenz – Genen gegen Antibiotika, die therapeutisch relevant sind, weder vermarktet noch freigesetzt werden. Luxemburg, Österreich und Ungarn klagten übrigens gegen die Freisetzung der Kartoffel vor dem Europäischen Gerichtshof.
„Im September sind in Schweden durch „menschliches Versagen“, d.h. schlichtes Vertauschen der Pflanztöpfe, die nicht zugelassene Gen-Kartoffel Amadea mit Amflora verwechselt und von einer BASF-Tochter ins Freiland ausgebracht worden. Dieser Vorfall hätte auch mit noch „gefährlicherem Material“ passieren können und zeigt, dass Gentechnik einfach nicht beherrschbar sind“, warnt der Grüne. Weitere schwerwiegende Argumente gegen den Anbau von Amflora sind, dass beim Anbau eine Verunreinigung der Lebens- und Futtermittelkette stattfinde, für die es keine Zulassung gebe. Eine striktere Trennung von Gentech-Stärke und Speisekartoffeln sei nicht möglich. Amflora für industrielle Zwecke sei nichts Innovatives, sondern ein alter Hut aus der Gentech – Mottenkiste. Inzwischen gebe es schon längst gentechnikfreie Kartoffel-Alternativen. “Wir sind über den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft sehr besorgt und müssen uns deshalb vor Ort gegen eine Entwicklung wehren, die langfristig zum Ruin unserer bäuerlichen Landwirtschaft führen wird,” fordert Helmut Schönberger die regionalen Akteure auf: “Global denken – lokal handeln!”
Weltweit führe überall dort, wo GVO in der Landwirtschaft eingesetzt wurden, dies bald bei den Landwirten zu Frustration und zu massiven Existenznöten. Die Versprechen von höherer Produktivität und geringeren Kosten träten nicht ein. Die Folgen seien ein massiver Einsatz von Gift, in Indien z.B. sei der Ertrag der Baumwolle immens gesunken, ein Ansteigen der Selbstmordrate sei die Folge gewesen, in Südamerika beim Soja-Anbau sei der Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln drastisch erhöht worden, so Schönberger. Die einzigen, die daran verdienten seien die Konzerne, die das Saatgut und die zugehörigen Spritzmittel für teures Geld den nun in Abhängigkeit stehenden Bauern verkauften. Ähnlich sei es mit der Zucht von „Hochleistungstieren“ mit Hilfe von GVO. Ganz zu schweigen von den monokulturell bewirtschafteten Böden, in die jetzt auch noch unkontrollierbare GVO eingebracht werde. Die große Mehrheit der Bevölkerung, die leider keine Lobby in Brüssel hat, lehne Gentechnik in Lebensmitteln ab.
von Helmut Schönberger