Fulda. Unter dem Titel „Treibsand Orange“ präsentiert der Verlag „Alpha Presse“ vom 8.11.2008 – 10.01.2009 in der Hochschul- und Landesbibliothek am Standort Heinrich-von-Bibra-Platz Beispiele seiner aktuellen Künstlerbuchproduktion. Die Ausstellung wird mit einer Matinee und einem Vortrag von Wol Müller „Das Künstlerbuch – ein literarischer Exot“ am 8.11.2008, 11 Uhr im Lesesaal, Heinrich-von-Bibra-Platz 12, eröffnet.
„Treibsand Orange“ ist eine Ausstellung, die Bücher präsentiert, die es nicht in Buchhandlungen gibt – Bücher, die so verschieden sind wie die Menschen selbst, extremer als andere Bücher, die Sinne des Betrachters aktivierend, oft sinnlicher, manchmal verschroben, verspielt, heiter oder zur Meditation anregend.
Das Konzept der Alpha Presse besteht darin, sich vom überkommenen Begriff des Künstlerbuches zu lösen. Wol Müller ist vor allem am Material selbst interessiert. Papier und Pappe werden geschöpft, in den verschiedensten Formen verarbeitet. Plastik, Kunstharz, PVC, Metall, Stein werden in die Objekte gleichberechtigt einbezogen.
Künstlerbücher orientieren sich in ihrer Form an gebundenen Büchern und erfüllen häufig auch deren traditionelle Funktion, als Text-Bild-Komposition rücken sie jedoch bereits in den Bereich von (Kunst)-Konzepten. Sowohl alte handwerkliche als auch neue maschinelle und elektronische graphische Verfahren werden am Künstlerbuch erprobt; das Interesse der Künstler richtet sich dabei auf Typographie und die Anordnung des Bildmaterials bzw. die Kombination von Wort und Bild. Künstlerbücher können wertvolle Luxusausgaben mit Originalgraphik, Multiples oder unlimitierte Auflagen auf fotokopiertem Papier sein.
Das Künstlerbuch gibt es seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert als eines der vielen Ausdrucksmittel der Avantgarden der Moderne. Dichter und Typographen, Visionäre und Philosophen begannen an neuen Formen des Lesens zu experimentieren. Die typografischen Arbeiten von Filippo Tommaso Marinetti oder Kurt Schwitters einerseits, Jean Dubuffet und Henri Matisse andererseits sind Grund- und Meilensteine dieser Kunst.
Frankreichs große Meister der Malerei schufen die ersten großen Künstlerbücher in der Sprache der Maler wie „Jazz“ von Matisse (gedruckt) oder das Unikat-Buch (gemalt), beide zunächst angelehnt an die Tradition der illustrierten Bücher und später als „livres d’artistes“ bezeichnet.
Ein völlig anderer Typ von Künstlerbüchern sind die als „artists’ books“ bezeichneten Werke, die ihre Impulse nach dem Krieg meist aus Amerika und England erhielten. Pop, Actionkunst, Arte povera – vor allem aber die Konzeptkunst gab dem Künstlerbuch einen Schub und sicherte ihm mit „konkreter Poesie“ und linguistischen Experimenten einen Platz in der Kunstgeschichte.