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Ein Jahr Auszeitklasse in Fulda mit nachweisbaren Erfolgen

Fulda. Schülerinnen und Schüler, die den Unterricht stetig stören, sich nicht an vereinbarte Regeln halten können, das Entstehen von Klassengemeinschaften gefährden – von Fachleuten also als “verhaltensauffällig” eingestuft werden –, brauchen Unterstützung, um sich in ihrer Klasse, der Schule und der Gesellschaft zurecht zu finden. In Fulda gibt es für diese Kinder seit dem 1. Dezember 2008 ein spezielles Förderangebot: die Auszeitklasse.

In dieser Einrichtung, die der Landkreis und die Stadt Fulda sowie das Staatliche Schulamt für den Landkreis Fulda gemeinsam auf den Weg gebracht haben, werden verhaltensauffällige Kinder für einen begrenzten Zeitraum ganz gezielt gefördert und von Fachkräften betreut. Das Ziel der Auszeitklasse ist klar definiert: Möglichst schnell sollen die Schülerinnen und Schüler wieder in ihrer jeweiligen Herkunftsschule unterrichtet werden können.

Zur Verwirklichung dieses Zieles stellen beide Schulträger (Jugendämter) und das Staatliche Schulamt paritätisch das notwendige Personal (sozialpädagogische Fachkräfte und Förderschullehrkräfte) zur Verfügung. Dies ist einmalig in Hessen.

Zwischen drei und vier Monate besuchen die Kinder der Jahrgangsstufen 1 bis 6 die Auszeitklasse. Die Einrichtung befindet unterhalb des Altenheims Sankt Lioba in Fulda. In der Regel können dort acht, in Ausnahmefällen zehn Schülerinnen und Schüler gleichzeitig dort aufgenommen werden. Eine ständige Doppelbesetzung von einer Förderschullehrkraft und einer sozialpädagogischen Fachkraft kümmern sich um die intensive Förderung der Kinder.

„In der Auszeitklasse können sich die Kinder selbst finden und einen Neuanfang machen“, betont Erster Kreisbeigeordneter Dr. Heiko Wingenfeld. Zum einen solle adäquates Verhalten aufgezeigt werden, zum anderen dürften sie aber auch den Anschluss an den Unterricht in der Regelschule nicht verlieren. „Emotionale und soziale Kompetenzen sollen gestärkt und die Kinder so befähigt werden, wieder erfolgreich am normalen Schulleben teilzunehmen“, ergänzt Bürgermeister Dr. Wolfgang Dippel.

In 2009 ist dies bei 15 der insgesamt 20 Schülerinnen und Schüler, die die Auszeitklasse besucht haben, gelungen. Als besonderen Erfolg wertet Erster Kreisbeigeordneter Dr. Wingenfeld, dass seit Bestehen der Auszeitklasse keine neuen Schülerzuweisungen aus dem Landkreis und der Stadt Fulda an die Schule für Erziehungshilfe nach Homberg/Efze mehr notwendig waren. Die dadurch eingesparten Fahrt- und sonstigen Kosten von bislang 130.000 Euro ließen sich sinnvoller für andere Projekte der Jugendhilfe einsetzen.

Bislang sind es überwiegend Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 4, die in der Auszeitklasse aufgenommen werden. Der Grund liegt auf der Hand: Je früher die Kinder gefördert werden, desto besser sind die Erfolgsaussichten. Aber auch Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Klasse, die eine Haupt-, Realschule oder ein Gymnasium im Landkreis und in der Stadt Fulda besuchen, kommen in die Auszeitklasse. Übrigens: 95 Prozent der Schüler sind Jungen.

„Auch nach der Auszeitklasse bekommt der überwiegende Teil der Kinder weitere Unterstützung in Form ambulanter Hilfen durch Förderschullehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte des Netzwerkes für Erziehungshilfe in ihren Herkunftsschulen und Familien“, teilt Diplom-Sozialarbeiterin Susanne Möller mit, die für die Jugendhilfe des Landkreises beim Netzwerk tätig ist. Die Jugendhilfe der Stadt vertritt Diplom-Sozialpädagoge Edwin Schütze. Schulkoordinator ist Förderschullehrer Tobias Jost.

Nach einem Jahr Auszeitklasse sind die Rückmeldungen von Lehrern, Eltern und Kindern durchweg positiv. „Wir befinden uns auf einem guten Weg und freuen uns über nachweisbare Erfolge“, stellen Dr. Wingenfeld, Dr. Dippel und Dr. von Rüden übereinstimmend fest. Für die Zukunft ist sogar eine Erweiterung der Auszeitklasse angedacht; denn mit dem Neubau der Rauschenbergschule in Petersberg wird eine wohnortnahe Schule für Erziehungshilfe entstehen, die das Auszeitklassenmodell fortführen.

Hintergrund:

Die Idee der Auszeitklasse geht auf das Netzwerk für Erziehungshilfe zurück, das im Jahr 2004 von der Jugendhilfe des Landkreises und der Stadt Fulda sowie dem Staatlichen Schulamt gegründet wurde. Die Auszeitklasse ist Teil dieses Netzwerks. Eine Anmeldung für die Auszeitklasse ist nicht möglich; nur die Schulen können förderbedürftige Kinder an das Netzwerk melden. Dort entscheidet eine Steuergruppe, welche Kinder in der Auszeitklasse aufgenommen werden. Voraussetzung für die Aufnahme ist die Zustimmung der Eltern.

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