Fulda. „Die Betreuungsstelle des Landkreises Fulda leistet eine sehr verantwortungsvolle und anspruchsvolle Arbeit, deren Bedeutung weiter wachsen wird.“ Dies hebt Erster Kreisbeigeordneter Dr. Heiko Wingenfeld hervor und erläutert, dass der Begriff „Betreuung“ die rechtliche Vertretung von Erwachsenen meint, die entscheidende Angelegenheiten ihres Lebens nicht mehr eigenverantwortlich regeln können. Das bedeute für die Betroffenen einen erheblichen Einschnitt, weshalb der Umgang mit dieser sensiblen Thematik von den damit Befassten viel Lebensklugheit, fundierte juristische Kenntnisse und Einfühlungsvermögen erfordere, so Wingenfeld. Er würdigt nicht nur das Team der Betreuungsstelle, das personell verstärkt worden sei, sondern dankt auch den Betreuungsvereinen im Landkreis Fulda und allen anderen Engagierten.
„Der gesellschaftliche Wandel wird dazu führen, dass künftig noch mehr Menschen solche Betreuer brauchen“, betont der Erste Kreisbeigeordnete. Dies hänge mit der wachsenden Zahl älterer Menschen ebenso zusammen wie mit einer zunehmenden Vereinsamung. Wingenfeld plädiert dafür, noch mehr ehrenamtliche Kräfte für die Betreuung zu motivieren und zu qualifizieren, „denn mit Hauptamtlichen allein wäre diese wichtige Aufgabe nicht zu bewältigen“. Das Gewinnen, Beraten und Unterstützen von Betreuern gehöre zu den Kerntätigkeiten der Betreuungsstelle, die Teil des Gesundheitsamtes ist.
Wie deren Leiterin Regina Jehn-Nitsche schildert, könnten erwachsene Menschen durch Alter, Krankheit, Behinderung oder Unfall in eine Situation, dass sie nicht mehr in der Lage seien, alle oder einen Teil ihrer Angelegenheiten selbstständig zu regeln. „Ende 2008 gab es hier im Landkreis, einschließlich des Fuldaer Stadtgebiets, 3.246 Betreute – mit weiter steigender Tendenz“, erläutert die Fachfrau und ergänzt: „Die größte Gruppe davon sind Senioren, allerdings wächst die Zahl gerade bei jungen Erwachsenen mit psychischen Krankheiten oder Suchterkrankungen.“ Insgesamt 80 Prozent der Betroffenen haben ehrenamtliche Betreuer: bei 65 Prozent ist es ein Familienangehöriger, bei 15 Prozent ein nicht verwandter Ehrenamtlicher, der einem Betreuungsverein zugeordnet ist und dort geschult wird. „Im Landkreis haben SkF, AWO und VdK jeweils einen Betreuungsverein“, betont Jehn-Nitsche. Die darin tätigen Vereinsbetreuer arbeiten ebenso hauptamtlich wie die freiberuflich aktiven Berufsbetreuer. Die beiden letztgenannten Gruppen kümmern sich im Kreis Fulda um 20 Prozent der Gesamtklientel. „Unser Team hat eine koordinierende Aufgabe bezogen auf alle, die im Betreuungswesen mitwirken. Die Zusammenarbeit im Netzwerk ist gut“, sagt die Leiterin der Betreuungsstelle, in der sich auch Manuela Gießel, Renate Herche und Dorothea Oswald engagieren.
Ein Betreuer ist beispielsweise gefordert, wenn ein alter Mensch auch mit Hilfe von außen nicht mehr in der Lage ist, zu Hause für sich selbst zu sorgen. „Dann geht es um die Suche nach einem geeigneten Heimplatz, das Klären der Finanzierung, um Wohnungskündigung, Umzug und Haushaltsauflösung“, erklärt Jehn-Nitsche. Wenn sehr viel Organisatorisches anliege, werde oft ein hauptamtlicher Betreuer bestellt, den später – nach solch großen Veränderungen – ein ehrenamtlicher ablöse: „Das geschieht aus Kostengründen und deshalb, weil ehrenamtlich Tätige in der Regel den persönlichen Kontakt zu den Betreffenden mehr halten können, zumal jeder von ihnen viel weniger Betreute hat als ein Hauptamtlicher.“ Allerdings beinhalte diese Betreuungsart keine soziale Begleitung oder Hilfe im Haushalt, sondern die rechtliche Wahrnehmung von Interessen.
Die Expertin macht deutlich, dass die Betreuungen gesetzlich klar geregelt seien und in jedem Einzelfall gerichtlich angeordnet würden: „Schließlich handelt es sich um einen Eingriff in das persönliche Selbstbestimmungsrecht.“ Deshalb sei die Betreuung die „ultima ratio“, das letzte Mittel. Zuerst werde versucht, den Betreffenden durch Beratung und unterstützende Maßnahmen zu helfen. „Außerdem gibt es keine Betreuung gegen den freien Willen der Betroffenen, sofern sie zur Willensäußerung in der Lage sind“, erläutert Jehn-Nitsche. Die Betreuungsstelle ist nicht zuletzt „ermittelnde Behörde“ im Auftrag der Betreuungsgerichte (Amtsgerichte Fulda und Hünfeld), wobei es um die konkrete Lebenssituation von Menschen geht, die möglicherweise ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. „Dies bedeutet Hausbesuch und Gespräch mit dem Betreffenden sowie in der Regel Nachfragen in dessen Umfeld“, sagt Jehn-Nitsche. Dass man dabei nicht immer gern gesehen sei, verwundere angesichts der Ängste mancher Besuchten nicht. Mit dieser Arbeit helfe die Betreuungsstelle dem Gericht bei seiner Entscheidungsfindung, zu der auch ein medizinisches Gutachten und eine Anhörung des Betroffenen beitrügen: „Wenn nötig, schlagen wir dann einen Betreuer vor, wobei es sehr wichtig ist, den jeweils passenden zu finden.“