Fulda(tg) Tag für Tag warten immer mehr Fuldaer darauf, dass jemand an ihrer Haustür klingelt. Oft sind die Stimmen aus dem Fernsehen die einzigen, die sie seit Wochen hören. Die Helfer des Malteser Besuchs- und Begleitungsdienstes (BBD) holen diese Menschen aus ihrer Einsamkeit heraus – ehrenamtlich und unentgeltlich. Vor zehn Jahren gründeten sie daher den ersten Besuchs- und Begleitungsdienst in Deutschland. Inzwischen gibt es diese Dienste an 185 Standorten, darunter auch in Fulda. Und: “Die Nachfrage steigt stetig. Viele Senioren leben nicht nur allein, sie sind es auch”, sagt Doris Reinhardt, Leiterin des Besuchs- und Begleitungsdienstes in Fulda
“Wir erhalten sehr oft Anrufe von Fuldaern, die jemanden suchen, der mit ihnen spazieren geht, Karten spielt, sie beim Einkaufen begleitet, beim Besuch auf dem Friedhof oder einfach nur zuhört”, berichtet Doris Reinhardt. Ob in privater Wohnung, Altenheimen oder Seniorenresidenzen – überall erleben sie und ihre 45 Helfer Ähnliches: Einer bleibt alleine zurück, Beziehungen haben sich aufgelöst, auch die Beine wollen nicht mehr so recht. Die Seniorinnen und Senioren haben viel Zeit, aber niemanden, der sie mit ihnen teilt. “Hohe Scheidungsquoten, die Mobilität am Arbeitsplatz und der Zerfall von Familien trennen immer mehr junge pflegefähige Menschen von ihren bedürftigen Eltern und Verwandten”, weiß Reinhardt. Die Überalterung kommt hinzu, immer mehr Senioren leben in Singlehaushalten, die Hälfte aller Akademikerinnen in deutschen Städten hat keine Kinder. “Aber wer pflegt sie, wer besucht sie, wenn sie alt sind?”, fragt Doris Reinhardt.
Immer mehr Menschen engagieren sich in den Besuchs- und Begleitungsdiensten der Malteser. Im vergangenen Jahr haben sie allein in Fulda 2.920 ehrenamtliche Stunden geleistet. Damit jeder Wunsch nach einem Gespräch, nach kleinen Unternehmungen, nach persönlicher Zuwendung erfüllt werden kann, suchen die Malteser jedoch weitere ehrenamtliche Helfer. “Wir haben mehr Anfragen von Menschen, die besucht werden möchten, als Personen, die jemanden besuchen wollen”, so Reinhardt. “Dabei reicht schon eine Stunde in der Woche, um einem einsamen Menschen eine unbezahlbare Freude zu machen, und man wird selbst beschenkt.”
Hintergrund:
Die Idee für den Besuchs- und Begleitungsdienst kam aus der Hospizarbeit: Die Helferinnen und Helfer waren immer mehr mit der Begleitung alter, aber durchaus nicht kranker oder sterbender Menschen betraut und benötigten dringend Entlastung. So fasste die Bundesversammlung des Malteser Hilfsdienstes vor zehn Jahren in Erfurt den Gründungsbeschluss für die Besuchs- und Begleitungsdienste. Heute engagieren sich über 2.100 Ehrenamtliche an 185 Standorten für 7.000 ältere oder behinderte Menschen und schenken ihnen Zeit. Im Durchschnitt “nur” eine Stunde in der Woche. In der Summe bedeutete das 100.000 Stunden weniger Einsamkeit im vergangenen Jahr aus. Denn: Zusammen ist man weniger allein.