Kleinsassen. Peter Ballmaier gerät ins Schwärmen, wenn er von jenen „fruchtbaren Jahren“ der Kunststation Kleinsassen spricht: Zum einen die Zeit gegen Ende der 70er Jahre, nachdem Professor Jürgen Blums „faszinierende Idee“ realisiert worden war, eine Begegnungsstätte von Kunst und Künstlern zu schaffen. Und zum anderen die Epoche zwischen Gorbatschows Glasnost und dem Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien, als die Kunststation zum oftmals überfüllten Zufluchtsort für geflüchtete Künstler wurde. „Zwischen Regionalität und Internationalität“ – vielleicht könnte man so die Bedeutung der Kunststation Kleinsassen am besten beschreiben, die seit 1979 in der ehemaligen Dorfschule ihr Domizil gefunden hat. Sehr intensive Kontakte und kultureller Austausch mit dem Ausland bestehen noch heute, zum Beispiel mit Slowenien, Schweden und Finnland. Und Kleinsassen am Fuße der Milseburg gilt ja gemeinhin als traditionsreiche Kunststätte: die Kunstwoche beispielsweise findet in diesem Jahr vom 8. bis 15. August bereits zum 31. Mal statt.
Ballmaier, der von 1973 bis 2004 Leiter der Volkshochschule des Landkreises Fulda war, wirkt heute als Geschäftsführer des Trägervereins Kunststation Kleinsassen e.V., dessen Vorstand Landrat Bernd Woide und Bürgermeister Marcus Schafft aus Hofbieber bilden. Der 70-Jährige verkennt nicht, „dass das Wohl und Wehe der Kunststation von den finanziellen Zuwendungen des Landkreises abhängig ist“, betont zugleich aber die Bedeutung der Einrichtung: „Die Kunststation ist nicht nur in der Bundesrepublik unter Kunstliebhabern sehr bekannt, sondern zugleich eine wichtige Bereicherung der Infrastruktur in der Rhön. Für den Landkreis und für die Gemeinde Hofbieber ist es ein Gewinn, so etwas zu haben.“ Neben dem „wesentlichen Förderbeitrag des Kreises“ gibt es noch Mittel von der Stiftung der Sparkasse Fulda und Hilfen vom Kultursommer Main-Kinzig-Fulda, gefördert vom Land Hessen und der Sparkassenkulturstiftung Hessen-Thüringen.
Angesichts der äußerst knappen Finanzsituation der Kommunen muss laut Ballmaier die Frage gestellt werden, wie die Kunststation „eine Gegenwart und Zukunft haben kann, ohne eine ’tote’ Institution zu werden“. Abstriche seien bereits vollzogen worden: So vergebe man keine Stipendien mehr, drucke keine Kataloge mehr, verschicke Einladungen nur noch per E-Mail, habe die Personalkosten verringert und das Programmangebot gestrafft, was sich unter anderem in der Anzahl der Einzelausstellungen niederschlage. „Wir sind dabei, uns für ein breiteres Publikum zu öffnen“, sagt Ballmaier und führt als Beispiele für so genannte „Event-Ausstellungen“ die sehr erfolgreichen Schauen mit Werken von Armin Mueller-Stahl in 2008, von Salvadore Dali in 2009 (gemeinsam mit der Städtischen galerie ada Meiningen und dem Schloss Elisabethenburg Meiningen) sowie „Pferde – Kunst von der Antike bis zur Neuzeit“ an, die bis zum 10. Oktober 2010 zu bewundern ist. Letztgenannte Ausstellung sei mit ihren über 300 Exponaten „zu dieser Thematik von ihrer Größe und ihrem Umfang her einmalig“.
Weitere Möglichkeiten, die Begegnung mit Kunst und Künstlern zu fördern, sind zum einen die Artothek (Kunst zum Ausleihen) und zum anderen die Malschule. Dank der Artothek haben Interessierte Gelegenheit, sich in ihrem häuslichen Umfeld mit Malereien, Grafiken oder Skulpturen zu umgeben, wobei die Mehrzahl der Arbeiten Teil der „Sammlung Kunststation Kleinsassen“ sind. Die Leihdauer beträgt ein Jahr, doch sowohl eine Verlängerung auf drei Jahre als auch ein Kauf des Werkes sind möglich. Für die Malschule, die auf einer vhs-Tradition mit Professor Jürgen Blum basiert, hat man das Ehepaar Veronika und Alexander Zyzik gewinnen können, das quasi „auf eigene Faust“ diese Veranstaltungsreihe durchzieht, während die Kunststation nur die Räume zur Verfügung stellt. Auch dies wäre laut Ballmaier ein Modell für die Zukunft.
Bliebe noch eine Neuauflage des „Rhönsalons“: Hier sieht Ballmaier die Möglichkeit, die Kunststation „noch stärker als in der Vergangenheit zu einem Mittelpunkt der Darstellung von Kunst in der Region“ zu machen. Er hoffe, dass sich ein Partner finden werde, der diesem Konzept aufgeschlossen gegenüber stehe. Präsentiert werden könne dann die ganze Vielfalt der professionell arbeitenden Künstler der Rhön, wobei die drei Bundesländer Hessen, Bayern und Thüringen eine Einheit bildeten. „Denn die Bedingungen könnten für Künstler kaum besser sein als hier.“